Kein Wort in den Medien

Kanada peitscht Gesetz gegen ausländische Agenten im Eiltempo durch das Parlament

In Kanada wurde ein neues Gesetz gegen ausländische Agenten im Eiltempo durch das kanadische Parlament gepeitscht, worüber deutsche Medien natürlich nicht berichtet haben. Stattdessen will die EU den Beitrittsprozess von Georgien einfrieren, weil Georgien ebenfalls so ein Gesetz verabschiedet hat.

Wie deutsche Medien mit Gesetzen über ausländische Agenten umgehen, ist schon keine Desinformation mehr, sondern dreiste Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Dass Russland 2012 so ein Gesetz gegen aus dem Ausland finanzierten Einfluss auf seine Politik erlassen hat, wird im Westen als katastrophale Entwicklung dargestellt. Dass Georgien gerade erst – gegen massiven Protest aus dem Westen – so ein Gesetz erlassen hat, soll sogar der Grund dafür sein, dass die EU nun den Beitrittsprozess des Landes zur EU einfrieren will.

Die EU hat übrigens selbst so ein Gesetz eingeführt. Und das erste derartige Gesetz ist nicht etwa das russische, sondern das erste derartige Gesetz haben die USA bereits 1938 erlassen und es ist wesentlich strenger als die russische Kopie. Alle, für die das neu sein sollte, finden am Ende dieses Artikels Details dazu.

Zunächst möchte ich auf Kanada kommen, das nun ebenfalls so ein Gesetz beschlossen und im Eiltempo durch das Parlament gepeitscht hat. Darüber wollte ich einen Artikel schreiben, aber Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums hat dazu auf Telegram einen so treffenden Kommentar geschrieben, dass ich den übersetze, anstatt einen eigenen Artikel zu verfassen. Sacharowa hat vorbildlicherweise alles mit Quellen belegt, sodass hier keine Rede von „russischer Propaganda“ sein kann, schließlich sind das alles Informationen kanadischer Medien oder von Seiten der kanadischen Regierung.

Beginn der Übersetzung:

Ich frage mich, wie sich der Teil der georgischen Gesellschaft, der bereit war, alles für die Aufhebung des Gesetzes über ausländische Agenten zu tun und der seine Handlungen mit seiner Loyalität zu „westlichen Werten“ begründet hat, jetzt fühlt.

Kommen wir zu Kanada. Westlicher (in jedem Sinne des Wortes) geht es nicht.

Am 3. Mai: Die Richterin Marie-Josée Hogue vom Berufungsgericht in Quebec, die die Untersuchung des Trudeau-Regimes über die ausländische Einmischung in die Angelegenheiten des Staates geleitet hat, veröffentlicht einen fast 200-seitigen Bericht über die Ergebnisse der Untersuchung.
Am 6. Mai (drei Tage später!): Die kanadische Regierung, die, wie man annehmen muss, alle wichtigen Angelegenheiten beiseite schiebt, bringt im Unterhaus den Gesetzentwurf zur strengen Registrierung ausländischer Agenten ein.
Am 29. Mai: Der Gesetzentwurf passiert die zweite Lesung des Unterhauses. Das Gesetz wird angenommen.
Am 13. Juni: Der Gesetzentwurf durchläuft die dritte Lesung des Unterhauses und wird einstimmig angenommen. Klar: Kanada, Demokratie, Meinungsvielfalt.
Am 13. Juni (am gleichen Tag!): Es wird sofort zur ersten Lesung an das Oberhaus des Parlaments, den Senat, weitergeleitet.
Am 17. Juni: Der Gesetzentwurf geht zur zweiten Lesung in den Senat und wird genehmigt. Offensichtlich haben die Senatoren das Dokument an einem Zug gelesen, alle 194 Seiten.
Am 18. Juni: Der Gesetzentwurf wird im zuständigen Senatsausschuss angenommen.

Insgesamt hat der gesamte Prozess anderthalb Monate gedauert – ein beispielloses Tempo für eine so wichtige Änderung des Rechtssystems.

Der Gesetzentwurf enthält die folgenden Vorschläge:

✓ Einrichtung eines Registers für ausländische Agenten;
✓ Einschränkung des Personals von Botschaften;
✓ Schaffung des Amtes eines Beauftragten für ausländische Einflussnahme.

