Wie in Russland über die Ukraine berichtet wird: „An allen Fronten gegen Russland“
Das russische Fernsehen hat am Sonntag in der Sendung „Nachrichten der Woche“ natürlich als Schwerpunkt die Lage in der Ukraine gehabt. Ich habe alle Beiträge aus der Sendung übersetzt, damit sich deutsche Leser einen Eindruck davon machen können, wie in Russland berichtet wird.
In diesem ersten Beitrag ging es um die Lage in der Ukraine selbst, am Ende der Übersetzung finden Sie Link zum nächsten Beitrag. Vor dem Bericht über die Lage in der Ukraine gab es noch eine kurze Einleitung des Moderators im Studio, die auch übersetzt habe.
Beginn der Übersetzung:
Der russische Präsident führte zwei Telefongespräche, eines mit Bundeskanzlerin Merkel und eines dem türkischen Staatschef Erdogan, in beiden ging es um die Ukraine. Allein die Tatsache, dass vor dem Hintergrund der offensichtlichen Zunahme der Spannungen auf der Kontaktlinie im Donbass solche Gespräche geführt werden, zeigt den Ernst der Lage und die aktiven Bemühungen Russlands, einerseits zu erklären, was geschieht, und andererseits vor unvernünftigen Handlungen zu warnen, einfacher gesagt, vor der Entfesselung eines neuen Krieges dort.
Nach Angaben des Kreml-Pressedienstes sei das Gespräch mit Merkel „detailliert“ gewesen und
„der russische Präsident und die deutsche Kanzlerin äußerten sich besorgt über die Eskalation der Spannungen im Südosten der Ukraine. Wladimir Putin wies auf die provokativen Aktionen Kiews hin, die die Lage auf der Kontaktlinie in letzter Zeit gezielt verschärft haben. Es wurde auf die Notwendigkeit einer strikten Umsetzung der bisherigen Vereinbarungen durch die Kiewer Regierung hingewiesen, vor allem auf die Aufnahme eines direkten Dialogs mit Donezk und Lugansk und die rechtliche Ausgestaltung des Sonderstatus des Donbass. Die Konfliktparteien werden zur Zurückhaltung und zur Wiederbelebung des Verhandlungsprozesses aufgerufen, um das Minsker Abkommen von 2015 als alternativlose Grundlage zur Regulierung vollständig umzusetzen. Es wurde der Wille für eine weitere enge Koordinierung durch politische Berater und Außenministerien geäußert, um die Bemühungen Russlands und Deutschlands, auch im Normandie-Format, weiter fortzusetzen.“
Die Pressemeldung klingt traditionell trocken, aber selbst diese Zeilen sind mit der Energie der Konfrontation aufgeladen, die im Donbass wächst. Es ist klar, dass es für die Türkei als wichtigen Akteur in der Schwarzmeerregion wichtig ist, sich bei diesem Thema zu positionieren. Erdogan verhält sich generell vorsichtig gegenüber Russland und ist nicht bereit, die Beziehungen zu Putin für die Ukraine zu verderben. Deshalb bat Erdogan am Vorabend des Türkei-Besuchs des ukrainischen Präsidenten um ein Telefonat mit dem Kreml. Und das ist das Ergebnis:
„Auf Wunsch von Recep Tayyip Erdogan skizzierte Wladimir Putin die russischen Ansätze zur Lösung der internen Krise der Ukraine. Er hat betont, dass die alternativlose Grundlage zur Regulierung das Minsker Abkommen von 2015 ist. Gleichzeitig er seine Besorgnis darüber geäußert, dass die ukrainische Seite sich der Umsetzung des Minsker Abkommens entzieht und seit kurzem wieder gefährliche provokative Aktionen zur Verschärfung der Situation auf der Kontaktlinie aufnimmt.“
Es ist klar, dass Putin über den Beschuss des Donbass gesprochen hat, über die Opfer, über das Vorrücken der ukrainischen Streitkräfte an die Positionen von DNR und LNR. Über die Züge mit Waffen und den Aufbau der militärischen Einheiten der Ukraine.
