Flugzeugabsturz

Die russische Luftabwehr hat anscheinend versehentlich ein Passagierflugzeug abgeschossen

Am 25. Dezember stürzte ein aserbaidschanisches Verkehrsflugzeug in Kasachstan ab. Nach allem, was bekannt ist, wurde es versehentlich von der Flugabwehr in Grosny getroffen, als diese einen massiven ukrainischen Drohnenangriff abwehrte.

Dass westliche Medien so zurückhaltend über den offensichtlichen Abschuss eines Verkehrsflugzeugs durch die russische Flugabwehr am 25. Dezember berichten, kann ich mir nur dadurch erklären, dass sie es schwierig finden, ihrem Publikum zu erklären, dass ein ukrainischer Drohnenangriff zu so einer Katastrophe geführt hat. Trotz aller anti-russischen Hetze in westlichen Medien scheint man Angst zu haben, dass der Vorfall das Kiewer Regime bei den Menschen im Westen Sympathiepunkte kosten könnte.

Dass der Flugzeugabsturz kein normales Unglück war, konnte man sofort ahnen, denn der aserbaidschanische Präsident brach einen gerade stattfindenden Russlandbesuch ab, um sofort nach dem Absturz nach Hause zu fliegen, während die ersten im Netz kursierenden Bilder der Wrackteile des Flugzeugs deutlich Löcher zeigten, wie sie typisch sind für Luftabwehrmunition mit Splittergefechtsköpfen.

Da das Flugzeug den Versuch, in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny zu landen, abbrechen musste und dort gerade Luftalarm wegen eines massiven ukrainischen Drohnenangriffs herrschte, war schnell klar, dass das Flugzeug wohl versehentlich von der Luftabwehr getroffen wurde.

Den Piloten gelang es noch, die beschädigte Maschine aus dem Gefahrengebiet herauszubringen und einen Flughafen im Nahen Kasachstan anzusteuern, doch bei dem Versuch einer Landung brach das Flugzeug auseinander.

Wie unangenehm der russischen Regierung der Vorfall ist, sieht man den zurückhaltenden Reaktionen. Der Kreml meldete beispielsweise, dass Präsident Putin den aserbaidschanischen Präsidenten Alijew am 28. Dezember wegen des Flugzeugunglücks angerufen und sich entschuldigt hat, aber weitere Details gab es nicht.

Jedem in Russland ist klar, dass es ein versehentlicher Abschuss war, aber das erwähnen die russischen Medien nur sehr ungern. Übrigens ist auch Aserbaidschan bei seinen Formulierungen vorsichtig und umschreibt die unangenehme Tatsache mit der Formulierung, das Flugzeug sei durch „physische Einwirkungen von außen“ beschädigt worden, was zur Bruchlandung geführt habe.

Offensichtlich sind beide Länder daran interessiert, dass der Vorfall die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht mehr belastet als unvermeidbar ist.

Hier übersetze ich, wie das russische Fernsehen in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick über den Absturz berichtet hat.

Beginn der Übersetzung:

Die Aktionen der Piloten in der Nähe von Aktau haben fast der Hälfte der Passagiere das Leben gerettet

Nach dem Flugzeugabsturz in Aktau, Kasachstan, werden die Ermittlungen fortgesetzt. In Grosny, wohin das Flugzeug der Fluglinie AZAL flog, arbeiten Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft Aserbaidschans mit ihren russischen Kollegen zusammen.

Es ist bereits bekannt, dass ukrainische Drohnen gezielt zivile Flüge gestört haben. Im Grunde ist das ein Terrorakt, wie der Bericht unseres Korrespondenten zeigt.

Ermittler und Luftfahrtexperten arbeiten weiterhin an der Absturzstelle in Aktau. Die Zusammensetzung der Gruppe, die alle Umstände des Absturzes des Passagierschiffs ermitteln muss, ist international. Die Gruppe besteht aus 17 Personen aus Kasachstan, Russland, Aserbaidschan und Brasilien. Sie haben bereits mit der Entschlüsselung der an der Absturzstelle gefundenen Flugschreiber begonnen. Es wurden ballistische und Sprengstoffuntersuchungen angeordnet. Jedes noch erhaltene Teil des Flugzeugs ist im Blickfeld der Forensiker.

