Grundsatzrede in Kairo – US-Außenminister Pompeo macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt

Heute hat US- Außenminister Pompeo seine mit Spannung erwartete Rede in Kairo gehalten. Beobachter hofften, dass dort nun die neue Strategie der USA für den Nahen Osten verständlicher wird, wenn es denn eine gibt. Die derzeitige Nahost-Politik der USA wirkt nicht so, als stecke da eine Strategie dahinter. Und die Rede heute hat kein Licht ins Dunkel gebracht.
 
Ich habe in den letzten Tagen schon darüber geschrieben, dass die USA im Nahen Osten derzeit ihre Macht verlieren. Noch vor kurzem war es undenkbar, dass irgendwelche Gespräche über die Zukunft im Nahen Osten woanders, als in Camp David oder Washington stattfinden. Heute finden die Gespräche über die Zukunft Syriens in Moskau, Ankara oder Teheran statt. Und die USA sitzen nicht einmal mehr mit am Tisch.
 
Trumps angekündigter Abzug der US-Truppen aus Syrien passt da ins Bild, auch wenn er dafür von allen Seiten kritisiert wird. Aber die US-Truppen haben in Syrien außer Chaos nichts gebracht. Ihr wichtigster Verbündeter ist derzeit die kurdische YPG, immerhin ein Ableger der Terrororganisation PKK. Und entsprechend herrscht in den Gebieten Syriens, wo die USA und ihre Alliierten die Kontrolle haben, Chaos und Gesetzlosigkeit. Außerdem haben die USA mit der Unterstützung der Kurden die Türkei, immerhin ein Nato-Partner, so sehr verärgert, dass Erdogan den US-Sicherheitsberater Bolton vor einigen Tagen nicht einmal empfangen hat.
 
Nun konnte man gespannt sein, ob Pompeo in Kairo tatsächlich eine Grundsatzrede halten würde, die die zukünftige US-Politik erklärt. Aber Fehlanzeige.
 
Die Rede troff von den üblichen Phrasen, wie zum Beispiel, dass die „USA für das Gute“ stehen“ und ähnliches. Aber immer wenn er konkret wurde, dann war die Rede voll mit Unwahrheiten und Widersprüchen.
 
So sprach er davon, dass die USA nie andere Länder erobert hätten, sie würden nur auf Einladung der jeweiligen Regierungen ins Land kommen und dann so schnell wie möglich wieder abziehen. Da wüsste ich gern, wann genau die USA von den Regierungen des Irak oder Afghanistans eingeladen worden sind, als sie sich auf den Weg machten, diese Länder zu besetzen. Auch die Libyer kann man das bei Gelegenheit mal fragen, oder auch die Syrier.
 
Pompeo nannte die Rede Obamas von vor zehn Jahren einen Fehler, wobei er Obama nicht namentlich nannte, sondern nur davon sprach, dass „hier vor zehn Jahren ein anderer Amerikaner“ gesprochen habe. Pompeo sagte, dass der von Obama verkündete „Neuanfang“ in den Beziehungen zum Nahen Osten ein Fehler war und die USA geschwächt habe. An allem Unglück im Nahen Osten gab er Obama die Schuld, am Auftauchen des IS, am angeblichen Erstarken des Iran, an den Entwicklungen im Jemen und am arabischen Frühling.
 
Damit hat er nicht ganz Unrecht, allerdings hat Obama nur das geerntet, was Bush Junior gesät hat. Und wenn Pompeo an diesen Entwicklungen die damalige Schwäche der USA durch Obamas Politik zu erkennen glaubt, dann ist das eine zweifelhafte Interpretation, denn keines dieser Probleme ist nach zwei Jahren Trump kleiner geworden. Die Menschen im Nahen Osten wissen, was in ihrer Region los ist und sie wissen, dass die USA die treibende Kraft hinter dem Chaos sind.
 
Pompeo brüstete sich mit den Geldern, die die USA in den Wiederaufbau des Irak gesteckt haben. Nur vergaß er zu erwähnen, dass die USA das Land bei ihrem illegalen Angriff selbst zerstört haben und es ohne diesen Angriff gar nicht hätte wieder aufgebaut werden müssen. Ganz abgesehen davon, dass der Irak ja keineswegs wieder aufgebaut wurde. Und wenn die USA sich nicht die irakischen Ölquellen unter den Nagel gerissen hätten, dann bräuchte der Irak keine ausländische Hilfe, er könnte senien Wiederaufbau spielend selbst bezahlen.
 
