Verkehrte Welt: Russland verteidigt heute die Werte, die der Westen früher der Sowjetunion bringen wollte

In der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ hat der Moderator zehn Themen genannt, bei denen Russland heute für die Werte steht, die der Westen früher der Sowjetunion bringen wollte und die der Westen heute nicht mehr vertritt. Wer es nicht glaubt, lese die Liste und denke über jeden einzelnen Punkt genau nach.

Die Liste kam am Ende eines Kommentars über die weißrussische „Oppositionsführerin“ Tichanowskaja. Der Kommentar war zwar interessant, er setzt aber zum Verständnis viel Wissen über Russland, Weißrussland und die Menschen in den Ländern voraus. Hätte ich ihn komplett übersetzt, hätte ich so viele Erklärungen einfügen müssen, dass er nicht mehr „rund“ zu lesen gewesen wäre.

Aber am Ende kam der Kommentator auf die Werte zu sprechen, für die der Westen angeblich steht und der Kommentator hat zehn Themen genannt, bei denen mittlerweile Russland für die Freiheitswerte steht, die der Westen früher der Sowjetunion bringen wollte und die der Westen heute selbst massiv einschränkt. Weil das für viele sehr gewöhnungsbedürftig klingt, aber sehr zum Nachdenken anregen kann, habe ich das Ende dieses Beitrags des russischen Fernsehens übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Erstens: Freie Märkte

Früher war der Westen für den freien Markt. Heute ist Russland für den freien Markt. Und aus dem Westen gibt es Sanktionen, Embargos und unfairen Wettbewerb.

Zweitens: Freizügigkeit und Reisefreiheit

Früher war der Westen für Freizügigkeit und Reisefreiheit, aber um die Sowjetuinon zu verlassen, brauchte man ein Ausreisevisum. Jetzt ist Russland für die Freizügigkeit, aber der Westen hat sich mit verstärkten Visakontrollen von uns abgeschottet.

Drittens: Familie

Die Sowjetunion hat versucht, die Familie abzuschaffen. Jetzt wird die traditionelle Familie im Westen verwässert. Für uns ist die normale Familie ein in der Verfassung verankerter Wert.

Viertens: Meinungs- und Pressefreiheit

Früher hat uns der Westen Meinungsfreiheit beigebracht. Jetzt gibt es dort eine aggressive liberale Zensur, politische Korrektheit und Angst. In Russland ist die Meinungsfreiheit viel größer als im Westen. (Anm. d. Übers.: Das mag für viele ungewohnt klingen, ist aber tatsächlich so. Das ist der Grund, warum ich meine Seite in Russland betreibe, denn hier muss ich nicht befürchten, mit Abmahnungen bombardiert oder wegen Lappalien verklagt zu werden. Solange ich nichts schreibe, was nach russischem Recht Volksverhetzung darstellt – was im Großen und Ganzen die gleichen Bestimmungen sind, wie in Deutschland – oder jemandes Ruf durch Unwahrheiten einen finanziellen Schaden zufüge, kann ich in Russland schreiben, was ich will, ohne vor den Kadi gezogen werden zu können)

Fünftens: Religiöse Werte

In der Vergangenheit hat der Westen uns aufgerufen, die Kirche zu respektieren. Nun hat sich der Westen von den christlichen Werten abgewandt. In Russland erleben wir im Gegenteil die Wiederbelebung der Orthodoxie und der anderen traditionellen Weltreligionen.

Sechstens: Freiheit der Kunst

Es gab in der Sowjetunion eine Zeit, als es hieß: „Heute spielst du Jazz, morgen verkaufst du die Heimat.“ Und heute verfolgt das US-Außenministerium amerikanische Jazzmusiker, wenn sie zum Beispiel zum Jazzfestival in Koktebel fahren. Das ist schon lustig. (Anm. d. Übers.: Auf Russisch reimt sich der zitierte Spruch „Сегодня ты играешь джаз, а завтра Родину продашь“ Das Jazzfestival Koktebel findet seit 20 Jahren auf der Krim statt, wie so viele andere große Festivals, die die Krim im Sommer zu einem Geheimtipp für Party-Touristen der verschiedensten Musikrichtungen machen)

Siebtens: Kulturaustausch

Heute ist Russland für den Ausbau des kulturellen, wissenschaftlichen und humanitären Austauschs, aber der Westen bremst. Früher war es umgekehrt, da hat der Westen den Kultur- und Schüleraustausch gefordert.

Achtens: Unabhängigkeit der Gerichte

Heute glaubt in den Vereinigten Staaten niemand, dass die Richter des Obersten Gerichtshofs bei Urteilssprüchen die Parteidisziplin verletzen könnten. So war es doch in der Sowjetunion. Heute haben wir hier Plätze getauscht.

Neuntens: Der Wert des menschlichen Lebens

Früher haben wir davon aus Amerika gehört. Jetzt kämpft Russland in Zeiten der Epidemie um jedes einzelne Leben, aber in Amerika wird der Wert des Lebens daran gemessen, ob jemand die Arztrechnung bezahlen kann.

Zehntens: Export von Revolutionen

Und zum Schluss: Früher hat die UdSSR Revolutionen exportiert. Jetzt tut das der Westen. Auch hier haben wir die Plätze getauscht.

Ende der Übersetzung

Ich hätte noch eine Punkt hinzugefügt:

Elftens: Dissidenten

Edward Snowden muss in Moskau Schutz vor einer ungerechtfertigt drohenden Haftstrafe in den USA suchen und Julian Assange wird in London wie ein Schwerverbrecher behandelt, weil er als Journalist die Pressefreiheit ernst genommen hat. Früher sind die Dissidenten aus der Sowjetunion in den Westen geflohen, heute ist es umgekehrt.

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. weil es hier hingehört

    „Umstrittene Wahl in UN-Gremium Putin und Xi prüfen nun Menschenrechte“

    https://www.n-tv.de/politik/Putin-und-Xi-pruefen-nun-Menschenrechte-article22097124.html

    „“Die Niederlage Saudi-Arabiens ist eine gute Erinnerung im Menschenrechtsrat daran, dass es mehr Wettbewerb in Uno-Abstimmungen geben sollte“, sagte Louis Charbonneau von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Hätte es mehr Kandidaten gegeben, wären auch China, Kuba und Russland durchgefallen.“

    https://www.spiegel.de/politik/ausland/china-und-russland-in-uno-menschenrechtsrat-gewaehlt-saudi-arabien-durchgefallen-a-2b35d093-bfb6-48f9-9479-b1200b6700a4

    Scheinen sich alle um „die Wahl“ zu reißen leider hatten sie gegen Russland und China keine Chance. 🙂

  2. Und Punkt 1, der freie Markt macht mit Sorgen. Den nach meiner Ansicht ist der nicht sehr erstrebenswert. Er wurde bedeuten (zumindest wenn er so gemeint ist wie im Westen, dass sich der Staat raus halten soll), dass Konzerne machen können was sie wollen, Flüsse verdrecken, Mitarbeiter ausbeuten, usw. Hoffentlich meinen die Russen was anderes als diesen westlichen Schrott.

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