Um herauszufinden, was am Himmel passiert ist, untersuchen Experten am Boden weiterhin die erhaltenen Fragmente des Verkehrsflugzeugs: den fast vollständig ausgebrannten vorderen Teil des Flugzeugs und das ein paar hundert Meter davon entfernt liegende, aber fast intakte Heckteil des Verkehrsflugzeugs. Dort befanden sich die meisten Überlebenden.

Insgesamt waren 62 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder an Bord. 29 Menschen wurden gerettet.

Die Überlebenden des Flugzeugabsturzes wurden in das Regionalkrankenhaus Mangistau in Aktau gebracht. Hier wurde umgehend die notwendige medizinische Hilfe organisiert. In ganz Kasachstan bildeten sich Warteschlangen derer, die Spender für die Opfer werden wollten. In zwei Tagen spendeten Kasachstaner mehr als 800 Liter Blut.

Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes, Ärzte und Retter, bekommen staatliche Auszeichnungen verliehen, gab der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew auf einer Regierungssondersitzung bekannt: „Wir konnten weitaus schwerwiegendere Folgen des Unfalls verhindern und viele Menschenleben retten. Die Öffentlichkeit wurde umgehend umfassend über den Vorfall informiert. Von den ersten Minuten an reichten unsere Bürger den Opfern ihre helfende Hand und zeigten ihre Solidarität und zeigten ehrliches Mitgefühl.“

Der kasachische Präsident wies die Regierungskommission und die Generalstaatsanwaltschaft des Landes an, eine umfassende und objektive Untersuchung sicherzustellen. Auch Russland und Aserbaidschan haben Strafverfahren wegen Verstoßes gegen Flugsicherheitsvorschriften eingeleitet. Gemeinsam mit Kollegen aus Russland führen Vertreter der aserbaidschanischen Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungsmaßnahmen am Flughafen Grosny durch.

Nach vorläufigen Angaben war das Flugzeug im russischen Luftraum äußeren physischen und technischen Einwirkungen ausgesetzt und verlor vollständig die Kontrolle.

Die Situation in der Nähe von Grosny war in den Stunden der Katastrophe schwierig, es herrschte dichter Nebel, außerdem wurde der zivile Flughafen an diesem Morgen von Drohnen der ukrainischen Streitkräfte angegriffen, die absichtlich zivile Flugzeuge störten, wie Dmitri Jadrow, der Chef der russischen Flugsicherheitsbehörde, erklärte: „Zu der Zeit starteten ukrainische Kampfdrohnen Terroranschläge auf die zivile Infrastruktur in den Städten Grosny und Wladikawkas. In diesem Zusammenhang wurde im Bereich des Flughafens Grosny das Regime ‚Teppich‘ ausgerufen, das für alle Flugzeige den sofortigen Abflug aus dem angegebenen Gebiet vorsah. Zudem herrschte im Bereich des Flughafens Grosny dichter Nebel. In einer Höhe von 500 Metern gab es keine Sicht. Der Flugzeugkommandant unternahm zwei Versuche, das Flugzeug in Grosny zu landen, die jedoch erfolglos blieben. Dem Kommandanten wurden andere Flughäfen angeboten. Er beschloss, zum Flughafen Aktau zu fliegen.“

Den letzten Bildern nach zu urteilen, verlor das Flugzeug in der Luft nicht an Geschwindigkeit und geriet nicht ins Trudeln. Dank der Bemühungen der Piloten stürzte das Flugzeug nicht ab, sondern legte eine harte Landung hin. Der Unterschied ist riesig.

