Merz entlarvt sich selbst: Er will Kriege ohne den Bundestag zu fragen und Finanzhilfe für Blackrock

Friedrich Merz wurde ja bereits vorgeworfen, dass er bei seiner Rückkehr in die Politik weniger eine Neuausrichtung der CDU im Sinne hat, als vielmehr Lobbyarbeit für seinen derzeitigen Arbeitgeber Blackrock. Nun hat Merz schon vor der Wahl zum Parteivorsitzenden die Hosen herunter gelassen und diese Vorwürfe bestätigt.
 
Der Spiegel berichtet heute über ein Interview, dass Merz der Welt am Sonntag gegeben hat. Dort sagt Merz, dass er eine Altersvorsorge mit Aktien steuerlich fördern möchte: „Mit Blick auf die Absicherung der Rente forderte Merz, Arbeitnehmer gezielt an den Kapitalmärkten zu beteiligen. „Wir sollten die Aktienmärkte nutzen, um langfristig eine bessere Vermögens- und Kapitalbildung in den privaten Haushalten zu schaffen. Dann wird für viele Menschen in Deutschland der Erwerb eines Eigenheims leichter werden.“ Die Politik solle Aktienprodukte fördern, indem sie steuerliche Anreize gebe. „Denkbar wäre ein jährlicher Freibetrag, unter dem man einen auf Aktien basierenden Spar- oder Vorsorgeplan aufbaut. Dieser dürfte im Alter nicht mehr nachversteuert werden.“ Zentral sei, so Merz, dass dieses Aktienpaket ausschließlich der Alterssicherung diene und erst dann abschlagsfrei aufgemacht werden dürfte, wenn die gesetzliche Altersgrenze erreicht sei. Der Bundeshaushalt gebe jedes Jahr 100 Milliarden Euro aus, um die Rentenversicherung zu stabilisieren. „Da müsste ein kleiner einstelliger Milliardenbetrag, der zusätzlich anfällt, wenn entsprechende Freibeträge eingeführt werden, zu verkraften sein“, sagte Merz.
 
Das, was Merz hier vorschlägt, ist ein ganz offenes Förderprogramm für die „Heuschrecken“ und ein Geschenk für seinen Arbeitgeber und dazu auch noch hochgradig unsozial. Von den Menschen, die nach 2025 in Rente gehen werden, werden 40% eine Rente unter der Armutsgrenze beziehen, weil sie auch schon im Arbeitsleben ein geringes Einkommen hatten. Wie diese Menschen mit einem geringen Einkommen aber Geld für Aktien haben sollen, wenn es kaum zu Leben reicht, sagt Merz nicht. Dabei müsste ein führender Politiker sich eigentlich Gedanken machen, wie er die staatliche Rente so reformiert, dass die Rente wieder für alle ein würdiges Leben im Alter möglich macht.
 
Zumal ihm ja ein „kleiner einstelliger Milliardenbetrag“ verkraftbar erscheint. Also zumindest, wenn er damit seinen ehemaligen Arbeitgeber fördern kann. Von Hilfe für die ärmsten Rentner, die trotz eines langen Arbeitsleben im Alter nicht mehr als Hartz 4 bekommen werden, spricht er nicht. Für die dürfte es keinen „kleinen einstelligen Milliardenbetrag“ geben, obwohl gerade bei ihnen jeder Cent zählt.
 
Stattdessen fordert er nun staatliche Subventionen, um denen, die es sich noch leisten können, für das Alter vorzusorgen, Aktien anzudrehen, die dann natürlich von Fonds wie Blackrock verwaltet werden. Unnötig zu sagen, dass Blackrock sich auf die Verwaltung von Pensionsfonds auf Aktienbasis spezialisiert hat und so die ungeheuren Mengen an Kapital einsammeln konnte, die er heute verwaltet. Der Vorschlag von Merz ist also nichts anderes, als ein auf Staatskosten finanziertes Geschenk an seinen derzeitigen Arbeitgeber, denn Merz redet ja auch davon, dies mit Milliarden zu fördern.
 
Auch wenn Aktien in der Vergangenheit eine langfristig sichere Geldanlage waren, ist nicht zu erwarten, dass dies auch in der Zukunft so ist. Durch die Milliarden, die die Zentralbanken seit Beginn der Finanzkrise 2008 und der Eurokrise 2011 jeden Monat in die Märkte pumpen, sind an den Aktienmärkte Blasen entstanden. Die Kurse rennen von einem Rekord zum nächsten und jeder, der sich mit Geschichte der Finanzmärkte befasst hat weiß, dass das ein untrügliches Zeichen für einen bevorstehenden Kurseinbruch oder besser gesagt Crash ist. Das Risiko, dabei Geld zu verlieren, tragen aber nicht Blackrock und Konsorten, sondern die kleinen Anleger, die für ihre Rente sparen.
 
