BKA nutzt die berüchtigte Pegasus-Software zum Ausspionieren von Handys
Als im Juli bekannt wurde, dass eine israelische Firma namens NSO eine Software entwickelt hat, die Handys in Echtzeit komplett überwachen, also Telefonate mitschneiden, Chats mitlesen, Kamera einschalten, Speicher durchsuchen, etc., kann, und dass diese Software auch eingesetzt wird, da war die Aufregung in Deutschland groß. Medien und Politik haben darüber unter dem Narrativ berichtet, die israelische Firma habe die Software quasi gewissenlos an Diktaturen (unter anderem arabische Staaten) und sogenannte Autokraten (z. B. Ungarn) verkauft, die mit der Software Regierungskritiker, kritische Journalisten und so weiter abhören können. Und sogar um Spionage ging es, denn die Software wurde auch auf Handys europäischer Politiker bis hin zum französischen Präsidenten Macron gefunden.
Der Pegasus-Skandal
Die Aufregung war groß in Politik und Medien. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat Ende Juli vor der Software gewarnt und eine Sicherheitswarnung an Firmen verschickt.
Wer jedoch damals geglaubt hat, nur Diktaturen würden ihre Kritiker mit so einer Software überwachen, der ist naiv. Nun wurde bekannt, was man schon vermuten konnte: Auch deutsche Behörden haben die Software gekauft und eingesetzt.
Die Zeit berichtete am 7. September unter der Überschrift „Spionagesoftware Pegasus: BKA kaufte heimlich NSO-Spähsoftware“ darüber. Besonders pikant an der Enthüllung ist, dass die Bundesregierung im Parlament zuvor danach gefragt wurde. Die Zeit schrieb dazu:
„Bereits dreimal wurde die Bundesregierung explizit gefragt, ob Bundesbehörden NSO-Software einsetzen, im Jahr 2019 von der Linken-Abgeordneten Martina Renner, im Jahr darauf vom Deutschen Journalistenverband und in diesem Jahr in einer Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen. In allen Fällen antwortete das Innenministerium, dass man auf diese Frage keinerlei Auskunft erteile. Im Fall von Renner hieß es dazu, das parlamentarische Informationsrecht der Bundestagsabgeordneten müsse hinter die „staatswohlbegründeten Geheimhaltungsinteressen ausnahmsweise zurückstehen“.“
Bei dieser Antwort war klar, dass die Bundesregierung die Software einsetzt, denn ansonsten hätte sie schlicht mit „Nein“ antworten können. Das Verstecken hinter „staatswohlbegründeten Geheimhaltungsinteressen“ kam einem Eingeständnis gleich, dass die Pegasus-Software mit Wissen und Billigung der Bundesregierung eingesetzt wird.
Warum Pegasus?
In Deutschland gab es immer wieder Berichte über den sogenannten Staatstrojaner, eine Spionagesoftware, die deutsche Behörden entwickelt hatten. Wozu also braucht das BKA Pegasus, wenn es den Staatstrojaner hat? Die Zeit schrieb dazu:
„Jahrelang doktorte das BKA an einer eigenen Spähsoftware herum, die aber als schwerfällig und wenig praktikabel gilt. Nach Angaben des grünen Innenexperten Konstantin von Notz wurde dieser sogenannte Staatstrojaner zwischen 2017 und 2020 in keinem einzigen abgeschlossenen Ermittlungsverfahren eingesetzt.
Offenbar entschied sich das BKA angesichts der mageren Bilanz dafür, neben der Eigenentwicklung doch auf NSOs Superwaffe Pegasus zurückzugreifen.“
Hinzu kommen die Beschränkungen, die es in Deutschland für den Einsatz solcher Spionageprogramme für die Polizei gibt. Der auf Staatskosten entwickelte Staatstrojaner scheint daher nicht so viele Überwachungsmöglichkeiten zu bieten, wie Pegasus, weil sie in Deutschland aufgrund der Gesetzeslage nicht entwickelt wurden.
