Desinformation im Spiegel: „Putin droht den Europäern“ – Lesen Sie selbst, was Putin gesagt hat

Und wieder ein klassisches Beispiel dafür, wie die deutschen Medien, in diesem Fall der Spiegel, lügen. Es geht um die Kündigung des INF-Vertrages und anstatt nun dafür die USA verantwortlich zu machen, titelt der Spiegel: „Putin warnt vor neuem Wettrüsten – und droht den Europäern“. Aber hat Putin den Europäern gedroht? Lesen Sie, was Putin gesagt hat und entscheiden Sie selbst.
 
Bevor wir uns Putins Aussage ansehen, kurz zu dem Artikel im Spiegel. In dem Artikel geht schon nicht mehr ganz so reißerisch zu, wie in der Überschrift. Trotzdem gibt es auch dazu Anmerkungen. So schreibt der Spiegel: „Nach Angaben Putins ist die Entscheidung in Washington schon vor langer Zeit gefallen, aus dem Vertrag auszusteigen. Die USA werfen Russland seit längerem vor, mit der Entwicklung eines Marschflugkörpers mit dem Namen 9M729 gegen den Vertrag zu verstoßen. Die USA hätten aber keine Beweise für einen Vertragsbruch von Seiten Russlands, betonte der russische Staatschef.“
 
Wie kommt Putin darauf, dass diese Entscheidung der USA schon vor langer Zeit gefallen ist? Dazu sagt der Spiegel nichts, obwohl Putin dies sehr nachprüfbar begründet hat. Stattdessen wird ein Zusammenhang zu den Unterstellungen der USA hergestellt, dass Russland gegen den Vertrag verstößt, obwohl die USA dafür tatsächlich nie einen Beleg geliefert haben, eine Tatsache, die hier jedoch als Behauptung Putins dargestellt wird. Auch dazu hat Putin sich heute geäußert, aber der Spiegel zieht es vor, Putins Argumente, die wir gleich sehen werden, nicht zu erwähnen.
 
Aber der Spiegel hat sich ja schon gestern dadurch hervorgetan, die Dinge in dieser Angelegenheit komplett zu verdrehen.
 
Nun aber zu dem, was Putin tatsächlich gesagt hat. Er äußerte sich zu dem Thema heute bei einer Pressekonferenz mit dem italienischen Premier, der Putin in Moskau besucht hatte. Achten Sie darauf, ob es dort eine Drohung in Richtung Europa gegeben hat, wie Putin begründet, dass das Thema nicht überraschend kommt und was Putin zu den Vorwürfen sagt, dass Russland gegen den Vertrag verstößt.
 
Auf der Pressekonferenz antwortete Putin auf eine entsprechende Frage:
 
Das Problem tauchte nicht gestern auf und auch nicht vor drei Tagen, als Präsident Trump es verkündet hat, das Problem tauchte früher auf.
 
Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben, wir haben es jedenfalls bemerkt, der Kongress hat im neuen Haushalt bereits Mittel für die Entwicklung von Kurz- und Mittelstreckenraketen bewilligt. Das bedeutet, dass die Entscheidung zu dem Zeitpunkt schon gefallen war. Und für die Entwicklung wird ja kein Geld bereitgestellt, damit die Ergebnisse dann im Schrank verstauben, dann folgt auch der nächste Schritt. Der Haushalt ist ja schon vom Kongress beschlossen worden. Nur die politische Erklärung wurde erst vor ein paar Tagen abgegeben.
 
Natürlich gibt es Fragen zu den Beschränkungen, die bisher nur die USA und Russland übernommen haben, während im Rest der Welt Raketen entwickelt werden.
 
Aber was beunruhigt uns? Uns beunruhigt, dass der ABM-Vertrag, der eine Raketenabwehr verbietet, von den USA gekündigt wurde. Jetzt reden wir über den INF-Vertrag, der Kurz- und Mittelstreckenraketen verbietet. Und dann ist auch das Schicksal des New START-Vertrages offen, der die Anzahl der Atomsprengköpfe begrenzt. Wenn dies alles demontiert wird, dann bleibt nichts mehr übrig, was die Rüstung begrenzt.
 
Dann wird es in meinen Augen ausgesprochen gefährlich, denn dann bleibt nichts mehr außer einem Wettrüsten.
 
Jetzt zu Europa. Wenn die USA tatsächlich aus dem INF-Vertrag aussteigen, ist ja die Frage, was sie mit den neuen Raketen machen. Wenn die in Europa aufgestellt werden, dann müssen wir symmetrisch antworten. Und die europäischen Länder, die das bei sich zulassen, wenn es denn soweit kommt, müssen verstehen, dass sie im Falle eines US-Angriffs auf Russland ihr eigenes Land der Gefahr eines russischen Gegenschlages aussetzen. Das liegt auf der Hand.
 
Wir kommen zurück zu der Situation aus den 1980er Jahren mit den Pershing-Raketen in Europa. Ich weiß nicht, ob man Europa wieder in eine solche Gefahr bringen sollte. Ich sehe dafür überhaupt keinen Grund.
 
Aber ich wiederhole es: Das hängt nicht von uns ab, wir wollen das nicht.
 
Um auf ihre Frage direkt zu antworten: Können wir darauf antworten? Das können wir und wir werden es sehr schnell und effektiv tun.
 
Was ist denn der Grund für die Kündigung des INF-Vertrages durch die USA? Die Beschuldigung gegen uns, dass wir angeblich gegen ihn verstoßen. Aber wie üblich legen sie dafür keinerlei Beweise vor.
 
Aber die Vereinigten Staaten haben schon gegen ihn verstoßen. Als sie in Rumänien die Anlagen für die Raketenabwehr aufstellten und dafür das Startsystem Aegis nutzten, dass sie nun anstatt auf Schiffen, an Land aufgestellt haben, da hat das was bedeutet? Die Aegis kann für Angriffsraketen genutzt werden, nicht nur für Abwehrraketen. Dafür muss man nur kurz die Programmierung ändern, mehr nicht. Und wir können nicht sehen, was da vor sich geht. Damit haben sie den Vertrag selbst gebrochen.
 
Und was ist mit bestimmten Angriffsdrohnen? Die sind auch ein direkter Verstoß gegen den Vertrag, denn sie unterscheiden sich per Definition nicht von Kurz- und Mittelstreckenraketen.
 
Das sind Mittel, den Gegner in die Irre zu führen, in diesem Fall hat es nicht funktioniert, wir beobachten die Lage sehr genau.
 
Aber ich wiederhole es: Wir sind bereit, mit den Amerikanern zu reden, ohne jede Hysterie, wichtig ist, was am Ende herauskommt, welche Entscheidungen getroffen werden. Ich denke, bei dem Treffen am 18. November in Paris werden wir mit dem US-Präsidenten darüber sprechen.
 
In eigener Sache: Wenn Sie sich dafür interessieren, was Putin selbst zu den Themen der Politik sagt, dann finden Sie hier eine Möglichkeit dazu.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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