Vor Saudi-Arabiens überraschenden Einlenken im „Ölpreiskrieg“ hat Trump mit Abzug der US-Truppen gedroht

In den USA wurden Hintergründe über die Einigung im „Ölpreiskrieg“ bekannt. Demnach hat Trump den Saudis offen gedroht, sollten sie den Ölpreis weiter fallen lassen und einer weltweiten Einigung im Wege stehen, würden die US-Truppen aus dem Land abgezogen.

Der „Ölpreiskrieg“ hat die Schlagzeilen ab Anfang März beschäftigt, nachdem die OPEC-Plus sich nicht über die Fördermengen einigen konnte und Saudi-Arabien den Markt danach mit Öl geflutet hat, was zu dem Zusammenbruch der Ölpreise geführt hat. Die niedrigen Ölpreise sind vor allem für die ohnehin hoch verschuldete US-Fracking-Industrie ein Problem, denn deren Ölförderung ist erst ab einem Preis von 50 Dollar rentabel. Die derzeitigen Preise von unter 30 (oder sogar unter 20) Dollar sind für sie akut existenzbedrohend. Das wiederum hat Trump nervös gemacht, denn die Ölarbeiter sind eine wichtige Wählergruppe für ihn.

Da die US-Fracking-Industrie in den letzten Jahren auf Kosten der OPEC-Plus, die ihre Fördermengen zur Stabilisierung der Ölpreise gesenkt hatte, Marktanteile gewonnen hat, haben einige Analysten hinter dem saudischen Manöver einen direkten Angriff auf die US-Konkurrenz gewittert. Wenn die niedrigen Ölpreise der Fracking-Industrie das Genick gebrochen hätten, hätte Saudi-Arabien problemlos den US-Markt zurückerobern können, von dem es von der Fracking-Industrie fast vollständig verdrängt worden ist. Obwohl die niedrigen Ölpreise auch Saudi-Arabien derzeit sehr weh tun, hätte Saudi-Arabien auf lange Sicht als Sieger aus dem Kampf hervorgehen können.

Das wusste auch Trump. Reuters hat heute unter Berufung auf vier Quellen über ein Telefonat zwischen Trump und dem saudischen Kronprinzen berichtet. Demnach hat Trump während des „Ölpreiskrieges“ am 2. April mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman telefoniert und ihm ein Ultimatum gestellt. Wenn Saudi-Arabien den Ölpreiskrieg nicht beende, werde Trump „machtlos sein“, zu verhindern, die Abgeordneten davon abzuhalten, ein Gesetz über den Abzug der US-Truppen aus Saudi-Arabien zu verabschieden.

Die USA schützen das saudische Königshaus seit 75 Jahren und ein Abzug der US-Truppen (vielleicht begleitet von zersetzenden innenpolitschen Maßnahmen) könnte das Ende für das saudische Königshaus bedeuten.

Trump stand unter großem Druck der US-Ölkonzerne, die derzeit rote Zahlen melden. Chesapeake Energy, ein führendes Fracking-Unternehmen, steht nach eigenen Angaben vor dem Konkurs und Baker Hughes, einer der größten US-Ölkonzerne, hat im ersten Quartal über 10 Milliarden Dollar Verlust gemacht. Da die Macht der Lobbyisten in den USA praktisch unbegrenzt ist, hatte Trump kaum eine andere Wahl, als dem wichtigsten US-Verbündeten im Nahen Osten offen zu drohen. So soll die US-Regierung dem saudischen Kronprinzen über diverse diplomatische Kanäle mitgeteilt haben: „Wir verteidigen Eure Industrie, während Ihr unsere zerstört“

Auf die Frage eines Reuters-Journalisten hat Trump die Angaben indirekt bestätigt. Der Journalist fragte, ob Trump dem Kronprinzen gegenüber die Möglichkeit eines Abzuges der US-Truppen erwähnt habe. Trump hat laut Reuters geantwortet:

„Das musste ich ihm nicht sagen. (…) Sie hatten eine schwere Zeit, als sie den Deal machten und ich habe mit ihm telefoniert und wir haben einen Deal gemacht.“

Die US-Drohung war gut vorbereitet. Eine Woche vor dem Telefonat hatten zwei republikanische Abgeordnete einen Gesetzentwurf eingebracht, der den Abzug aller US-Truppen und US-Flugabwehrsysteme aus Saudi-Arabien gefordert hat, sollten die Saudis ihre Ölförderung nicht reduzieren.

Saudi-Arabien hat auf Anfragen von Reuters zu dem Thema nicht geantwortet, aber Fakt ist, dass die Einigung im Ölpreiskrieg schon eine Woche nach dem Telefonat zwischen Trump und Salman zu Stande gekommen ist.

Allerdings sieht es bisher schlecht aus für eine Erholung der Ölpreise, bisher ist sie nicht eingetreten, aber die weltweiten Ölspeicher waren schon vor einer Woche zu mindestens 70 Prozent gefüllt. Tendenz steigend.

Inzwischen werden Tanker als schwimmende Öltanks benutzt, wobei für die Lagerung von Öl derzeit so hohe Preise aufgerufen werden, dass die Ölbesitzer froh sein können, wenn sie später beim Verkauf des Öls zumindest die Lagerkosten wieder hereinbekommen.

Vielleicht erreicht bin Salman also sein (mutmaßliches) Ziel, die US-Fracking-Industrie zu schwächen, um auf den US-Markt zurückzukommen, doch noch. Und das obwohl er Drohung von Trump nachgegeben hat.

Andererseits: Wer weiß, ob Trump und bin Salman nicht schon wieder telefoniert haben und was Trump den Kronprinzen dieses Mal gesagt hat.

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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