Dank des selbstlosen Handelns des Kommandanten Igor Kschnjakin und des Co-Piloten Alexander Kaljaninow konnte die Hälfte der Passagiere gerettet werden.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

32 Antworten

  1. Mir stellt sich die einfache Frage, warum man in diesem Zusammenhang nichts von dem sonst so großmäuligen Kadyrow hört. Der Jet war auf dem Weg nach Grosny, Hauptstadt der ru. Teilrepublik Tschetschenien. Der Jet befand sich offensichtlich in Maßnahmen für den Landeanflug, also rein von der Höhe her für jede im Kampf befindliche Luftabwehr ob seiner Größe klar von Drohnen unschwer zu unterscheiden. Über Grosny hat der Jet „anscheinend“ seinen folgenschweren Treffer erhalten. Zudem wurde der Jet auch noch von der zuständigen Flugaufsicht im Grosny weitergeleitet übers Kasp. Meer. Was gibts da noch zu deuteln, „anscheinend“ zu rätseln ? Eine mit Verlaub unfähige Flugabwehr in Grosny sollte hier zur Verantwortung gezogen werden, also Kadyrow und nicht der ru. Präsident Putin.

    1. Hmm .. wo, über Grund, und womit das Flugzeug getroffen wurde – davon haben wir bis jetzt noch nichts Amtliches gehört/ gelesen.
      Wenn er da vertrauenswürdige Quellen hat … her damit. Anderfalls sollte er kompetenzfreies Gelaber unterlassen…

    2. Solange die Ukraine den Russischen Luftraum mit ihren Drohen-Attacken verpestet sollte die zivile Luftfahrt soweit wie möglich beschränkt werden.
      Anders werden sich solche Unglücke nicht ganz vermeiden lassen!
      Das Risiko eines Fehlers bei der Drohnenbekämpfung ist groß!

      1. Darüber nachzudenken, den Luftraum zu beschränken wäre sicherlich eine gute Option.
        Denn wo gehobelt wird, fallen nun mal Spähne.
        In Kriegszeiten sollte man es sich genau überlegen, ob es unbedingt notwendig ist, seine
        Verwandten zu besuchen oder lieber erst sein Leben zu schonen.

      2. @cui bono
        „Solange die Ukraine den Russischen Luftraum mit ihren Drohnen-Attacken verpestet sollte die zivile Luftfahrt soweit wie möglich beschränkt werden.“

        Ich würde doch mal sagen, das Drohnen ‚beider‘ Seiten dort den gesamten Luftraum „verpesten“. Über der UA IST der Luftraum gesperrt, warum nicht auch über RU ? Mittlerweile fliegen ukr. Drohnen bis nach Grosny oder womöglich noch weiter, ru. Shaheds fliegen aus ru. Hinterland kreuz und quer bis in die West-UA. Das ist doch wohl unstrittig. Richtig – Luftraum sperren oder die Verkehrsfliegerei so weit umleiten das sich solche „Versehen“ nicht wiederholen. Von MH17 werde ich hier nicht reden. Diese Katastrophe war ähnlich gelagert was die Luftsicherheit angeht, unabhängig davon WER diesen Jet abgeschossen hat. Die Ukraine gab vor „der Luftraum ab 10.000m wäre sicher“. Lächerlich…

    3. @LaRog

      Die EierlegendeWollmilchSau gibt es nirgendwo – auch nicht bei der Flugabwehr.
      Wenn es so war wie im Artikel beschrieben, dann war die Ursache immer noch der Drohnen ( Plural!)angriff auf Grosny.

      Was hätten Sie geschrieben wenn es ein Flugzeug der Aeroflot gewesen wäre? Denn es hätte in dem Moment jedes Zivilflugzeug treffen können & die Drohnen standen sicher nicht im Flugplan…..

      Ansonsten kann man nur feststellen, dass es nicht das 1. Zivilflugzeug ist, dass unbeabsichtigt abgeschossen wurde…… Hier scheint es zumindest so zu sein, dass Herr Putin um Entschuldigung bat….

    4. „… warum man in diesem Zusammenhang nichts von dem sonst so großmäuligen Kadyrow hört.“

      Kadyrow hat große Leistungen und hohes internationales Ansehen, und wenn Sie seine Art nicht mögen, ist das Ihre Sache. Ansonsten ist er Oberhaupt Tschetscheniens und führt die Kadyrowzy
      (141. motorisiertes Spezialregiment der Nationalgarde Rosgwardija). Die gewöhnlichen russischen Militärkräfte, die in Tschetschenien operieren, unterstehen ihm nicht.

