Russia Calling!

Putins Rede zur russischen Wirtschaft bei der internationalen Investorenkonferenz im O-Ton

Am Ende jeden Jahres findet in Moskau die große Investorenkonferenz "Russia Calling!" statt, bei der sich die Spitzen der internationalen Wirtschaft treffen. Präsident Putin hält dort jedes Jahr eine Rede und stellt sich danach stundenlang den Fragen der internationalen Experten.

Die internationale Investorenkonferenz „Russia Calling!“ in Moskau ist ein wichtiger Termin im Kalender der internationalen Wirtschaft, zu dem sich jedes Jahr die Spitzen aus der internationalen Wirtschaft treffen. In den letzten Jahren bleibt die Wirtschaft des Westen natürlich außen vor, aber der Rest der Welt ist dort versammelt.

Ich übersetze jedes Jahr die Grundsatzrede zur Lage der russischen Wirtschaft, die Präsident Putin dort hält. Nach der Rede stellt er sich stundenlang den Fragen der internationalen Experten. In den nächsten Tagen werde ich sicherlich die eine oder andere Frage und Putins Antwort übersetzen, zumal im russischen Internet schon jetzt, während die Diskussionsrunde noch läuft, bereits ein Teil davon viral geht, in dem Putin mit einem deutschen Teilnehmer (ja, einige sind trotz allem gekommen) kurz auf Deutsch über Deutschlands Souveränität spricht.

Hier übersetze ich Putins Grundsatzrede, auch wenn sie wahrscheinlich nur für den in Wirtschaftsfragen versierten Teil der Leserschaft wirklich interessant ist.

Beginn der Übersetzung:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, guten Tag!

Ich freue mich, die Leiter führender in- und ausländischer Unternehmen, Investoren und Experten in Moskau begrüßen zu dürfen. Das Forum Russia Calling hat erneut Vertreter von Wirtschaftskreisen aus Dutzenden von Ländern zusammengebracht, um neue Kontakte zu knüpfen, vielversprechende Projekte zu skizzieren und natürlich, um die wichtigsten Trends sowohl auf den globalen Märkten als auch in der russischen Wirtschaft zu diskutieren.

Lassen Sie mich zunächst eine Bestandsaufnahme der Lage hier in Russland machen.

Sie wissen, dass unsere Unternehmer, Unternehmen und ganze Branchen im Jahr 2022 auf große Herausforderungen gestoßen sind. Das liegt an den Handlungen einiger, sagen wir es vorsichtig, einiger Länder, genauer gesagt, ihrer führenden Eliten. Diese Länder haben sich als unzuverlässige Partner erwiesen. Viele Produktions- und Logistikketten und Kooperationsbeziehungen, die über Jahrzehnte aufgebaut worden waren, wurden angegriffen und sogar zerstört.

Wir hören in politischen, militärischen und wirtschaftlichen Kreisen oft, dass diese Länder den Auftrag hatten, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, auch im wirtschaftlichen und technologischen Bereich, die Industrie, das Finanzwesen und die Dienstleistungen unseres Landes radikal zu schwächen, ein unüberwindbares Defizit an Waren auf unserem Markt zu schaffen, den Arbeitsmarkt zu destabilisieren und den Lebensstandard unserer Bürger zu senken. Es ist offensichtlich, dass diese Pläne krachend gescheitert sind. Nach einer schwierigen Zeit hat sich die russische Wirtschaft nicht nur vollständig erholt, sondern macht auch qualitative strukturelle Veränderungen durch, was äußerst wichtig und vielleicht das wichtigste Ergebnis unserer Arbeit im wirtschaftlichen Bereich in den letzten zwei oder drei Jahren ist.

Russlands Technologie-, Produktions- und Logistikpotenzial entwickelt sich. Die Beziehungen zu vielversprechenden Partnern werden gestärkt.

Im vergangenen Jahr wuchs das russische Bruttoinlandsprodukt bekanntlich um 3,6 Prozent, und von Januar bis Oktober dieses Jahres stieg es um 4,1 Prozent. Und das Wachstum konzentriert sich hauptsächlich auf das verarbeitende Gewerbe, auf Sektoren mit hoher Wertschöpfung. So hat unsere verarbeitende Industrie in den zehn Monaten mehr als acht Prozent, genauer gesagt 8,1 Prozent, zugelegt. Überdurchschnittliche Wachstumsraten weisen unter anderem die Automobil- und Maschinenbauindustrie auf. Auch der Zustrom von Fachkräften in den High-Tech-Sektor mit hoher Wertschöpfung und qualifizierten Arbeitsplätzen nimmt zu. Im September stieg die Zahl der Beschäftigten in der IT-Branche im Vergleich zum Vorjahr um 8,1 Prozent, im Verarbeitenden Gewerbe um fast vier Prozent, um 3,9 Prozent.

Strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt zeigen sich im Rückgang der Arbeitslosigkeit in den Regionen, in denen sie traditionell hoch war, sowie in einer Zunahme der Beschäftigung bei jungen Menschen unter 25 Jahren. Aber wir wissen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern der Welt ein Problem ist. Auch wir haben dieses Problem, oder genauer gesagt, wir hatten es. Hier liegt die Arbeitslosenquote unter neun Prozent, obwohl sie zu gewissen Zeiten und sogar in jüngster Zeit in einigen Regionen des Landes bei 20 bis 25 Prozent lag. Insgesamt hat Russland eine rekordverdächtig niedrige Arbeitslosenquote von nur 2,3 Prozent. Im Vergleich zu den meisten führenden Volkswirtschaften und Entwicklungsländern der Welt ist diese Zahl minimal.

In vielen europäischen Ländern liegt sie bei sieben Prozent und mehr, während sie in unserem Land, ich wiederhole, bei knapp über zwei Prozent liegt. Zum Vergleich: Italien hat 7,6 Prozent, Frankreich 7,3 Prozent, Kanada 5,4 Prozent, Griechenland 11 Prozent, Brasilien 8 Prozent und Schweden 7,6 Prozent.

Das Wirtschaftswachstum wirkt sich positiv auf den Haushalt aus. Von Januar bis Oktober dieses Jahres betrug der Überschuss des konsolidierten Haushalts und der außerbudgetären Mittel des Landes etwa 2,5 Billionen Rubel, während die Ausgaben – das möchte ich betonen, ich denke, dass die Menschen in diesem Raum verstehen, wovon ich spreche – die Ausgaben beliefen sich auf weniger als 35 Prozent des BIP, was dem Niveau von 2021 entspricht. Das deutet darauf hin, dass die Regierung und die Zentralbank eine sehr ausgewogene Politik verfolgen. Das heißt, unter Berücksichtigung der objektiv gestiegenen Ausgaben für einzelne Posten erhöhen wir insgesamt nicht die Staatsausgaben, sondern arbeiten daran, ihre Effizienz zu steigern und einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Haushalt umzusetzen.

Unsere Aufgabe ist es, auf dem Weg eines langfristig nachhaltigen Wirtschaftswachstums Fuß zu fassen und durch Modernisierung der Produktion und Steigerung der Arbeitsproduktivität eine qualitativ hochwertige Investitionsdynamik im Realsektor sicherzustellen. Das ist natürlich die generelle Linie unserer Entwicklung.

Gleichzeitig ist es natürlich wichtig, Verzerrungen wichtiger makroökonomischer Parameter und Ungleichgewichte in einzelnen Sektoren zu vermeiden, wozu natürlich auch die Notwendigkeit gehört, die Inflation einzudämmen. Im Moment liegt sie, wie Sie sicher wissen, auf einem recht hohen Niveau, auch im Vergleich zu den Ländern, die ich bereits erwähnt habe. Bei uns sind es 8,8 Prozent jährlich. Um hier positive Ergebnisse zu erzielen, sind koordinierte, gemeinsame Maßnahmen der Regierung und der Zentralbank erforderlich. Ich betone, dass dies kein Aufruf, kein Wunsch ist, sondern meiner Meinung nach eine direkte Anleitung zum Handeln. Ja, das verstehen die Kollegen von der Zentralbank und der Regierung auch sehr gut und es findet eine Koordinierung statt.

Alle Instrumente der Wirtschaftspolitik im Kampf gegen die Inflation müssen richtig und mit Bedacht eingesetzt werden und gleichzeitig müssen strukturelle Exzesse vermieden werden, einschließlich der Risiken einer Vergrößerung der Einkommenslücke der Bürger und einer Verringerung der Basiseinnahmen der russischen Regionen.

Ich habe bereits gesagt: Die wichtigste Reaktion auf die Herausforderung der Inflation ist natürlich, das Angebot an Waren und Dienstleistungen auf dem Markt zu erhöhen, damit ihr Volumen der Inlandsnachfrage sowohl der Bürger als auch der Unternehmen entspricht, die eine Modernisierung und Erweiterung ihrer Produktionskapazitäten planen, die in den Bau, in den Kauf von Ausrüstung und in Entwicklungsprojekte investieren.

