Rede an die Nation

Putin im O-Ton über Mieten und Wohneigentum

Am 21. April hat Putin seine jährliche Rede an die Nation, die in diesem Jahr mit besonderem Interesse erwartet wurde. Hier berichte ich über den Teil der Rede, in dem es um das Thema Wohnen ging.

Putins Rede an die Nation ist jedes Jahr ein großes Thema und die Medien im Westen sind dabei stets bemüht, alles wegzulassen, was nicht ins gewollte Bild passt. So wird es auch dieses Mal sein, weshalb ich in mehreren Artikeln ausführlich auf die Rede eingehen und sie übersetzen werde. In diesem Artikel geht es darum, was Putin über das Thema Wohnen gesagt hat.

Die Rede hat fast anderthalb Stunden gedauert und der Schwerpunkt lag auf innenpolitischen Themen, nur etwa zehn Minuten haben sich um die Außenpolitik gedreht, darüber habe ich hier berichtet. Da Anti-Spiegel-Leser immer wieder darum bitten, ich möge mehr über innenpolitische Themen aus Russland berichten, komme ich dem hier nach und berichte über Teile von Putins Rede, in denen es um die Innenpolitik ging.

Worin Russland sich von Deutschland unterscheidet

Als die Sowjetunion zerfallen ist, konnte jeder Russe die Wohnung, in der wohnte, für eine Bearbeitungsgebühr privatisieren. Die Wohnungen wurden zu schuldenfreien Eigentumswohnungen. Dadurch gibt es heute in jeder russischen Familie mindestens eine schuldenfreie Eigentumswohnung. In Russland wohnt praktisch kein Rentner zur Miete, ich habe in Russland noch von keinem Rentner gehört, der zur Miete wohnt. Und wenn die Rentner – so ist leider das Leben – sterben, erben die Kinder die Wohnung.

Daher ist die Quote an Wohneigentum in Russland ungleich höher als im Westen und jeder junge Mensch will möglichst schnelle eine Wohnung kaufen. Der Stellenwert von Wohneigentum ist in Russland sehr hoch. Ich selber kenne viele junge Leute unter 30, die sich bereits eine Eigentumswohnung gekauft haben, wenn auch finanziert. Das ist in Russland wesentlich einfacher, weil die Preise sehr viel niedriger sind als im Westen.

Die niedrigen Immobilienpreise haben Gründe: So gibt es in Russland zum Beispiel keine Wohnungsbaugesellschaften, deren Geschäftsmodell es ist, hunderttausende Wohnungen zu besitzen und zu vermieten. Dieses Geschäftsmodell ist in Russland unbekannt.

In Russland herrscht aber ein ungeheurer Bauboom, alleine in Petersburg, wo ich lebe, wurden in den letzten Jahren nicht nur neue Wohngebiete, sondern gleich mehrere komplett neue Stadtteile inklusive Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und so weiter gebaut. Der Unterschied zum Westen ist, dass all diese neuen Wohnungen an private Eigentümer verkauft werden, die dort einziehen. Es sind also alles Eigentumswohnungen, keine Wohnungen zur gewerblichen Vermietung.

Und dieser Bauboom führt dazu, dass es in Russland mehr als genug Wohnraum gibt. In Russland können sich die Mieter (die gibt es natürlich auch, wenn zum Beispiel junge Leute bei den Eltern ausziehen oder Studenten in einer anderen Stadt studieren) den Vermieter aussuchen. Wer eine Wohnung sucht, findet in wenigen Tagen eine. Die Situation auf dem russischen Wohnungsmarkt ist also eine völlig andere als in Deutschland und im Westen insgesamt.

Und natürlich sind dadurch nicht nur die Mieten niedriger, sondern auch die Kaufpreise. Im Westen treibt das knappe Angebot die Preise in die Höhe, in Russland hält der (staatlich geförderte) Boom im Wohnungsbau die Preise vergleichsweise niedrig.