Überwachung ohne Kontrolle
Mit Pegasus liegen dem BKA (und anderen deutschen Behörden) technischen Mittel vor, auch Überwachungen vorzunehmen, die vom deutschen Recht gar nicht gedeckt sind. Dazu schrieb die Zeit:
„Nach Informationen der ZEIT bestanden die deutschen Beamten darauf, dass nur diejenigen Funktionen freigeschaltet werden, die mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vereinbar sind.
Wie genau dies sichergestellt werden kann, ist allerdings ebenso unklar wie die Frage, ob, wie oft und gegen wen Pegasus bislang eingesetzt wurde. Das BKA und das Bundesinnenministerium verweigern dazu grundsätzlich jeden Kommentar.“
Wir haben damit eine Situation, in der deutsche Behörden heimlich eine Spionagesoftware gekauft und einsetzt haben, die Bundesregierung das jedoch auf Anfragen aus dem Parlament nicht einmal eingesteht. Wir müssen also den Behörden blind glauben, dass sie die Software nur im gesetzlich erlaubten Maße benutzen und auf die Nutzung anderer, in Deutschland illegaler, Funktionen verzichten.
Aber keine Sorge, werden sich Leser von „Qualitätsmedien“ wie der Zeit denken, wir leben ja in einer Demokratie. Und in einer Demokratie werden Behörden kontrolliert und wenn da jemand Mist baut oder seine Kompetenzen überschreitet, dann wird er bestraft. Nur zeigt dieser Fall, dass das nicht so ist.
Das BKA untersteht der Bundesregierung, also ist die Bundesregierung dafür verantwortlich, dem BKA auf die Finger zu schauen, damit es die Software nur im legalen Rahmen einsetzt. Die Bundesregierung wiederum ist dem Bundestag rechenschaftspflichtig. Damit soll letztendlich der Bundestag kontrollieren, dass das alles im Rahmen der Gesetze läuft. Aber der Bundestag konnte das nicht kontrollieren, weil die Bundesregierung nicht einmal mitgeteilt hat, ob die Software überhaupt von deutschen Behörden eingesetzt wird.
So viel zum Thema der demokratischen Kontrolle in der deutschen Demokratie.
Bundeskanzlerin Merkel wurde nach den Enthüllungen der Zeit auf das Thema angesprochen. Darüber hat die russische Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf eine Meldung der dpa berichtet:
„Merkel betonte, dass die Bundesregierung nach ihren Informationen bei der Anwendung von Pegasus „auf der Grundlage von Recht und Gesetz“ handelt. Die Bundeskanzlerin wies darauf hin, dass die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen „eine Richtschnur für die Regierung“ seien.“
Nach all der Geheimnistuerei stellt sich die Frage, wie glaub- und vor allem wie vertrauenswürdig diese Aussage von Merkel ist.
Was ist mit den Geheimdiensten?
Man sollte meinen, dass es keine große Sache ist, wenn das BKA eine solche Softaware im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten einsetzt. Ich will dem BKA auch nicht unterstellen, dass es bewusst und regelmäßig gegen die gesetzlichen Beschränkungen verstößt. Allerdings sind Einzelfälle kaum zu vermeiden, denn wenn es technische Möglichkeiten gibt, werden die von einzelnen Leuten genutzt, auch wenn das nicht erlaubt ist. So ist der Mensch nun einmal. Aber das dürfte nicht der Grund für die Geheimniskrämerei der Bundesregierung sein.
Ich vermute und befürchte, dass die Geheimnistuerei der Bundesregierung von woanders herrührt. Immerhin sind auch Verfassungsschutz und BND Bundesbehörden und die Bundesregierung hat die Frage, ob Bundesbehörden die Software benutzen, nicht beantwortet. Der Grund ist, wie ich vermute, dass die deutschen Geheimdienste die Pegasus-Software auch gekauft haben. Und bei den Geheimdiensten ist es mit Überwachung noch wesentlich schwieriger als beim BKA.