In diesem Zusammenhang fordere ich die Regierung auf, den Unterstützungsmaßnahmen für die Industrie aus dem Bundeshaushalt eine klare Priorität zu geben, den Regulierungsrahmen nachzubessern und übermäßige administrative Hürden für die Wirtschaft abzubauen.

Alle diese Mechanismen müssen in erster Linie darauf abzielen, die Produktion zu steigern, Produktionsstätten zu eröffnen und die technologische Souveränität Russlands zu stärken. Ja, wir müssen berücksichtigen, dass wir unter objektiven Bedingungen der Eindämmung der Inflation agieren, strenge Ansätze in der Haushaltspolitik verfolgen und die Kreditpolitik entsprechend anpassen müssen.

Ich weise auch darauf hin, dass das Privatkundenkreditportfolio seit August praktisch aufgehört hat zu wachsen. Im Unternehmenskreditbereich setzt sich das Wachstum fort. Ich denke, dass es hier vor diesem Publikum nicht nötig ist zu erklären, dass das zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt das Ergebnis ist, das wir anstreben, auch was die Eindämmung der Inflation betrifft. Die Unternehmenskredite nehmen immer noch zu, was bedeutet, dass die Investitionspläne der Unternehmen umgesetzt werden, aber im Segment der Privatkredite ist natürlich ein gewisser Rückgang zu verzeichnen. Das war ja auch das Ziel der Finanz- und Wirtschaftsbehörden.

Ich bitte meine Kollegen natürlich, die gesamte Dynamik zu beobachten, starke Schwankungen und Kürzungen im Kreditportfolio des Bankensystems zu vermeiden und auch seine Struktur zu sichern, das heißt die Zeitrahmen der Branchen, die Kredite anziehen, damit strategische Probleme gelöst und die nationalen Entwicklungsziele erreicht werden können.

Es ist auch wichtig, auf die Schuldenlast von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung zu achten; darüber haben meine Kollegen und ich in letzter Zeit immer wieder gesprochen. Diese Belastung hat in letzter Zeit spürbar zugenommen. Natürlich müssen wir hier die groß angelegten Investitionsprogramme staatlicher Unternehmen sowie die gesellschaftlichen Funktionen, die sie erfüllen, berücksichtigen. Ich werde hier nicht ins Detail gehen; meine russischen Kollegen verstehen sehr gut, wovon ich jetzt spreche.

Ich habe die Regierung bereits angewiesen, gemeinsam mit der Zentrakbank eine Entscheidung über die Verwaltung des Kreditportfolios von Unternehmen mit staatlicher Beteiligung zu treffen, um eine übermäßige Schuldenlast und ein Ungleichgewicht auf dem Kreditmarkt für Unternehmen insgesamt zum Nachteil anderer Branchen oder Unternehmen und Betriebe zu vermeiden.

Ich erinnere daran, dass für viele kleine und mittlere Unternehmen, die eine immer wichtigere Rolle in der Wirtschaft spielen, die Verfügbarkeit von Krediten und Fremdmitteln ein wichtiger Faktor für die Investitionstätigkeit ist. Wir haben uns hier ein konkretes Ziel gesetzt: Bis 2030 sollen die Investitionen real um 60 Prozent über dem Niveau von 2020 liegen.

Unter Berücksichtigung aller Schwierigkeiten sind die Anlageinvestitionen der russischen Wirtschaft das dritte Jahr in Folge gestiegen, trotz aller Probleme, die bei uns entstanden sind oder die man uns von außen zu schaffen versucht.

Ich werde Ihnen einige Zahlen nennen. Im Jahr 2022 betrug das Investitionswachstum 6,7 Prozent, im Jahr 2023 waren es 9,8 Prozent, und für die ersten neun Monate dieses Jahres beträgt es 8,6 Prozent.

Um die Bemühungen der Wirtschaft zu unterstützen, in die Entwicklung zu investieren, die Kapazitäten zu erweitern und Arbeitsplätze zu schaffen, werden wir sicherlich weiterhin den Kapitalmarkt stärken und den Börsengang von Unternehmen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll sich die Kapitalisierung des russischen Aktienmarktes etwa verdoppeln und zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts ausmachen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass in Russland allein in diesem Jahr 19 primäre und sekundäre Aktienemissionen stattgefunden haben und dass die Emittenten 102 Milliarden Rubel einnehmen konnten.