Dazu und und zu den weiteren Plänen der Regierung, sagte Putin in seiner Rede:

„Der Ausbau der Infrastruktur in großem Maßstab stellt die Bauindustrie vor grundlegend neue Herausforderungen. Im recht schwierigen vergangenen Jahr hat sie reibungslos funktioniert und für die Fertigstellung von mehr als 80 Millionen Quadratmetern Wohnraum gesorgt. Das ist ein gutes Ergebnis. Je mehr wir bauen, desto erschwinglicher wird der Wohnraum für russische Familien.
Deshalb haben wir das ehrgeizige Ziel, darüber haben wir schon gesprochen, jedes Jahr rund 120 Millionen Quadratmeter neuen Wohnraum zu bauen, und dieses ehrgeizige Ziel bleibt bestehen. Daher müssen wir einen speziellen Mechanismus zur Förderung des Wohnungsbaus vorsehen.“

Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse.

https://anti-spiegel.com/2019/was-sagt-putin-selbst-zu-den-fragen-der-interbationalen-politk-hier-kommt-er-zu-wort/
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

33 Antworten

    1. Kommt drauf an wo Sie hinwollen. Moskau und Sankt Petersburg dürften mit am teuersten sein, aber es scheint mir immer noch günstiger als andere Weltstädte. Aber „billig“ ist Russland ganz und gar nicht. Hier mal ein paar Wohnungen in Moskau (1 Million Rubel sind ca. 10.000 Euro):

      https://realty.yandex.ru/moskva/kupit/kvartira/

      Was ich gerne wüsste, ob man russischer Staatsbürger sein muss um dort Immobilien erwerben zu können.

      1. Meines Wissens kann man auch als externer Staatbürger Immobilien erwerben. Es gibt glaube ich ein Programm, wo man mindestens 350 Tod USD investieren muss und bekommt dann eine Residential Permit in Russland.

        1. Thats it, aber trotzdem scheinen selbst diese Metropolen im Vergleich noch günstig. Ich hab mal vor Jahren Budapest geguckt wegen Wohnungen und da waren die Preise schon im Himmel, selbst für kleinste 1-Zimmer Appartements im Wohnblock irgendwo in einem der Außenbezirke, wo seit Kadars Zeiten nichts mehr dran gemacht worden ist.

          Samara ist ja mal geil! Und die Treppenhäuser scheinen mir sauberer als in Ungarn. Natürlich in der Wohnung erstmal die grauenhaften Tapeten runter und neues Bad rein. Könnte ich mich als Handwerker richtig austoben.

      2. Ja das stimmt, Sankt Petersburg und Moskau müssen bei solchen Dingen immer ausgeklammert werden. Die ticken einfach anders als der Rest Russlands.
        Trotzdem sind die Lebenshaltungskosten verhältnismäßig günstiger als im Westen. Da kann man gut in einer Stolovaya für umgerechnet 3€ eine warme Mahlzeit mit Beilage und Getränk genießen. Auch der öffentliche Personennahverkehr ist günstiger, pünktlicher und sauberer als bei uns. Auch die Supermärkte, sowohl russische wie Magnit oder westliche wie Spar haben faire Produktpreise finde ich.

  1. Und mal wieder hat Russland alles richtig gemacht! Während bei uns in Deutschland die Verrückten die Einfamilienhäuser verbieten wollen, gleichzeitig aber in Berlin den Mietendeckel aufheben, sodass große Wohngesellschaften weiterhin die Mieter ausplündern können. Also die Geringverdiener werden gegängelt, und die Mittelschicht wird enteignet.

    1. Immer wenn ich nach Russland schaue, lerne ich als Europäer, was eine Regierung, die dieser Bezeichnung würdig ist, eigentlich macht und werde dann gleichzeitig traurig, angesichts der Irren und Monster die unseren Kontinent scheinbar planmäßig gegen die Wand fahren.

      1. Und da wären wir dann wieder beim Stichwort Unterwanderung.
        Die Globaliserung ist de facto eine Amerikanisierung der Welt. Die ganzen Machthaber aus der EU handeln offenkundig nicht im Interesse ihrer Bürger, sondern im Interesse des amerikanischen Kapitals. Brüssel soll 27 gehorsame Absatzmärkte für amerikanische Produkte und Dienstleistungen bereitstellen, auf denen man dann noch zusätzlich Soldaten und Rüstung parken kann. Ich bin nun wirklich kein Freund von Emmanuel Macron, aber er hatte Recht als er sagte, dass wir als Europäer selbstständiger werden müssen und ein eigenes Verteidigungs und Sicherheitskonzept brauchen. Dem würde ich ergänzen, dass dieses Konzept unbedingt Russland mit im Boot haben muss.