Gleichzeitig haben 14 Gruppen kanadischer Dissidenten einen offenen Brief geschrieben, in dem sie ein Ende dieses parlamentarischen Ausnahmezustands und die Rückkehr zur normalen Arbeit fordern, denn es ist offensichtlich, dass all dies der Versuch ist, vor den Parlamentswahlen im nächsten Jahr (deren Ergebnis über das Schicksal der Exekutive entscheiden wird) ein repressives Gesetz durch das Parlament zu bringen.

Die Mitglieder des Unterhauses geben offen zu, dass sie das Gesetz selbst nicht gelesen haben, sondern lediglich dafür stimmen.

So hat das Trudeau-Regime eine verbesserte und härtere Version des amerikanischen FARA-Gesetzes für ausländische Agenten durch das zustimmende Parlament gepeitscht.

Das ist Kanada. Es könnte nicht westlicher sein. Eine Zitadelle der „westlichen Werte“.

Ende der Übersetzung

Die Mutter aller Gesetze über ausländische Agenten

Da es im Westen immer noch nur die wenigsten Menschen wissen, erkläre ich hier noch einmal, was Gesetze über ausländische Agenten sind und ob sie tatsächlich eine russische Erfindung sind, wie die westlichen Medien und Politiker behaupten.

Westliche Medien kritisieren Russland, weil es 2012 so ein Gesetz eingeführt hat. Was die westlichen Medien dabei immer verschweigen, ist die Tatsache, dass es sich dabei nicht um eine russische Erfindung handelt, sondern um eine US-amerikanische. Die USA haben schon 1938 den FARA-Act (Foreign Agents Registration Act, auf deutsch Gesetz zur Registrierung ausländischer Agenten) eingeführt. Nach dem Gesetz drohen jedem, der in den USA mit ausländischer Finanzierung politisch tätig wird und sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert, Geld und/oder Gefängnisstrafen. Außerdem müssen „ausländische Agenten“ ihre Veröffentlichungen als vom „ausländischen Agenten“ stammend kennzeichnen.

Das FARA-Gesetz wird in den USA sehr restriktiv angewendet. Die damalige russische Studentin Maria Butina zum Beispiel wurde in den USA 2018 aufgrund dieses Gesetze zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, als Waffennärrin Kontakte zur US-Waffenlobby geknüpft zu haben. Dass sie mit einigen US-Waffenlobbyisten gesprochen hat, reichte schon aus, um zu über einem Jahr Gefängnis verurteilt zu werden.

Russland hat das FARA-Gesetz der USA im Grunde nur abgeschrieben, wobei jedoch die Strafen in der russischen Kopie des US-Gesetzes weniger streng sind, als im amerikanischen Original. An dem FARA-Gesetz der USA hatten und haben die deutschen „Qualitätsmedien“ nichts zu kritisieren. Sie teilen ihren deutschen Lesern nicht einmal mit, dass es in den USA so ein Gesetz gibt, das sehr streng angewendet wird.

Außerdem verschweigen die deutschen Medien ihren Lesern, dass auch die EU inzwischen an einem solchen Gesetz über ausländische Agenten arbeitet, das sie als Teil eines „Paketes zum Schutz der Demokratie“ bezeichnet. Und vor kurzem wurde so ein Gesetz auch in Frankreich ins Parlament gebracht.

Warum die Aufregung?

Man fragt sich zwangsläufig, warum der Westen so einen Aufstand macht, wenn andere Länder wie Russland oder aktuell Georgien solche Gesetze einführen. Es geht schließlich nur um ein Gesetz, das NGOs zu Transparenz verpflichtet. Ist es nicht der Westen, der ständig von allen Transparenz fordert? Und sind des nicht die NGOs, also die internationalen Stiftungen, die sich selbst ständig ihrer Transparenz rühmen?

Der Grund für die Panik im Westen ist, dass der Westen seine politischen Interessen in anderen Ländern durch NGOs ausübt. Die bezahlen angeblich unabhängige Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“, die alle die gleiche Meinung vertreten und der Öffentlichkeit vorgaukeln, die Positionen des Westens würden von einer Mehrheit unterstützt. Wenn all diese angeblich unabhängigen Aktivisten, Medien, Blogger und „Experten“ plötzlich offenlegen müssten, dass sie alle von den gleichen Sponsoren finanziert werden, würde die von ihnen geschaffene Illusion in sich zusammenbrechen.