Das Ergebnis ist recht zufriedenstellend, es ist gut, aber im Vergleich zur Größe des Landes ist es gering. Ich wiederhole: Der russische Kapitalmarkt muss eine aktivere Rolle bei der Finanzierung von Entwicklungsprojekten und strukturellen Veränderungen in unserer Wirtschaft spielen.

Die Regierung muss gemeinsam mit der Zentralbank ein Paket zusätzlicher Anreize für die Emittenten von Aktien ausarbeiten, um den Eintritt in den Aktienmarkt für sie lohnenswerter und interessanter zu machen. Dabei sollte die Nachfrage nach Wertpapieren durch die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Anlegerrechte und der notwendigen Informationstransparenz der Unternehmen gesteigert werden.

In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass wir bereits diesbezügliche Anweisungen erteilt haben und dass wir unsere Arbeit in diesen Bereichen intensivieren und verstärken müssen.

Liebe Kollegen, worauf möchte ich noch hinweisen? Heute gehen vor allem kleine Unternehmen an die Börse, während viele große Organisationen, die in ihren Branchen führend sind, noch nicht an der Börse sind. Das bedeutet, dass die Maßnahmen zur Unterstützung von Emittenten sowohl die Bedürfnisse kleiner Unternehmen und vielversprechender Start-ups berücksichtigen als auch große Unternehmen zur Platzierung ihrer Aktien ermutigen sollten.

Zum Beispiel könnte man den Erhalt staatlicher Subventionen oder günstiger Kredite an einen Börsengang knüpfen. Das scheint mir durchaus fair zu sein. Natürlich laden wir auch Investoren aus befreundeten Ländern an unseren Aktienmarkt ein. Wie ich schon oft gesagt habe, ist Russland Teil der Weltwirtschaft, und wir begrüßen gegenseitige Kapitalströme.

Gleichzeitig setzen wir auf inländische Finanzierungsquellen, damit unsere Bürger und Kleinanleger die Möglichkeit haben, ihre Gelder im Lande zu investieren und Geld zu verdienen. Solche Investitionen und ihre Rentabilität wären nicht weniger attraktiv als die Eröffnung von Bankeinlagen. Nach Schätzungen von Experten sind heute über 32 Millionen russische Bürger daran interessiert, Wertpapiere zu kaufen. Das Gesamtvolumen ihres Vermögens übersteigt neun Billionen Rubel.

In den letzten Jahren wurden wichtige Entscheidungen getroffen, um den Zufluss sogenannter langfristiger Gelder in den Markt sicherzustellen und das Angebot an relevanten Instrumenten zu erweitern. Daher wurde in diesem Jahr das Programm zur Unterstützung des freiwilligen langfristigen Sparens der Bürger ins Leben gerufen. Die Einlagen sind versichert und werden vom Staat mitfinanziert, und man kann die eingezahlten Mittel steuerlich absetzen. Bis zum 22. November nahmen über 2,1 Millionen Anleger am langfristigen Sparprogramm teil und es wurden 145 Milliarden Rubel eingesammelt.

Ich erinnere daran, dass hier ein ehrgeizigeres Ziel gesetzt wurde: Im Jahr 2026 soll die Höhe der im Rahmen des Programms gesammelten Mittel ein Prozent des BIP übersteigen, also mindestens 2,3 Billionen Rubel betragen, und in Zukunft sollten sie stetig wachsen.

Ich füge hinzu, dass für die Bürger zum Sparen von Geldern in diesem Jahr die sogenannten individuellen Anlagekonten der Dritten Art entstanden sind. Mit ihrer Hilfe können sie langfristig investieren, Transaktionen an der Börse tätigen und gleichzeitig Steuervorteile erhalten.

Ich schlage vor, die Funktionalität dieses Instruments zu ergänzen, damit der Anleger ein Konto für die Gutschrift von Dividenden auf Aktien wählen kann, die auf einzelnen Anlagekonten erfasst sind, das heißt, er kann die erhaltenen Erträge nach eigenem Ermessen und, was wichtig ist, jederzeit verwenden. Natürlich wird dieses Regulierungsinstrument das Interesse potenzieller Investoren an dieser Zusammenarbeit mit dem Staat erhöhen.