        1. Wir bräuchten mittlerweile so vieles in Europa…politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und vor allem im Denken. Ich sehe auch nur noch Russland, das uns da ein Alternativmodell bieten kann (vor allem was Gesellschaft und Geist betrifft).

          1. Genau. So verrückt es klingt, aber wir bräuchten eine Art West-Perestroika, bei der wir anfangen müssten unser politisches/wirtschaftliches/soziales Handeln komplett umzubauen, neuzudenken und zu hinterfragen. Russland liefert zurzeit so viele gute Ideen und Umsetzungsbeispiele, da könnten wir uns sicherlich Eineiges abgucken!

  2. „Das ist in Russland wesentlich einfacher, weil die Preise sehr viel niedriger sind als im Westen.“

    Sehr geehrter Herr Röper,

    nach kurzer Recherche bzgl. der Immobilienpreise in Russland: Häuser schwanken, je nach Lage, zwischen 150.000 – 1.500.000 €
    (zumindest auf den hier verfügbaren Plattformen)

    Das sind auch die üblichen Preise in Deutschland.

    Können Sie uns dazu aufklären?

    Dank im Voraus

      1. Hier mal ein Beispiel:

        https://www.immowelt.de/ausland/russische-foederation/haeuser/kaufen

        Die Preise beziehen sich natürlich nicht nur auf Moskau. Vereinzelt gibt es sicher auch günstigere Angebote. Diese finden Sie jedoch auch in anderen europäischen Ländern und bemessen sich u.a. am Bauzustand. Der Durchschnittspreis scheint jedoch nicht wesentlich anders als bei uns. Auch in Deutschland schwanken die Preise natürlich je nach Lage (zB. Berlin oder Sachsen Anhalt). Sie haben in ihrem Artikel ja auch als Beispiel St. Petersburg erwähnt. Ich wäre sehr daran interessiert woher Sie Ihre Informationen über die Kaufpreise herbeziehen.

        1. Meinen Sie das ernst?
          Würden Sie ein Haus in Deutschland über eine amerikanische Webseite kaufen? Oder doch eher über eine deutsche? Welche kennt wohl den deutschen Markt?
          Sorry, aber ich will das nicht weiter kommentieren. Wer sucht bitte Immobilien auf einer Seite eines völlig anderen Landes?

          1. Sehr geehrter Herr Röper, wie der vorherige Kommentator bereits vermutet hat, bin ich nicht der russischen Sprache mächtig und kenne mich in dem Land auch nicht aus. Wenn Sie sagen, dass diese Preise aus meinem Beispiel völlig unrealistisch sind, nennen Sie mir / uns doch gern mal eine Seite auf die sich Ihre Aussagen berufen.

            Wäre das möglich?

            Ich bin sehr an Russland und den von Ihnen geschilderten Möglichkeiten interessiert.

    1. Sowas hatte ich auchmal recherchiert.
      Die Mieten waren doppelt so hoch wie die Gehälter (als Fachmann). Vllt hab ichs auch falsch gegoogelt.
      Aber scheint, als wenn man in Russland schon Immobilien besitzen muss, um dort zu leben.
      Oder eben nen Haufen Geld mitbringt. Und mit Geld is überall schön.

    2. Also, in Großstädten ist es normal immer teurer. Besonders Moskau, Petersburg und Sochi sind derzeit wohl die teuersten Gegenden und kaum noch zu bezahlen. In kleineren Städten (um die 200.000 Einwohner) sind Wohnungen und Häuser günstiger, z.B. renovierte Wohnung, 70 qm, 3 Zimmer ab 2 Mio Rubel (ca. 22.000€) – Häuser, da kommt es darauf an, was man möchte, 100qm ab ca. 50.000€, die Russen machen aber dann noch viel in Eigenleistung! Nach oben sind, wie überall, keine Grenzen gesetzt. Bei den Lebenshaltungskosten kommt es auf den eigenen Standard an. Ja, man kann günstig russische Produkte kaufen (ein Lada ist auch günstiger als ein VW). Wenn man aber seine „westlichen“ Produkte bevorzugt, dann ist es nicht günstiger als in D. Liter Benzin 0,50 – 0,60 €, Taxi (extrem günstig!), Bus, Bahn und innenrussische Flüge werden sehr günstig angeboten. Dienstleistungen sind sehr günstig, Preise für gute Hardware (z.B. Küchenmaschinen, TV usw) in guter Qualität wie in D.