Daher liegt die Vermutung nahe, dass zum Beispiel der Verfassungsschutz die Menschen und Organisationen mit Pegasus überwacht, die er laut Verfassungsschutzbericht beobachtet. Es würde mich sogar wundern, wenn der Verfassungsschutz diese Software nicht nutzen würde. Und dass der Verfassungsschutz sich dabei an gesetzliche Vorgaben hält und vorhandene technische Möglichkeiten nicht nutzt, das glaube ich ehrlich gesagt nicht.
Daher rührt vermutlich die Blockadehaltung der Bundesregierung. Und die Zeit stellt diese Frage in ihrem Artikel nicht, sie berichtet über das, was über das BKA bekannt ist, stellt aber keine weitergehenden Fragen in Richtung der Geheimdienste.
Wie der Spiegel die Meldung unsichtbar macht
Dass der Spiegel in meinen Augen nichts weiter als ein Outlet der Geheimdienste ist, habe ich oft genug geschrieben und begründet, zum Beispiel hier. Auch bei der jetzigen Meldung bestätigt sich das in meinen Augen ein weiteres Mal.
Wie schätzen Sie das Thema Pegasus ein? Wenn Sie bei einer Zeitung arbeiten würden, unter welcher Rubrik würden Sie darüber berichten? Ist es ein politisches Thema, weil es um Anhören, Überwachung und Spionage geht? Dann würde es in die Rubrik „Politik“ gehören. Oder ist es ein Computer-Thema, weil es um eine Software geht? Dann würde es in die Rubrik „Computer“ gehören. Wo würden Sie diese Meldung veröffentlichen?
Für den Spiegel ist die Sache klar: Für ihn ist das ein Computer-Thema, daher hat er seinen Artikel darüber in der Rubrik „Netzwelt“ veröffentlicht. Das ist eine Rubrik, die im Vergleich zu anderen Rubriken im Spiegel nur wenige Leser hat. Das führt dazu, dass politisch interessierte Spiegel-Leser, die sich aber nicht für Computer interessieren, davon nichts erfahren haben.
Das ist ein beliebtes Mittel des Spiegel: Er platziert politische Meldungen gerne mal in anderen Rubriken, wenn sie nicht unbedingt dem entsprechen, was der Spiegel als Narrative verbreiten will. Solche Artikel werden vor politisch interessierten Lesern gerne in den Rubriken Netzwelt oder Panorama versteckt.
8 Antworten
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DAS war doch wohl seit langem klar – und die gehen sogar noch weiter, blockieren Accounts, bombardieren Rechner mit Viren, so daß diese nicht mehr hochfahren, verlangsamen oder kappen die Internetverbindung etc. – die unterbrechen sogar Telefongespräche – wenn der „Inhalt“ nicht paßt – selbst erlebt all diese Dinge – der Hammer war das mit dem Telefon erst neulich – meine Frau unterhielt sich mit einer Kollegin, daß sie sich nicht impfen lassen wollen – klick, Verbindung unterbrochen – und eine neue Verbindung „momentan nicht möglich“ – doch andere konnten wir anrufen… – komisch, nicht?!?
Die Richtigen, die von den Geheimdiensten erwischt werden sollen, erwischt es sowieso nicht.
Ich habe mich mal vorsichtig in meinem Bekanntenkreis umgehört und denen ist nicht zu helfen. Immer und überall ist das Smartphone dabei. Es wird fast alles am Telefon besprochen.
Das BKA kann auch auf andere Dienste zurückgreifen. Es gibt genügend EU Länder. Mein Olympia Klapphandy ist gegen alle Arten von Apps sicher.
Au au… Die Indianer waren schon Meister im kodieren ihrer Rauchzeichen … und fanden immer wieder ihre Meister. Man denkt also sich vor dem Abhören schützen zu können, wenn man sich 2..oder 3 Entwicklungsschritte zurückbewegt … () Das habe ich so auch noch nicht vernommen… Danke für den TIP …
Zum Thema der „demokratischen Kontrolle der Geheimdienste“ mu man sich nur die Arbeitsweise des Parlamentarischen Kontrollgremiums PKG (vorher „Kommission“, deshalb PKK) anschauen. Eine Handvoll Abgeordnete (aktuell 9) wird unter dem Eid der Verschwiegenheit regelmäßig von Mitarbeitern der Geheimdienste „gebrieft“. Die erfahren also hauptsächlich, was diese ihnen mitteilen WOLLEN. Sie können nachfragen, haben aber keinen Anspruch auf korrekte und umfassende Antwort. Und das Beste: Sie dürfen anschließend mit niemandem darüber sprechen! Also auch nicht mit den Abgeordneten des Parlamentes, das so die Geheimdienste „kontrollieren“ soll!