Ich weise auch darauf hin, dass ab dem 1. Januar 2025 eine gemeinsame Lebensversicherung für Bürger eingeführt wird. Im Grunde vereint dies das Prinzip der klassischen Versicherung mit Kapitalanlagen, wobei dem ein Bürger in Vermögenswerte, in Aktien, investiert, daraus Erträge erhält und gleichzeitig sein Leben und seine Gesundheit versichert. Wie vereinbart müssen wir die Rückzahlung dieser Gelder garantieren und für Versicherung in Höhe von 2,8 Millionen Rubel durch den Staat sorgen. (Anm. d. Übers.: Aufgrund der früher sehr hohen Inflation in Russland, gab es in Russland lange kaum langfristige Geldanlagen. Erst in den letzten Jahren ist dank der gesunkenen Inflation ein Interesse daran entstanden. Daher entstehen in Russland nun die Rechtsgrundlagen für langfristige Finanzprodukte wie kapitalgedeckte Lebensversicherungen, die es in Russland bisher nicht gab.)

Darüber hinaus müssen steuerliche Anreize angeboten werden, vor allem steuerliche Abzüge auf eingezahlte Beträge. Ich bitte darum, dass die entsprechenden Gesetze schnellstmöglich vorbereitet und verabschiedet werden.

Ich möchte hinzufügen, dass es einen Vorschlag zur Schaffung eines Finanzmechanismus gibt, der zu einem echten Familiensparinstrument wird und allen berufstätigen Familienmitgliedern einen Steuerabzug ermöglicht. Dementsprechend sollte sich der Betrag der von diesem Abzug betroffenen Mittel auf mindestens eine Million Rubel pro Jahr erhöhen. Ich bitte die Regierung, gemeinsam mit der Zentralbank die Parameter dieses Mechanismus zur Unterstützung von Familien festzulegen und diese Entscheidungen umzusetzen.

Verehrte Kollegen!

Das russische Bankensystem und der Aktienmarkt entwickeln sich auf der Grundlage moderner Technologien dynamisch. Ungefähr drei Viertel unserer erwachsenen Bürger nutzen Mobiltelefone und das Internet, um Geld von Bankkonten zu überweisen und verschiedene Finanzdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Mehr als 80 Prozent der Zahlungen für Waren und Dienstleistungen in unserer Wirtschaft werden bargeldlos abgewickelt. (Anm. d. Übers.: Onlinebanking ist in Russland unglaublich sicher, komfortabel und schnell. Man muss in der Bank-App nur die Telefonnummer von jemandem eingeben und kann sofort Geld überweisen, das innerhalb einer Sekunde auf dem Konto des anderen ist. Das ist besonders praktisch, wenn man beispielsweise sein Portemonnaie vergessen hat, denn man kann an der Kasse einfach irgendwem per Handy das Geld überweisen, der dann damit für einen bezahlt. Und das funktioniert rund um die Uhr, auch am Wochenende. Die Bank-App erinnert einen auch daran, wenn beispielsweise die Stromrechnung fällig wird. Man kann überall durch das Scannen von CR-Codes bezahlen, und so weiter.)

Gleichzeitig führt die Zentralbank schrittweise den digitalen Rubel ein. Im Rahmen des Pilotprojekts wurde die Auffüllung von Mitteln und die Überweisung digitaler Rubel zwischen natürlichen und juristischen Personen erarbeitet. Das Projekt umfasst bereits über 9.0000 Bürger und 1.200 Unternehmen, und ihre Zahl wächst weiter. Wie vereinbart sollen ab dem nächsten Jahr Zahlungen mit dem digitalen Rubel im Bundeshaushalt zum Einsatz kommen und ab dem 1. Juli 2025 soll diese Möglichkeit landesweit zur Verfügung stehen.

Hier möchte ich ein paar Worte zur Verwendung des Rubels im internationalen Zahlungsverkehr sagen. Wir schaffen weiterhin eine Infrastruktur, die diese Operationen für Unternehmen komfortabler machen und die Kosten senken soll. Insbesondere ist geplant, eine experimentelle Rechtsordnung einzuführen, damit Banken Methoden zur Fernidentifizierung von Kunden testen können, natürlich ohne Risiken im Hinblick auf die Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung.

Außerdem werden wir bei der steuerlichen Registrierung von Nicht-Residenten einen flexiblen Ansatz verfolgen, ähnlich dem, wie unsere Banken bereits bei der Kontoeröffnung für solche Unternehmen arbeiten. Ich bitte die Regierung, die Vorbereitung der entsprechenden Dokumente zu beschleunigen, und die Staatsduma, ihre Annahme in naher Zukunft, in den kommenden Monaten, sicherzustellen.

Ich weise darauf hin, dass der Grad der Digitalisierung der Finanzdienstleistungen in Russland über dem weltweiten Niveau liegt, was das hohe technologische Niveau dieses Bereichs der heimischen Wirtschaft, seinen Fokus auf die Zukunft, die Fähigkeit, große Ziele zu setzen und zu flexibel zu arbeiten, bestätigt.