      Kadyrow muß also wie alle anderen abwarten, bis die zuständigen Stellen aufgeklärt haben, was genau eigentlich passiert ist. Auch bei rein legitimem und sachgerechtem Vorgehen kann es in solchen Situationen zu folgenschweren Fehlschüssen kommen. Die Gefahr schnell und gründlich vom Himmel zu holen und dabei niemals die Falschen zu treffen ist schließlich ein Zielkonflikt.

  2. Aus meiner Sicht wurden dort mehrere Fehler gemacht. Zu allererst hätte man wegen der Drohnenangriffe den Flugplatz länger sperren müssen. Erst recht, wenn wegen schlechter Sicht und unterbrochenem Funk- und Radarkontakt keine eindeutige Indentitätsfeststellung möglich war. Zuletzt dürfte auch eine mangelnde Professonalität der beteiligten Kräfte ursächlich sein. Es bleibt zu hoffen, dass es wegen dieses Fehlverhaltens nicht zu schwerwiegenden Problemen mit Aserbaidschan kommt. Ein erster Schritt war sicher das Schuldeingeständnis von Putin.

        1. @Lennox

          Letztendlich bleibt es dabei, es sind alles nur Schreiberlinge, die weder in der Flugsicherheit arbeiten noch Vorort waren und die genauen Umstände in dem Moment kennen…. die tragen lediglich weiter was ihnen zugetragen wurde… Das ist sehr häufig wie ein „StillePostSpiel“….

  3. Es kommt zwar nicht häufig vor, da nur in wenigen Regionen scharf geschossen wird. Dort wo scharf geschossen wird, aber immer wieder.
    Luftabwehr ist halt keine so exakte Wissenschaft wie man immer verkauft, überall. Also bei allen Systemen.

    Aber gut, dass man hier mal keine allzu wilde Geschichte erfindet. Das ist geradezu mal erfrischend.

  4. Solange man sich mit einer faschistischen Nation im Krieg befindet, bleibt die Schließung des russischen Luftraums die einzige Option. Dann aber hätten die Nazis ihr Ziel erreicht, denn die Drohnenangriffe – gerade in den Linien der zivilen Luftfahrt über russischem Gebiet – werden nicht aufhören. Damit ist sogar nach einem Sieg der MSO zu rechnen. Die Luftabwehr als Schuldigen auszumachen, halte ich für nicht zielführend. Schuld an solchen Katastrophen sind für mich diejenigen, die die zivile Luftfahrt bei ihren Drohnenangriffen nicht außen vorlassen. Das ist für mich Terrorismus. Und der muss schleunigst beendet werden, und zwar durch eine zeitnahe militärische Niederlage dieser Verbrecher. Auch wenn danach noch terroristische Aktionen zu erwarten sind. Wäre dieses Flugzeug voll von einer Flugabwehrrakete getroffen worden, es hätte keine „harte“ Landung erfolgen können, sondern es wäre zum Absturz gekommen. Die Maschine wurde von einigen Schrapnellen (Teilen der Rakete) getroffen, die die Drohnen abgefangen haben.
    Mein Mitgefühl gilt den Angehörigen der zu Tode gekommenen.

  5. Wirklich eine schreckliche Sache. Es nützt nichts ganz tolle Angriffsraketen zu besitzen wenn man in der Verteidigung mehr ratet als weiß. Ja, es sind Menschen die Entscheidungen treffen, aber genau das macht mir Angst. Putin hat sich entschuldigt und damit ist die Schuldfrage geklärt. Alle weiteren Spekulationen darüber sind damit eigentlich überflüssig. Bei MH17 wurde da ein ganz andere Zirkus vom Westen veranstaltet um die Weste der Ukraine blütenweiß zu halten. Es bleibt zu hoffen das daraus die nötigen Schlussfolgerungen gezogen werden und solche Fehleinschätzungen die seltene Ausnahme bleiben.

  6. Was lernen wir daraus?

    Nun, mach am besten einen tausende Kilometer weiten Bogen um jene Länder und Gebiete, in oder mit denen Krieg herrscht, und setz Dich schon gar nicht in ein Flugmobil in deren Nähe! Selbst Züge oder Schiffe sind nicht sicher, am unwahrscheinlichsten ist es, in einem Auto getroffen zu werden, aber angesichts der Drohnentechnologie, die schon in „Terminator“ vorhergesehen wurde, ist auch hier die Wahrscheinlichkeit zunehmend, daß so ein Ding auf Dich und Dein Gefährt zugerast kommt – übrigens auch zu Land – und infolge eines „KI-Softwarefehlers“ Dich ganz unsanft anrempelt, so daß der Leichenbestatter oder bestenfalls der Notarzt kommen muß.