Wenn also Pompeo sich ebenfalls damit brüstete, dass die USA nur kämen, um den Menschen zu helfen, dann weiß man gar nicht, wie hoch die Menschen im Irak vor Freude springen sollen, denn immerhin brachte die US-Hilfe dem Irak Zerstörung, hunderttausende Tote, tägliche Terroranschläge und eine zerstörte Infrastruktur. Wenn so Hilfe aussieht, dann sollte man die Hilfsbereitschaft der USA dankend ablehnen.
 
Und weil die Menschen im Nahen Osten all das wissen, dürfte seine Rede kein positives Echo gefunden haben. Sie war wohl eher für die US-Innenpolitik gedacht, den Menschen in den USA kann man derartige Märchen ja ungestraft erzählen.
 
In Syrien sei der IS nun besiegt, sagte Pompeo. Das stimmt durchaus, nur waren es eben nicht die USA, die den IS besiegt haben, sondern die Russen zusammen mit den syrischen Truppen. Das hinderte ihn aber nicht daran, diesen Sieg für die USA zu beanspruchen. Pompeo behauptete, die USA würden alles tun, um IS und Al-Kaida zu besiegen. Da ist es gut, dass die westlichen Medien vor einigen Monaten die Meldung von AP nicht aufgegriffen haben, als gemeldet wurde, dass die USA im Jemen längst eng mit Al-Kaida zusammenarbeiten. Ein Dementi dazu habe ich nirgends gefunden, wahrscheinlich weil niemand darüber berichtet hat.
 
Es ist praktisch, dass die westlichen Medien derartige Meldungen nicht aufgreifen. Blöd nur, dass die Menschen im Nahen Osten auch eigene Medien haben und die berichten über so etwas.
 
Ganz böse ist für Pompeo der Iran, den er aller möglichen Sünden beschuldigt. Er rühmte die US-Sanktionen gegen den Iran, sagte Israel jede Unterstützung gegen den Iran zu, will nicht ruhen, bis „der letzte iranische Stiefel“ aus Syrien verschwunden ist. Natürlich ist für ihn auch der Iran an dem grausamen Krieg im Jemen Schuld, aber auch im Jemen, so konnte man heute lernen, bringen die USA nichts als Frieden und humanitäre Hilfe. Ich kann mich an viele Meldungen erinnern, in denen die Rede von toten Zivilisten im Jemen war, die von saudischen Bomben oder US-Drohnen getötet worden sind. Aber es gab keine Meldung darüber, dass der Iran dort Menschen getötet hätte.
 
Überhaupt hat der böse Iran in den letzten Jahrhunderten niemanden angegriffen, keinen einzigen seiner Nachbarn. Der einzige Krieg, den der Iran führte, war der Krieg gegen den Irak. Und damals hatte der Irak mit Hilfe und Segen der USA den Iran angegriffen und nicht umgekehrt.
 
Und nicht zuletzt rühmte sich Pompeo auch noch, große Erfolge für den Frieden zwischen Israel und den Palästinensern erreicht zu haben und nannte als Beispiel ausgerechnet die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem, was für die Moslems und vor allem für die Palästinenser die größtmögliche Provokation darstellte. Wie überhaupt die Unterstützung Israels unter Trump neue Höhen erreicht hat, nachdem Trump seinen Schwiegersohn, einen alten Freund Netanjahus, zum Nahost-Beauftragten gemacht hat. Der Frieden, der der Trump-Administration vorschwebt, besteht aus völlig einseitiger Unterstützung aller israelischen Forderungen bei gleichzeitigem Ignorieren der palästinensischen Interessen. Aber durch Unterdrückung ist noch nie ein Frieden erreicht worden.
 
Nachdem dieser Mann in Kairo also 25 Minuten lang völligen Unsinn erzählt hatte, sagte er als „Schlussgedanken“, dass den USA nichts ferner liege, als Imperialismus. Da bin ich aber erleichtert.
 
Ich frage mich nur, warum der Applaus nach der Rede so verhalten war…
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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