Experten zufolge ist einer der wichtigsten langfristigen Faktoren des globalen Wachstums die Implementierung einer nationalen digitalen Infrastruktur im Finanzsektor. In einigen Jurisdiktionen, zum Beispiel in den Ländern der EU, in Australien, in Singapur, werden nur einzelne Elemente dieser Infrastruktur entwickelt, aber hier in Russland sind alle ihre Elemente bereits gebildet und arbeiten erfolgreich. Und das ist nicht nur eine große Leistung unserer Entwickler und Spezialisten, sondern auch ein ernsthafter Wettbewerbsvorteil für die heimische Wirtschaft, ein starker Hebel für ihre Entwicklung in der modernen Welt.

Die führende Position Russlands im Bereich Finanztechnologien ermöglicht es uns, die Beziehungen zu ausländischen Partnern flexibel aufzubauen, Integrationsprojekte zu fördern und von der Kombination der wirtschaftlichen Potenziale unserer Länder zu profitieren. Ich meine auch die Arbeit an der Investitionsplattform, die wir derzeit mit unseren BRICS-Kollegen durchführen. Auf jeden Fall beginnen wir bald mit dieser Arbeit. Und im Großen und Ganzen waren sich alle Kollegen einig, dass dies für alle eine interessante, nützliche Arbeit ist und gute Perspektiven bietet. Sie soll ein bedeutendes Instrument zur Unterstützung unserer Volkswirtschaften und zur Bereitstellung finanzieller Mittel für die Länder des globalen Südens und Ostens werden.

Die rasante Entwicklung bei Informationstechnologien, die Russland demonstriert, und unsere fortschrittlichen Lösungen im Finanzsektor werden einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung dieser Plattform leisten, ein Faktor für ihren Erfolg sein – ich habe keinen Zweifel daran, dass er erreicht wird –, der für die Entwicklung der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit, zur Steigerung der gegenseitigen Investitionen und zum Aufbau neuer Produktionsketten unverzichtbar ist.

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang, ein paar Worte zum Investitionsklima in Russland zu sagen. Wie Sie wissen, ist die Weltbank in unserem Land nicht mehr präsent, was bedeutet, dass sie das inländische Geschäftsumfeld nicht beurteilen kann, aber andere objektive Strukturen können das tun. Das entsprechende intellektuelle Potenzial haben wir auf jeden Fall.

In diesem Jahr hat die Russische Agentur für strategische Initiativen das Geschäftsklima in unserem Land bewertet und die erzielten Ergebnisse mit denen anderer Länder verglichen. Außerdem nutzte die Agentur bei ihrem neuen Rating den gleichen Ansatz wie die Weltbank. Berücksichtigt wurden über 800 Kriterien: von der Unternehmensgründung bis zur Lösung von Problemen bei Zahlungsunfähigkeit.

Die Studie zeigte, dass Russland beim Investitionsklima weltweit zu den Spitzenreitern gehört. Dabei hat Russland beim Niveau des Regulierungsrahmens und der Qualität der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen sicher alle Länder überholt. Bei Parametern wie Gewerbeanmeldung und Immobilienverwaltung liegt es souverän auf dem zweiten Platz.

Natürlich erfordern einige Bereiche zusätzliche Anstrengungen – das sehen wir, wir verstehen das – zusätzliche Anstrengungen seitens der Regierung, der Regionen und der Geschäftswelt insgesamt, mit der die Regierung ständig in Kontakt steht. Ich meine die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen, die Vereinfachung des internationalen Handels, internationale Handelsregeln, den Anschluss an die technische Infrastruktur. In dieser Hinsicht wurde viel getan, aber es gibt noch viel zu tun. Auch einige andere Themen erfordern unsere besondere Aufmerksamkeit.

Ich bin sicher, dass meine Kollegen die Arbeit systematisch organisieren und im Kontakt mit der Wirtschaft in naher Zukunft erhebliche Fortschritte erzielen werden.

Liebe Freunde!