😉
Nur hin und wieder plaudert mal einer aus dem Nähkästchen. So das langjährige Mitglied des PKG, Hans Christian Stöbele. Der fragte nämlich nach der Spionageaffäre, als behauptet wurde, die NSA MÜSSE uns alle ausspionieren, um Terrorakte zu verhindern, und hätte so schon 50 Anschläge verhindert, mal genauer nach. Einfache, naive Frage: Wenn Anschläge verhindert wurden, müßten die verhinderten Täter ja bekannt sein und hinter Gittern. Die Vorbereitung ist ja bereits eine Straftat.
Da waren es dann plötzlich nur noch „25“ verhinderte Anschläge.
Stöbele ließ nicht locker, und forderte die Leute auf, konkret zu werden.
Da waren es nur noch „11“…
Und so ging das weiter, bis ganz am Ende nur noch EIN EINZIGER Fall übrig war, der konkret benannt wurde! Und das war die „Sauerland-Gruppe“! Ein von vorn bis hinten von Geheimdiensten „betreuter“ Terrorakt! Radikalisierung der Täter durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes, oben drüber eine „usbekische Terrorgruppe“, die der britische Botschafter dort als Erfindung der usbekischen Regierung bezeichnete, und die nur aus einer türkischsprachigen Website bestand, BND-Leute die die Truppe ständig beschatteten und das Wasserstoffperoxid (in verdünnter Form) besorgten, CIA, ISI… alle waren dabei! Und das einzig Echte waren am Ende militärische Zünder, besorgt vom pakistanischen Geheimdienst….
Man möchte wiehern vor Freude! Leider kamen die mit der Story durch, weil es eine kritische Presse nicht mehr gibt…
Da spricht der Ole_Bienkopp mir aus der Seele.
Ja, der BND wurde aus der Gehlen-Gruppe heraus gegründet. Das sind Nazis. Und die haben mit Demokratie oder Staatstreue nichts zu tun. Wie die CIA sind das Büttel der Reichen, die gegen das eigene Volk arbeiten. Hochverräter eben.
Verfassungsschutz… da denke ich ans Zeller Loch- Terroranschlag im eigenen Land also. Derselbe Dreck.
Die Beschaffung von Pegasus ging nebenbei schön an der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITIS) vorbei.
https://www.tagesschau.de/investigativ/spionagesoftware-nso-bka-101.html
Ich war in meiner „Jugend“ selber Jahre lang bei den Nachrichten, d.h. in der Armee. Eine altbekannte Funker-Regel lautet „Vorsicht, Feind hört mit – fasse Dich kurz“. Wer von den Leuten heute hat jemals eine Ausbildung in den Nachrichten-Diensten oder -Einheiten genossen … ? … Die Mehrheit sind diesbezüglich leichtgläubige Pappnasen, die leichtfertig mit FACEBOOK, GOOGLE & Co. umgehen. Und „auf der Anderen Seite“ sitzen mit ihren grünen Lauschlappen ebensolche Pappnasen und glauben, die Welt überwachen und kontrollieren zu können – das Titelbild kommt diesen Pappnasen tatsächlich recht nahe. Wer klug ist, lanciert genau Das in die Öffentlichkeit, was diese Pappnasen auch hören wollen, schlägt sie sozusagen mit ihren eigenen Mitteln. Und wer noch klüger ist, steht absolut zu sich selber und lässt sich von den Pappnasen absolut nicht beeindrucken … denn es gibt höhere Kräfte, denen Die nicht gewachsen sind und von denen sie auch nichts wissen 😉