Gleichzeitig können Putin alle Aussagen Selenskys, er wolle den Konflikt nicht gewaltsam lösen, nicht täuschen. Zuallererst haben alle Worte Selenskys, wie die Erfahrung zeigt, kein Gewicht. Zweitens verlässt sich Putin bei seinen Entscheidungen nicht auf die Worte von irgendwem. Worauf er sich verlässt, erklärte er vor fünf Jahren in einem Interview mit italienischen Journalisten: „Russland spricht mit niemandem im Ton von Konflikten, und wie ein der Politiker der Vergangenheit, Otto von Bismarck, sagte, sind nicht die Gespräche wichtig, sondern das Potenzial.“
Wir werden später vom schnell wachsenden militärischen Potenzial der Ukraine auf der Kontaktlinie im Donbass erzählen. Wir werden auch darüber sprechen, wie Bidens Amerika Kiew unanständig in den Krieg drängt, jubelt, und militärische Unterstützung verspricht und Russland im Voraus der Aggression bezichtigt. Nach dem Motto, sollte etwas passieren, haben wir Euch gewarnt. Aber so werden Kriege vorbereitet. Es scheint, dass das gegenwärtige Amerika sich ein Beispiel an Lord Palmerston genommen hat, dem britischen Premierminister des Krimkrieges: „Wie schwierig ist es, auf dieser Welt zu leben, wenn niemand Krieg mit Russland führt.“ Das heißt, sie schlafen und sehen zu, wie sie irgendeine Bosheit arrangieren können, um dabei aber selbst außen vor zu bleiben.
Ein Bericht aus der Ukraine.
Selensky ist in die Türkei gereist und zwar nicht in den Urlaub, wie es zuvor oft der Fall war. Schon am Flugzeug haben ihn Militärs in NATO-Uniform begrüßt. Die Türkei hat nach den Vereinigten Staaten die zweitgrößte Armee in dem Bündnis. Und Präsident Erdogan hat seit langem versprochen, türkische Kampfdrohnen vom Typ Bayraktar in die Ukraine zu liefern.
Die ersten Exemplare wurden vor kurzem im Donbass eingesetzt und patrouillierten das Gebiet entlang dieser Route: über Kherson, Zaporozhskaya, Dnipropetrowsk und Charkiw. Und dann auf dem gleichen Weg zurück.
Die gemeinsame Manöver von ukrainischen und NATO-Truppen finden regelmäßig statt, aber noch nie zuvor war so viel militärische Ausrüstung des Bündnisses in dem Land. Jetzt werden Transportflugzeuge der US-Luftwaffe in Kiew und in Lwow entladen.
Und in Odessa kommt das vom Pentagon gecharterte Frachtschiff „Ocean Glory“ an. Offiziell ist all das für das Manöver „Kastskaja Bulava“, das Teil des noch größeren Manövers Defender Europe-2021 ist.
„Wird es echte militärische Hilfe geben?“, fragte eine Journalistin?
„Wir fordern sie und wir wissen, dass wir diese Hilfe bekommen werden. Darüber hinaus sind diese Manöver, wenn man logisch denkt, eine direkte Demonstration an Russland, dass es sich nicht einmischen sollte, das nicht einmal versuchen sollte, weil das eine militärische Antwort der NATO bedeuten würde“, sagte Alexey Arestovich, Sprecher der ukrainischen Delegation in der Trilateralen Kontaktgruppe.
Aber bisher sind nur Verlegungen ukrainischen Einheiten in den Osten der Ukraine sichtbar. Ganze Güterzüge mit militärischer Ausrüstung werden im Land gefilmt.
Zum ersten Mal werden Rekruten nach dem neuen, von Selensky unterzeichneten, Gesetz gemustert. Wer sich dem Militärdienst verweigert, dem drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.
„Das Gesetz sagt, dass in Zeiten der sogenannten „besonderen Situation“ Reservisten eingezogen werden können. Wir haben diese „besondere Situation“ seit acht Jahren“, sagte Rechtsanwältin Victoria Ivasik.
Und jeder ukrainische Politiker hält Säbelrasseln für eine Frage der Ehre.
„Die Waffen sind gereinigt und bereit. Obwohl ich nicht gut sehen kann, schieße ich gut. Und das werde ich tun, solange meine Hände eine Waffen halten können, solange ich den Feind sehe“, sagte Leonid Krawtschuk, Leiter der ukrainischen Delegation bei der Trilateralen Kontaktgruppe und ehemaliger ukrainischer Präsident.
Und das ist die Waffe, mit der Krawtschuk droht, es ist übrigens ein Nazi-Gewehr. Und er leitet die Kontaktgruppe, die theoretisch Friedensgespräche in Minsk führen soll. Aber der Ukraine gefällt weder die Zusammensetzung der Delegationen, noch der Ort der Verhandlungen.
„Selbst wenn die Quarantänebeschränkungen morgen vorbei sind und wir aufgefordert werden, die Gespräche wie bisher in Minsk fortzusetzen, werden wir unsere Delegation nicht dorthin schicken. Wir werden uns nach einem anderen Land und einer anderen Stadt umsehen müssen“, sagte Alexej Reznikow, stellvertretender Ministerpräsident der Ukraine und Minister für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete.