In Kanada ist das Problem, dass die Beliebtheitswerte der Trudeau-Regierung tief im Keller ist und dass bei den anstehenden Wahlen verhindert werden soll, dass eine Regierung gewählt wird, die einen fundamental anderen Kurs verfolgen könnte. Mit dem neuen Gesetz wird der Weg bereitet, Kritiker der aktuellen Regierung und ihrer Politik mundtot zu machen.

So funktioniert die „westliche Demokratie“ heute.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

12 Antworten

    1. Wenn man diesen sogn. „Bericht“ dieser Marie-Josée Hogue liest (habe ich nur quergelesen), wird klar gegen wen dies sich richtet: hauptsächlich gegen China.
      Ich finde es ja grundsätzlich gut, daß sich ausländische Einflußagenten outen müssen. Sowas bringt Transparenz und bräuchten wir dringend auch in der BRD. Transparenz scheint aber Kanada hier nicht herstellen zu wollen.
      Dieser Hogue-Bericht ist (was ich gelesen habe) eigentlich nur ein Witz: meist wird nur nebulös von „Geheimdienstinformationen“ gefaselt, z.B. daß chinesische Studenten angeblich zu einer Kandidatenaufstellung der Liberalen Partei gekarrt worden sind. Es wird aber nicht nur dann erwähnt, daß die Liberale Partei eine Einflußnahme abgestritten hatte, sondern der Bericht erwähnt, daß China im Speziellen keine Partei bei Wahlen unterstützt hat. An diesem Beispiel sieht man, daß das alles nicht sehr schlüssig ist.
      Oder (in Kanada verfügbare?) chinesische Medien würden den politischen Standpunkt Chinas verbreiten. Ach nein. Wirklich? Sehr überraschend. Aber wenn man sich das Beispiel RTdeutsch ansieht, weiß man wohin dort der Hase läuft: das Hören von Feindsendern soll jetzt auch in Kanada verboten werden, wenigstens die Verbreitung.
      Mit Transparenz hat das Alles nix zu tun. Und das dortige Regime gibt sich nicht mal viel Mühe, das zu verbergen.

    1. Mit VPN sollte sich das aber umgehen lassen. Wie z.B. auch das Verbot von RT. In meinem vor Kurzem verlängerten Kaspersky-Abo ist jetzt auch das unbeschränkte VPN drin, war vorher extra.

  1. Die EU braucht ENDLICH AUCH so ein Anti-Agenten Gesetz welches eigentlich nur das Völkerrecht in nationalen eigene Verantwortung und entsprechende Strafnormen ÜBERLEITET, denn es gilt ja grundsätzlich: nulla poena sind lege!!!!
    D.h. Keine Strafe OHNE GESETZ, also entsprechende spezifische Strafnorm!
    Aber dieses Recht wurde man Europa unter „Nato-Freunden“ wohl dann doch nicht durchgehen lassen!??
    Oder würden derartige Gesetze vielleicht gar zur Auflösung der NATO führen!???
    P

  2. Man sollte wirklich nun anfangen, NUR NOCH diesen westlichen Sektor den „sterbenden Westsektor“ zu nennen, um ein eindeutiges, einprägsames, einheitliches, einfach zu verstehendes, wahres und absolut erklärendes Label zu haben und zu verwenden, in jedweder Kommunikation!

    Sterbender Westsektor!

    Reicht von Kanada und den USA bis Australien quer durch Europa, die „Achse des sterbenden Westsektors“!

  3. Laut Sacharova hätten Mitglieder des Unterhauses „offen zugegeben“, dass sie das Gesetz gar nicht gelesen haben. Genau das habe unter diesem Link aber nicht gefunden. Habe ich was überlesen?
    Ich folge Sacharova (und T.R.) in der sache durchaus, trotzdem sollte es gute Praxis sein, dass eine Quelle auch das bestätigt, was im Text steht.

  4. „Westlicher geht es nicht“… ???
    also auf der 3dimensionalen Kugelform der Erde ist „westlich“ abhängig vom Beobachterstandpunkt.

    Kanada ist sowieso krass, siehe FREIHEITSBEWEGUNG der Trucker, daraus folgt: Kontensperrung!!! (Vorgeschmack auf kommendes cash-no smart prison)
    und jetzt : Lebenslang Gefängnis!! droht bei „Hassrede“. ich kann es mir nur so erklären, dass deren Maßstäbe völlig verrückt sind, und die Realität auch.
    naja, es eskaliert in ZEITLUPE!
    Frohe Sonnenwende und Johanni uns, ab jetzt geht es auf Weihnachten zu, hurra, und noch ein Jahr!
    Salvete

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