Russland vereint die Bemühungen von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, die wirtschaftliche Souveränität zu stärken, die technologische Führung unseres Landes zu erreichen, ein stabiles, national orientiertes Bankensystem und einen starken Finanzmarkt zu entwickeln. Und natürlich laden wir ausländische Partner aus allen Ländern, die daran interessiert sind und an dieser Zusammenarbeit interessiert sind, zu dieser Arbeit ein. Natürlich werden diese Bestrebungen auf allen Regierungsebenen der Russischen Föderation unterstützt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

12 Antworten

  1. nur halb OT:
    „Derussifizierung“ von Nordstream durch russischen Investor
    Die „Derussifizierung“ von Nordstream ist ein Trump-Projekt:
    Pipelines kaufen/ersteigern (für relativ wenig Geld), instandsetzen, dann unter neuem US Eigentümer ist das ohne Sanktionen, wenn zudem das Öl noch von einem Dritten eingekauft wird.
    Ergebnis: dicker Gewinn und Gas wieder für Europa ohne offiziell Russland zu beteiligen.
    Schlau, typisch Trump-Lösung

    1. Wo ist denn da das Problem ? Von wem soll da das Gas kommen ? Etwa von Gasprom ?
      Ja aber dann sollte er es so teuer bekommen das niemand in Europa das Gas möchte……………..
      Diesem Amerikanischen Investor sollte die Pipeline wie ein Stein im Magen liegen.

    2. Die Nordstream 2 AG gehört Gazprom und hat eine intakte Leitung, die nicht benutzt werden kann wegen der deutschen Gesetze gegen Nichtarier. Wenn Gazprom nun die Leitung an den Trump-Mann verkauft, kann der sie benutzen, da er nicht unter die Ariergesetze fällt.

      „Donald Trump mit wirren Worten – und guter Nachricht für Putin
      Zweifel an Geisteszustand
      Trump gibt erneut wirre Antwort – und will Russland-Sanktionen aufheben“

      — Kölner Stadt-Anzeiger, 06.09.2024
      https://www.ksta.de/politik/donald-trump-mit-wirren-worten-und-guter-nachricht-fuer-putin-858187

      Für Rußland werden die USA mit Trump vermutlich den Status eines „unfreundlichen Landes“ verlieren. Damit hat Gazprom einen neutralen Dritten zwischengeschaltet, der an beiden Enden keine Probleme hat.

      Gazprom wird das Risiko mit den faulen Kunden in der EU los, die Verträge erfüllen oder nicht, bezahlen oder nicht, und 300 Milliarden $ russischer Gelder, auch aus Gaseinnahmen, arisiert haben. Auch Gazprom Germania, Rosneft PCK Schwedt und Flüssiggastanker haben sie arisiert. Mit der EU müssen die Russen dann nur noch über die USA verkehren.

      Weiter hat Rußland gegen Deutschland eine Klage beim UNO-Gericht in Den Haag eingereicht, wegen Terrorismus, betreffend den Anschlag auf Nord Stream. Je nach Ausgang kann der US-Investor dann von den Deutschen Schadenersatz für die Sprengung der Leitung geltend machen.

  2. Soweit, so gut – doch – „digitales Geld“ ist NIE sicher, egal wo und egal bei wem… – und wenn der Krieg weiter reicht und/oder Strom nicht verfügbar ist – was dann?!? – …von Hackern und stattlichen Repressalien ganz zu schweigen…

    Ergo…..: Nur Bares ist Wahres!

  3. Die Kernaussagen in dieser Rede überzeugen mit Sicherheit den deutschen Finanzminister. Mich nicht. Lindner hätte eine ähnlich strukturierte Rede im BT halten können, wäre danach aber mit Sicherheit von Linken und den Gewerkschaften angegriffen worden. Mit Recht. Warum? Hier ein Versuch der Erklärung:
    Russland scheint noch am Anfang der absoluten kapitalistischen Ausrichtung zu stehen, denn der neue Begriff „Neoliberalismus“ wird langsam, sukzessive umgesetzt. Anders kann ich die Lobpreisungen für Investitionen an der Börse – einer Spielbank – nicht interpretieren. In Deutschland gab es Bereiche – vor der Niederlage des sozialistischen Staatenbundes – die der Profitmacherei noch nicht völlig überlassen wurden. Da wären, Gesundheit, Bildung, Verkehr, Post, Telekommunikation. Das waren Aufgaben des Staates. Damit musste sogar das Kapital einverstanden sein, denn die sozialen Errungenschaften in der DDR (z.B.) waren denen des Westens meilenweit voraus. Der Spruch – ich war PR und weiß wovon ich rede – bei Tarifverhandlungen sitzt immer die DDR mit am Tisch – war in Gewerkschaftskreisen legendär.
    Was will ich sagen: Es mag sein, dass Russland auf einem guten Weg ist ( vergleichbar mit der Jelzin Verbrecherära auf jeden Fall), aber z.B. Rentenzahlungen über Aktien abzusichern, dort zu investieren, ist der falsche Weg. Die USA sind das warnende Beispiel. Das ist FDP-Politik. Der Markt regelt alles. Nein, er regelt gewisse Dinge, man sollte ihn nicht ganz verbannen, aber die Dinge, die für den Großteil der Bürger wichtig sind – ich habe sie aufgeführt – darf niemals dem Markt überlassen werden. Das scheint jetzt aber in Russland, so verstehe ich diese Rede, auf die Schiene gesetzt zu werden. Das kann und wird nicht gut gehen. Ich hoffe, ich liege im Interesse Russlands falsch. Dummerweise kann ich Lenin nicht mehr um Rat bitten, denke aber auch er hätte Kritik anzumelden.