Aber man muss gar nicht in die Zukunft sehen, um das zu verstehen. Eine Regel an der Börse sagt, dass wenn die Masse einsteigt, es Zeit ist, auszusteigen. Erinnern Sie sich noch an die T-Aktie? Das war der letzte staatliche Versuch, die Menschen zu Aktionären zu machen. Wer damals, also 1996, beim viel beworbenen Börsengang der Telekom eingestiegen ist und für 33,20 DM die ersten Aktien bekommen hat und diese zur Altersversorgung eingeplant hatte, der ist ganz schön gekniffen. Die 33,20 DM entsprechen grob gesagt 16,50 Euro, der aktuelle Kurs der Telekom liegt aber bei 15,48 Euro. In 22 Jahren hat die Aktie, abgesehen von der kurzen Rally Ende der 90er, nur Verluste eingefahren, die vom Kleinanleger getragen wurden.
 
Schade um die versprochene Rente, denn schon damals war das Sparen mit Aktien für die Rente ein wichtiges Argument: „Telekom-Chef Sommer sagt: „Die T-Aktie wird so sicher wie eine vererbbare Zusatzrente sein.“
 
Das möchte Merz nun anscheinend wiederholen, wenn er bei Rekordkursen an den Börsen dazu aufruft, doch bitte die Vorsorge für das Alter in Aktien zu machen. Natürlich mit Förderung des Staates und mit Abwälzung des Risikos auf die Kleinanleger. Blackrock verdient sein Geld ja mit der Verwaltung der Aktien, die Kurse sind für Blackrock eigentlich nebensächlich, Hauptsache man verwaltet immer mehr Aktien. Obwohl das beste ist, dass Fondverwalter wie Blackrock bei Kursgewinnen Prämien von den Anlegern kassieren, die Anleger aber für die Verluste allein haften.
 
Ein geniales Geschäftsmodell, das dringend weitere staatliche Unterstützung braucht. Meint zumindest Friedrich Merz.
 
Der nächste Haken ist Hartz 4. Wenn nun ein Arbeitnehmer, der sich von seinem Lohn Geld für Aktien abspart, mal für einige Zeit arbeitslos wird, muss er erst seine Aktien für die Altersvorsorge angeschafften verkaufen, bevor er Leistungen nach Hartz 4 bekommt. Und zwar völlig unabhängig davon, ob er sie dabei mit Verlust verkaufen muss oder nicht. Dazu hat Merz sich jedoch gar nicht geäußert, denn von einer diesbezüglichen Reform von Hartz 4 redet er ja nicht.
 
Wozu auch? Ihm geht es nur darum, Lobbyarbeit für seine Förderer zu machen, in diesem Fall Blackrock. Um die Menschen geht es diesem Mitglied der “gehobenen Mittelschicht“ mit seinen zwei Flugzeugen sicher nicht.
 
Ich habe kein Problem damit, wenn jemand erfolgreich ist und viel Geld verdient. Wenn er dabei aber seine Seele verkauft und so offensichtlich Lobbyarbeit für diejenigen macht, die ihn bezahlen, anstatt Politik für die Menschen zu machen, die ih wählen sollen, dann werde ich eben zynisch.
 
Über ein weiteres Thema aus dem Interview in der Welt am Sonntag berichtet der Spiegel jedoch nicht. Dabei ist es besonders interessant. Man kann in der Welt am Sonntag lesen: „Merz unterstützt den Vorstoß des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, eine Europaarmee zu schaffen.
 
Das ist grundsätzlich ein guter Schritt, vor allem wenn er dazu führt, dass sich Europa in Verteidigungsfragen von den USA emanzipiert, wie Macron es laut eigener Aussage möchte.
 
Aber da Merz auch noch Vorsitzender der Atlantik Brücke ist, die jeden Krieg, den die USA in den letzten Jahrzehnten vom Zaun gebrochen haben, unterstützt hat, ist die Begründung für eine europäische Armee bei Merz eine andere, als bei Macron: „In einem weiteren Schritt müssten wir dann über den deutschen Parlamentsvorbehalt diskutieren, denn er passt nicht zu einer europäischen Armee.“ Diesen Zustimmungsvorbehalt könnte man reduzieren auf ein Rückholrecht, so Merz, „damit der Bundestag nicht über jeden einzelnen Einsatzbefehl vorher abstimmen muss“.
 
In seinen Augen kann man es den Abgeordneten also nicht zumuten, „über jeden einzelnen Einsazubefehl“ abzustimmen, gerade so, als ob eine Parlamentsentscheidung über Kriegseinsätze, etwas unwichtiges wäre. Merz möchte nicht, dass deutsche Abgeordnete darüber entscheiden, in welchen neuen Kriegen deutsche Soldaten ihr Leben riskieren.
 
Im Klartext bedeutet das, dass Merz den Bundestag nicht mehr entscheiden lassen will, wo die Bundeswehr überall Krieg führen darf oder soll. Das führt auf eine Entmachtung des Bundestages in dieser wichtigen Frage und dazu, dass in einem solchen Fall die Bundeswehr zum Erfüllungsgehilfen anderer Länder verkommt, die dann bei jedem Krieg auf Anforderung mitkämpfen muss.
 
Da stören Parlamentarier nur, die ja auch mal gegen einen Einsatz sein oder ihn zumindest einschränken können.
 
Der Vorschlag von Merz ist also nichts weiter als eine weitere Aushöhlung der Demokratie in Deutschland.
 
Und so einer soll möglicherweise nächster Kanzler werden? Na dann gute Nacht…
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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