    Ein derart robotisierter Turbokapitalismus ist das Ende der Fahnenstange, da haben dann nur noch die Sarghersteller Hochkonjunktur! In der Ukraine sind in nur zwei Jahren bereits eine Million Menschen infolge des hochtechnologisierten Krieges, den der Kapitalismus zwansgläufig mit sich bringt, verwurstet wurden. Das dürfte dann auch innerhalb der nächsten 20, vielleicht 50 Jahre auf die meisten Teile der Welt übergeschwappt sein. Frohes Weihnachtsfressen!

  7. Festhalten muss man an dieser Stelle aber:

    * Baku nach Grozny sind 480km Luflinie
    * Grozny nach Aqtau 440km.

    Der nächstgelegene Flughafen von Grozny wäre aber Machatschkala in nur 170km Entfernung. Selbst Tiflis wäre nur max. 200km entfernt gewesen.

    Dass die Flugabwehr so schlecht sein sollte, dass es nicht einmal die grundlegenden Daten eines Flugkörpers erfassen kann, halte ich für recht unwahrscheinlich.

    D.h. das Flugzeug muss an sich schon recht weit im Vorgang im Sink- / Landeanflugs (bzw. des Startes) befunden haben. Dieser Prozess folgt aber recht strengen Regeln, wie zuvor bestimmten Anflugsvektoren, exaktem Höhenverlust und einer ständigen Funkkontrolle.

    Darüber hinaus traten die Beschädigungen beim Flugzeug vor allem am oberen linken Heckbereich auf, den Bildern nach zu urteilen, in vielen Fällen direkt senkrecht zur Seitenruder (der Heckflosse) eintretend, und somit eher parallel zum Höhenruder. Die Zahl der Einschläge ist sehr gering und die Einschlagszone hauptsächlich auf 2m begrenzt. So sind am Seitenruder bspw. höchsten noch vereinzelte Einschläge erkennbar.

    Dennoch es soll noch vereinzelte Beschädigungen innerhalb der Kabine gegeben haben.

    Aus meiner Sicht spricht die Art der Beschädigungen eher dafür, dass sich das Flugzeug zur Zeit des Einschlage eher extrem nah oder direkt am Boden befunden hat und die Geschwindigkeit des Flugzeuges äußerst gering war… die Einschläge also erst einmal von einem beliebigen Schrapnell Sprengkörper herrühren könnten.

    Darüber hinaus ist und bleibt es für mich verwunderlich, dass sich der Pilot für einen 400km weit entfernten Flughafen entschieden haben soll, deren Flugbahn zudem über eine Meeresfläche führt, welche eine Rettung fast unmöglich werden lässt.

    Das wäre eher der Fall, wenn er a) nichts vom Beschuss und der Beschädigung wusste oder b) die restlichen Flugplätze aus irgendeinem Grund nicht in Frage kamen. Denn die wahrscheinlichste Störung am Flugzeug wäre ein Treibstoffleck und eben eine Beschädigung der Seiten- der Höhenruders, die sich bei längerer Strecke verstärken kann.

    Nichtsdestotrotz war die Notlandung aufgrund der Art der Beschädigung eine Meisterleistung, die vielen Menschen das Leben rettete.

