Flüchtlinge in Europa – „Wer eine Einladung ausspricht, der muss auch die Rechnung bezahlen“

Erinnern Sie sich noch? Vor ein paar Monaten wäre die Groko fast geplatzt, weil Seehofer unbedingt wollte, dass Flüchtlinge an der Grenze in EU-Länder zurückgeschickt werden, wenn sie dort schon einen Asylantrag gestellt haben. Nun hat die EU dem Horst ganz nebenbei einen Strich durch die Rechnung gemacht.
 
Es ist fast eine Revolution innerhalb der EU, was da beim EU-Gipfel in Salzburg besprochen wurde. Es ist noch kein Beschluss, aber es ist doch schon das absehbare Ende von Seehofers großen Ankündigungen, Flüchtlinge innerhalb der EU zurückzuschicken.
 
Das Problem sind ja hierbei noch nicht einmal die osteuropäischen Länder, die partout keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Daran, dass es innerhalb der EU zu einer Verteilungsquote für Flüchtlinge kommt, glaube ja sowieso niemand mehr. Die Osteuropäer stellen sich mittlerweile drei Jahre stur.
 
Das Problem ist das Dublin-Abkommen. Demnach muss ein Flüchtling dort Asyl beantragen, wo er in die EU einreist. Nun sind aber zumindest Griechenland und Italien gerne bereit, die Flüchtlinge, die bei ihnen ankommen, nach Norden reisen zu lassen. Beide Länder sind der Meinung, schon genug Flüchtlinge aufgenommen zu haben. Und auch die Flüchtlinge selbst wollen ja nicht nach Griechenland sondern nach Deutschland. Schließlich werden deutsche Politiker nicht müde, zu erzählen, wie dringend Deutschland Einwanderer brauche. Und diese Meldungen werden auch in die Sprachen der Flüchtlinge übersetzt.
 
Der gefeierte Asylkompromiss, mit dem vor einigen Monaten die Groko mal wieder gerettet wurde, sieht nun also vor, dass Deutschland die Flüchtlinge innerhalb der EU zurückschicken darf, wenn es denn Abkommen mit den entsprechenden Ländern abschließen kann. Problem: Die betroffenen Länder wollen solche Abkommen gar nicht.
 
Auch sah der Asylkompromiss vor, dass Lager in Nordafrika errichtet werden, wo die Asylbewerber sich registrieren und Asylanträge stellen können. Problem: Kein afrikanisches Land ist bereit, dabei mitzuspielen und solche Lager zuzulassen.
 
Der Asylkompromiss war also ein reiner Papiertiger. Aber immerhin konnte Seehofer darauf verweisen, dass er ja fleißig mit den betroffenen Ländern verhandelt.
 
In Salzburg hat Juncker nun einen Vorschlag gemacht, der den betroffenen EU-Länder gefallen dürfte. Dazu der Spiegel: „Zuvor hatte Juncker einen Kurswechsel im Dauerstreit um die Flüchtlingspolitik angedeutet. Vor Beginn des EU-Gipfels rückte er von der Haltung ab, dass alle Mitgliedstaaten zumindest einige Menschen aufnehmen müssten. Stattdessen forderte er von Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, andere Beiträge zur Migrationspolitik: „Die einen nehmen Flüchtlinge auf. Die, die das nicht wollen, nicht können – obwohl sie es müssen -, die müssen sich in Sachen Solidarität bewegen.“
 
Damit wird man sich im Grundsatz wohl schnell einverstanden erklären, damit die Diskussion über die Aufnahme von Flüchtlingen beendet werden kann. Anschließend kann man – ganz in der Tradition der EU – sehr lange über die Höhe der zu leistenden Zahlungen verhandeln und versuchen, alles Mögliche gegenzurechnen, damit die tatsächlichen Zahlungen so gering wie möglich ausfallen.
 
In der EU kritisieren viele Regierungen Merkels 2015 ausgesprochene Einladung an Flüchtlinge auch ganz offen. Und die Kritiker gewinnen bei den Wahlen europaweit hinzu. Ein Satz, den man oft in diesem Zusammenhang in anderen EU-Ländern hört, ist folgender: „Wer eine Einladung ausspricht, der muss auch bezahlen“
 
Daher glaube ich kaum, dass ich mich allzu weit aus dem Fenster lehne, wenn ich behaupte, dass am Ende kaum ein EU-Land etwas an Deutschland zahlen wird, weil wir so viele Flüchtlinge aufgenommen haben. Aus deren Sicht ist es einfach: Ihr Deutsche habt sie eingeladen, warum sollen wir dafür zahlen?
 
Ganz unrecht haben sie nicht…
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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