  4. Ja die Wirtschaft brummt. Wenn jeden Tag Kriegsgerät gebraucht wird. Muss Ersatz her. Beim Albert Sperr war auch Vollbeschäftigung.

    Jetzt bin ich wieder der Böse. Obwohl ich ausnahmsweise relativ nüchtern bin.

  5. Daß Russland sich entwickeln möchte, kann ich durchaus nachvollziehen. Allerdings verwundert mich schon der neoliberale Kurs, wie KOBA schon dargestellt hat.
    Außerdem frage ich mich, wie eine Inflation mit über 20% Zinsen eingedämmt werden soll. Bekannterweise ist die Zentralbank auch nicht staatlich, sondern „unabhängig“ und die Geschäftsführer sind in der USA ausgebildet. Ob all diese Gegebenheiten für die Volkswirtschaft auf längere Sicht von Vorteil sind?

    1. Rechnungswesen in einer Berufsschule für Bürogehilfen im ersten Lehrjahr : Zinsaufwendungen sind betriebliche Kosten und erhöhen die Preise für die Waren und Dienstleistungen.
      Und gerade in Russland sehr saftig, laut russischen Topökonomen um den Professor Dr. Sergej Glasjew. Nicht umsonst werden die Zentralbankchefin Nabiullina zusammen mit Generalstabschef Gerasimov als die grössten – westlich orientierten – Verräterin bezeichnet; und das ganz offen.

  6. mal wir davon gesprochen wir brauchen Arbeitskräfte aus dem Ausland und dann wird hier von sinkender Arbeitslosigkeit gesprochen . dann wieder von Wirtschaftswachstum in der staatlichen Indusrie …..unsw .
    Schöne Rede .

  7. Ich schätze das Ganze ist wohl etwas schwieriger! Also ein Land im Kriegszustand. mit 1000ten verschiedenen Embargos, einer hohen Inflation dies alles ist kein gesunder Cocktail für eine Wirtschaft.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung

    Wie sieht es wirtschaftlich in den USA und Japan aus. Wenn es in den USA nicht mehr reicht um Polizei, Feuerwehr usw. zahlen zu können wird real mehr Geld gedruckt.
    In den USA bestimmen Börsen die Werte für Bodenschätze usw.. Die Rechnung in solchen Börsen geht immer zugunsten der USA auf!
    Ich weis nicht ob es in Russland auch eine Börse gibt für Milchprodukte.
    Der letzte Stand für Butter (Börse Leipzig) liegt bei 7725 der Preis fällt gerade minimal.
    Da war ja noch Nordstream Ich weis nicht ob ich Jemand trauen würde
    Der mir gerade eine Pipeline gesprengt hat, ja und für den der Verkauf reine Spekulation ist!
    Das heißt die USA verhängt wieder einmal ein Embargo kein Kauf von Erdgas mehr. Russland hat keine Möglichkeit die USA unter Druck zu setzen in dem Fall. Wenn die sagen Stopp dann war s das .
    Die USA haben selbst Erdgas.
    Ja Finnland und andere Staaten hatten ja regelrecht vor die Ostsee für Russland zu sperren, die Vorkommnisse z. Z. (irgendwelche Seekabel) könnten die Grundlage für solch ein Vorgehen sein.
    Beim Irak hat man mit Satellitendaten schon gespielt und sie als Kriegsgrund genutzt, wäre dies Heute anders?
    Man spielt im Moment massiv mit dem Feuer. Nach dem Motto wir können als Wersten alles tun. Uns kann Niemand etwas anhaben!
    Wenn der Dollar als Leitwährung und die USA als absoluter Weltpolizist seine Möglichkeiten verlieren würde, würde die USA halt wie immer reagieren. Mit Gewalt gegen die Schwächsten! Es gibt ja genügen Länder die bereits erpressbar sind ! („Kolonien“). Oder ist z.B. Deutschland frei in seinen Entscheidungen! Die Schweiz (Thema Steuern.).

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