  8. Warum ich das etwas weiter oben geschrieben habe – weil ich mir selbst einfache Fragen gestellt habe :

    1. Wie kann es sein, das die weithin hörbaren ukr. Drohnen (deshalb Luftmopeds) wegen Radarunterfliegung in 200-300m Höhe so weit ungestört über ru. Territorium bis nach Grosny fliegen konnten ?
    2. Die Flugleitung wußte das der Jet Grosny zum Ziel hatte, warum wurde er überhaupt dorthin geleitet wenn dort schon länger Drohnengefahr herrscht insb. an diesem Morgen ?
    3. Was könnte den Jet getroffen haben dessen gemittelter Landeanflug in 2000-3000m stattfand ?
    4. Eine Strela 2m sucht sich bis in diese Höhe via Infrarot sein Ziel selbst
    5. Das Panzir-System arbeit mit Radar und optischer Zielerfassung. Folglich muß der Mann am Boden den Jet klar als solchen idendifizieren. Wenn – es so war, hat der Zielschütze den unschwer erkennbaren Jet entweder nicht erkannt oder in im Streß für eine Drohne gehalten. Also eine mögliche falsche Größeneinschätzung ob der Flughöhe.
    6. Warum hat man den Jet nicht gleich Grosny umfliegen lassen zu einem anderen Airport in RU ?

    Das waren die Fragen die ich mir gestellt und daraus abgeleitet habe, das nur 5. in Frage kommen könnte. Denn wer schießt mit eine Strela auf Objekte ohne heiße Wärmequelle.

    Wie auch immer – all das Geschreibe regt zwar zum Nachdenken an, mindert aber nicht den Schmerz und Tod, den die Menschen dort erlitten haben…Daher auch von mir meine Anteilnahme…

  9. Ausschnitt aus der Analyse von Simplicius76:

    Ich bin jedoch skeptisch, weil das Flugzeug offenbar nur sehr leichte Schrapnellschäden erlitten hat, was nicht mit dem Einschlag einer modernen Rakete vereinbar ist. Ein riesiges Verkehrsflugzeug ist das einfachste Ziel der Welt für ein modernes AD-System, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass die Rakete einen „Streifschuss“ abbekommt, sehr gering ist. Ein solches „fettes, langsames Ziel“ würde viel direkter getroffen und vollständig abgeschossen werden, wobei die Streuung der Fragmente eine viel stärkere Durchschlagskraft hätte als eine leichte Streuung, die das Flugzeug Hunderte von Kilometern weiterfliegen lässt. Aber in diesem Fall ist der Splitterschaden so gering und das Flugzeug hat es so weit geschafft – über das gesamte Kaspische Meer -, dass ich äußerst skeptisch bin, dass eine Rakete direkt auf das Flugzeug gerichtet war. Die Art der Schäden scheint eher mit etwas übereinzustimmen, das in der Nähe explodierte, aber nicht direkt auf das Flugzeug gerichtet war. Das einzige Szenario, das auf die obige Erklärung passt? Eine Drohne könnte „in der Nähe“ des Flugzeugs abgeschossen worden sein, und die Explosion des Sprengkopfs der Drohne und der Rakete könnte das zufällig vorbeifliegende Flugzeug getroffen haben, aber nur flüchtig.

    Eine weitere Sache, an die man sich erinnern sollte: Ich habe bereits früher berichtet, dass der ukrainische SBU nun regelmäßig kleinere Drohnen in die Flugbahn russischer Flugzeuge schickt, um die AD-Systeme dazu zu bringen, das Ziel zu erfassen und hoffentlich stattdessen die Flugzeuge zu treffen. Dies wurde Berichten zufolge bei den Abschüssen von Il-76 und/oder A-50 AWACS getan. Es wird von einem Agenten am Boden durchgeführt, der anonym eine kleine Drohne vom Typ Mavik oder sogar eine FPV-Drohne direkt in die Flugbahn des Flugzeugs fliegen kann, um das AD zu ködern“.

    In Ermangelung neuer Informationen ist meine persönliche Einschätzung, dass es wahrscheinlich ist, dass eine russische AD-Rakete etwas damit zu tun hatte, aber ich halte es immer noch für falsch, dass es sich um einen gezielten Treffer handelte – es scheint mehr hinter der Geschichte zu stecken. Es besteht aber auch immer noch die Möglichkeit, dass es sich um eine eindeutige ukrainische Provokation in Form eines Terroranschlags handelte, der wie ein russischer Abschuss aussehen sollte.

    1. Auch wenn Simplicius dies schon einmal richtig analysiert, dass eine Abwehrrakete so ein Ziel vom Himmel holen kann, so ist auch seine Erklärung, dass sich eine Drohne in der Nähe befunden hat, die angezielt wurde und dabei auch das Passagierflugzeug beschädigte unglaubwürdig.

