Die Sicht der Anderen: Russland über Feigheit der EU vor den USA in Sachen Atomabkommen mit dem Iran

Die EU und Deutschland kritisieren Trump öffentlich, weil der das Atomabkommen mit dem Iran gekündigt hat. Bei dem Lärm, den die Europäer öffentlich machen, müsste man glauben, dass sie auch etwas tun, um das Abkommen zu retten. Aber Fehlanzeige, alles nur leere Worte! Dazu hat sich heute das russische Außenministerium offiziell geäußert.
 
Die USA haben angekündigt, den Iran vom SWIFT-System abklemmen wollen, was de facto bedeutet, dass niemand mehr mit dem Iran Geschäfte machen kann, denn man kann keine internationale Rechnungen mehr bezahlen ohne SWIFT. Die EU wollte daraufhin ein eigenes Zahlungssystem aufbauen, um den Handel mit dem Iran zu retten und so den Iran im Atomabkommen zu halten. Das wurde auch in der deutschen Presse berichtet.
 
Vor einer Woche berichtete Reuters – ich habe darüber einen ausführlichen Artikel geschrieben -, dass daraus nichts wird, da sich kein europäisches Land bereit erklärt hat, diese neue Zentrale zur Abwicklung von Zahlungen zwischen dem Iran und der EU aufzunehmen. Und ohne Zentrale auch kein Zahlungssystem. Darüber allerdings hat die deutsche Presse trotz der Reuters-Meldung betreten geschwiegen.
 
Man wollte wohl den deutschen Lesern nicht allzu deutlich vor Augen führen, dass die Kritik an Trump nur leere Worte sind. Egal, ob iranisches Atomabkommen oder INF-Abrüstungsvertrag – wenn die USA internationale Verträge als Klopapier benutzen, dann schimpfen die Europäer öffentlich ganz laut, unterstützen die USA aber trotzdem weiter.
Eigene Interessen scheinen die europäischen Länder und die EU nicht zu haben, sie setzen nach Art von Vasallen alles um, was Washington verlangt, selbst wenn es zum Schaden Europas ist.
 
Und dass Deutschland der gehorsamste aller europäischen US-Vasallen ist, ist bekannt. Obwohl der Bundestag 2010 den Abzug der US-Atomwaffen von deutschem Boden beschlossen hat, stehen sie immer noch hier. Deutschland hat im eigenen Haus nichts zu melden, in Deutschland herrscht Washington, nicht Berlin.
 
Heute hat nun auch das russische Außenministerium zu der Thematik rund um das iranische Atomabkommen Stellung genommen und die EU scharf kritisiert. Ich übersetze die Erklärung der Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharova im Wortlaut.
 
Beginn der Übersetzung:
 
Wir bedauern, dass sich die in Brüssel ansässige Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) im November den unrechtmäßigen anti-iranischen Sanktionen der Trump-Administration unterworfen und Berichten zufolge mehrere Banken und Kreditorganisationen des Iran, einschließlich der Zentralbank des Landes, von der Nutzung des internationalen Zahlungssystems ausgeschlossen hat. Wir haben nichts davon gehört, dass eine solche Maßnahme vom UN-Sicherheitsrat oder einer anderen dazu berechtigten internationalen Organisation genehmigt wurde.
 
Die Untätigkeit der europäischen Regierungen bei diesen wiederholten äußeren Einmischungen in die Arbeit einer rein finanziellen Organisation, die noch dazu im belgischen juristischen Hoheitsgebiet liegt, löst Verwunderung aus.
 
Was die Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Iran im Bereich des internationalen Zahlungsverkehrs angeht, so erfolgt diese konsequent und effizient auf der Plattform einer von einer bilateralen Arbeitsgruppe für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit erstellten Lösung.
 
Ohne in die Details zu gehen, kann ich feststellen, dass Moskau und Teheran systematisch und lange vor dem Abschluss der HVACD-Studie im Jahr 2015 daran arbeiten, ihre legitimen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen und Projekte vor äußeren Einflüssen zu schützen. Dies machen wir routinemäßig im Rahmen unseres Risikomanagements. Die Gewährleistung verlässlicher und sicherer Kanäle für die Übermittlung von Zahlungen sowie die Erhöhung des Anteils der gegenseitigen Zahlungen in Landeswährung sind hierbei die wichtigsten Elemente dieser Arbeit.
 
Ende der Übersetzung
 
Hier zeigt sich, dass das, was ich schon vor einer Woche geschrieben habe, wahr ist: Wenn die EU eine solche Angst vor den USA hat, dass sie kein eigenes Abrechungssystem einrichten will, dann könnte sie sich dem bestehenden russischen System anschließen und so den Zahlungsverkehr mit dem Iran uneingeschränkt aufrecht erhalten.
 
Aber eine Zusammenarbeit mit Russland? Was da wohl Washington sagen würde? Da bleiben die EU-Länder lieber bei der bewährten Politik: Öffentlich Trump kritisieren, aber in aller Heimlichkeit gehorsam bleiben. Und die Medien spielen mit berichten einfach nicht darüber.
 
Das nächste, was man aus der Erklärung des russischen Außenministeriums heraushören kann, steckt im letzten Satz: Russland koppelt sich bei internationalen Geschäften immer mehr vom Dollar ab und führt Zahlungen in Landeswährungen durch, ganz ohne Dollar. Und immer mehr Länder finden das gut und machen mit.
 
Und die USA finden das gar nicht gut, denn jedes Land, das aus dem Handel mit dem Dollar als Abrechungseinheit aussteigt, schwächt die Position der USA. Dazu können Sie hier Details nachlesen.
Wenn Sie sich für die russische Sicht auf die internationale Politik interessieren, sollten Sie sich mein Buch einmal ansehen, in dem ich Putin selbst mit langen Zitaten zu den aktuellen Fragen zu Wort kommen lasse. Dies Buch war aus meiner Sicht notwendig, weil in den westlichen Medien zwar viel über Putin berichtet wird, aber er selbst nie zu Wort kommt. Und wenn doch, werden seine Aussagen so aus dem Zusammenhang gerissen, dass sie einen völlig anderen Sinn bekommen.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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