  3. Heute Nacht 01:00 wurde ich rein zufällig von den Nachrichten des SRF/3Sat belästigt – ganz schwere Kost.

    Die Schweizer haben es tatsächlich fertiggebracht, zum Inhalt der Rede praktisch nichts zu sagen – das Bedeutenste, über das man uns dingenst zu informieren, für notwendig erachtete, war das „Hüsteln“ zu Beginn.

    Und damit wir alle jeglicher Zweifel darüber enthoben werden, wie tief es sich auch die Schweizer im US-amerkanischen Arsch gemütlich gemacht haben, erfahren wir sehr ausführlich von den „landesweiten Massenproteste“ dieser „Nawalnidioten“, welche uns als die, die RF im Allgemeinen, und Putin im Besonderen, erschütternden Ereignisse vermittelt wurden.
    Schnappatmend durfte dazu auch eine Schweizerin*in kremlastrologische Weissagungen aus „Vor Ort“ verkündigen.

    Liebe jüngeren Brüder und Schwestern, nehmt’s mir nicht übel, aber ganz allgemein, wenn ich diese Jüngelchen und Mädels da im Fersehen, aus ihrem vermeintlichen Olymp auf uns herabschauend, abgrundtiefe Banalitäten mit diesem Pathos von Weltbewegtheit daher plappern sehe…. da ist mir auch wie Auswandern…nach Kamtschatka… Vulkane bewachen.

    1. Ich war auch erst etwas erschrocken dass es in Russland immer noch (vor allem junge) Menschen gibt, die sich von diesen Rattenfängern einlullen lassen (sehen die eigentlich nicht was hier bei uns in der EU abgeht?) – aber insgesamt scheinen das doch sehr wenige zu sein, siehe dieser Kommentar:

      In GANZ Russland (145 Millionen-Land) sollen nicht mal 50.000 Protestler zusammengekommen sein.
      Organisatoren schätzen mehr, aber die Bilder sprechen für sich.
      So sah das beispielsweise in Blagoweschensk aus. Da kam rein niemand zu der angekündigten Demo
      https://twitter.com/NikGerassimow/status/1385119869570539521

      1. Och der „FlashMob“ ist doch ein heiden Spaß, und ganz Blöde handeln sich da auch mal schnell ein paar Hundert Geburtstagsgäste ein, und Randale ist ja mehr oder weniger überall auf dem Vormarsch – weil „Freiheit“ und so.

        Mehr Sorgen machen mir da dieser Ärzteverein, oder allgemeiner diese liberalen „Intellektuellen“, oder sog. Künstler, die das „Gesetz“ auch nicht interessiert, und die da z.T. eine Verachtung für ihr eigenes Volk zum Ausdruck bringen, die in der Welt ihres Gleichen sucht, und das man das ihnen von Volkes Seite durchgehen läst, ist ebenso beisspiellos.

        Um es mal klar und deutlich zu sagen:

        Rusßland kann noch „fallen“, aber wenn es fällt, dann nur über seine eigenen „Liberalen“.

    2. Ich mag die Berichte der beiden Journalisten aus der RF weder hören, noch auf SRF – News lesen, weil es immer dieselbe Leier ist.
      Die meisten Leserkommentare auf ihre Berichte folgen auch brav dem ausgelegten Köder, wie bei einem Windhundrennen.
      Wenn ich die Wahrheit als Bajkalsee nehme, gleichen deren Aussagen unbelüfteten Gartenteichen…

      Und falls es so schlimm wäre in der RF wie die beiden gerne erzählen, wären sie sehr viel vorsichtiger damit, was sie uns zum Besten geben.

  4. Ja, das mit den Eigentumswohnungen stimmt. Hat der Anhang meines Mannes alles selber bekommen. Da sieht man, daß uns DDRlern die Wende nichts Positives hinterlassen hat. Was mich irritiert und erschreckt, sind die Neubauten auch in Moskau und anderen Großstädten. Alle global gleich—Glas, Beton und häßlich.

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