      Die Schäden am abgestürztem Flugzeug befinden sich ausschließlich am vorderen Teil des Seitenruders und noch schräge Schrapnelle im Höhenruder. Dabei reden wir von ca. 30-50 Schrapnellen, die ggf. noch nicht einmal erkennbare Austrittsbeschädigungen hinterließen.

      Wäre eine Drohne in der Nähe gewesen, reden wir davon, dass sie trotzdem dutzende Meter entfernt war. Damit wäre auch die Abfangrakete dutzende Meter entfernt detoniert und hätte keinen so geringen Schadensbereich hinterlassen.

      Zum Vergleich mal ein Bild einer anderen Beschädigung an der Heckflosse:
      https://www.thetimes.com/imageserver/image/%2Fmethode%2Ftimes%2Fprod%2Fweb%2Fbin%2Fe3a3ad67-de7b-463c-b190-6a645ba68f6b.jpg?crop=1600%2C900%2C0%2C0&resize=1500
      (dabei ist davon auszugehen, dass dort noch andere Bereiche genauso beschädigt waren)

  10. @Toilettentieftaucher
    „Es besteht aber auch immer noch die Möglichkeit, dass es sich um eine eindeutige ukrainische Provokation in Form eines Terroranschlags handelte, der wie ein russischer Abschuss aussehen sollte.“

    Wenn man ukr. Drohnenangriffe auf ru. Territorium, hier Grosny Airport GRV als „eindeutigen“ Terroranschlag oder Provokation bewerten möchte muß, sollte man, als neutral denkender Mensch im Umkehrfall ru. Drohnenangriffe auf ukr. Territorium ebenfalls „eindeutig“ als Terrorangriffe werten. Dort herrscht Krieg – ansonsten denkt man einseitig, bzw. parteiergreifend.

    Ich bin ebensowenig wie Sie oder andere Foristen hier sicher kein Flugabwehrexperte. Aber man kann sich zumindest zu den möglichen Abwehrsystemen belesen. Deshalb kam aus meiner Sicht nur ein Panzir-S1 System zum Einsatz. Zwei Möglichkeiten –
    A. Volltreffer durch Aufschlagzünder
    B. Näherungs-Sensor

    B. Spricht für die x-fach in Netz geteilten Schadensbilder im Heckbereich bzw. an den Flaps Höhenruder, Seitenruder des E190. Dieser Jet ist ein FBW-Jet, Fly By Wire. Das bedeutet Abhängigkeit von einwandfrei funkt. Hydrauliksystemen. Und diese waren nach den Schrappnell-Einschlägen nichtmehr oder nur noch teilweise funktional. Spätestens an diesem Punkt solle jedem klar sein was diese Piloten da für eine Leistung hingelegt haben um überhaupt noch – soweit zu kommen.

    1. @Toilettentieftaucher & LaRog

      „Es besteht aber auch immer noch die Möglichkeit, dass es sich um eine eindeutige ukrainische Provokation in Form eines Terroranschlags handelte, der wie ein russischer Abschuss aussehen sollte.“

      Ich halte diese Aussage aber immer noch für wahrscheinlicher als ein Raketenabschuss oder Streiftreffer. Es bedarf nicht viel, eine kleine Drohne mit einer Schrapnellladung zu versehen und diese auf kurzer Distanz (also 2-3km Entfernung zum Steuernden) in die Bahn eines Flugzeuges direkt vor der Landung zu steuern… also irgendwo auf den letzten 30km. (Beim BER wäre dies irgendwo über Ludwigsfelde).

      Genauso gut wäre es möglich, Drohnen über die Landebahn zu fliegen und dort vorbereitete Flugzeuge ins Visier zu nehmen. Denn nicht jeder „Drohnenangriff“ in Tschetschenien muss auch über Drohnen direkt aus der Ukraine her stammen.

      Und auch wenn man von so einem Szenario ausgeht – also einem Langstreckenflug der Drohnen – so macht es bei großen Zielen, wie einem Flughafen Sinn, diese Drohnen mit einem Cluster aus Schrapnellladungen zu versehen. Denn ein direkter Treffer an einer relevanten Stelle ist unwahrscheinlich.

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