Dabei geht es natürlich nicht um die Stadt. Die Ukraine, die sich als Verlierer des Abkommens betrachtet, versucht seit langem, das Minsker Abkommen zu zerreißen oder neu zu schreiben. Präsident Selensky will eine Revanche und zeigt sich immer öfter in Militäruniform.
Das ist eine starke Kehrtwende, denn mit diesen Slogans ist er vor zwei Jahren als Friedens-Präsident an die Macht gekommen.
„Wir wollen keinen Krieg mehr. Und wir haben diesen Krieg nicht angefangen. Und wenn wir auch nur irgendeine Möglichkeit gibt, diesen Krieg zu beenden, müssen wir alles dafür tun“, sagte Selensky im Wahlkampf.
Zunächst kam er in Zivil zur Demarkationslinie und überzeugte die Nationalisten davon, mit den Schießen aufzuhören. Vor einem Jahr, bei seinem nächsten Besuch im Osten des Landes, legte er eine kugelsichere Weste an, wenn auch falsch herum. Und die Menschen auf der anderen Seite hat er schon vorsichtig als Gegner angesehen.
Jetzt, als er wieder im Donbass war, war er schon in voller Montur und ging zusammen mit bewaffneten Soldaten durch den Schlamm der Gräben. Und er schien mit seiner eigenen Verwandlung in den Kriegspräsidenten recht zufrieden zu sein.
„Diejenigen, die in der Ukraine an der Macht sind, sollten im Donbass sein, das ist sehr wichtig. Erstens für die Soldaten, damit sie verstehen, dass sich die Regierung nicht in Büros versteckt, sondern da ist, wo es wirklich schwierig ist, wo, offen gesagt, wirkliche Helden über das Schicksal der Ukraine entscheiden und ihre Grenzen schützen. Niemand kann in hohen Ämtern arbeiten, wenn es niemanden gibt, der die Grenzen schützt“, sagte Selensky.
Er brachte Militärattachés von NATO-Ländern mit, zum Beispiel trug US-Army Colonel Brittany Stewart ganz offen ein ukrainisches Abzeichen mit gekreuzten Knochen: Das ist eigentlich das Emblem der SS-Division „Totenkopf“.
„Das ist ein ziemlich riskantes Spiel und es kann schlecht enden, vor allem für uns, für die Ukraine. Ich fürchte sehr, dass es zu einem Fall wird, wie die Situation in Georgien. In den Tagen des Besuchs von Selensky wehte über den ukrainischen Stellungen demonstrativ die schwarz-rote Bandera-Flagge und darüber, auf einer dominanten Anhöhe, sogar die Hakenkreuzflagge. Die russische Trikolore wird in der Ukraine verbrannt“, sagte der ukrainische Politologe Michail Pogrebinski.
Ukrainische Radikale, die ihrer Regierung ohnehin ständig die Bedingungen diktieren, sind jetzt noch aktiver. Der Anführer des „Nationalen Korps“ mit dem Kampfnamen „Weißer Führer“ ruft alle in Trainingslager in der Nähe von Kiew.
„Ohne auf die Befehle eines Präsidenten zu warten, werden wir eine eigene territoriale Verteidigung für uns selbst schaffen“, sagte Andrej Biletski, Vorsitzender der Partei des Nationalen Korps.
Sie alle motiviert, dass die offizielle Website der NATO nun auch auf Ukrainisch lesbar ist.
Die Waffenlieferungen aus den USA haben sich nach Pentagon-Berichten im vergangenen Jahr verdoppelt, allerdings konnte das vielgelobte Panzerabwehrsystem Javelin, als es das einzige Mal in der Ukraine getestet wurde, nicht abgefeuert werden, es hatte Ladehemmung.
Die Verschlimmerung im Donbass ist auch ein hervorragendes Ablenkungsmanöver. Sie lenkt davon ab, dass man an einer anderen Front verliert: Beim Coronavirus.
„Natürlich ist in erster Linie Selensky daran interessiert. Er muss die Aufmerksamkeit von der Verarmung der Menschen und vom Scheitern des Programms zur Bekämpfung der Pandemie ablenken“, sagte Nikolai Asarow, ehemaliger Ministerpräsident der Ukraine.
Das Land bricht alle Rekorde bei den Infektionen und der Sterblichkeit. Lockdown in den größten Städten Kiew und Charkiw. Schulen und Kindergärten sind geschlossen. In öffentliche Verkehrsmittel kommt man nur mit Sonderausweisen. Und die wurden so schnell eingeführt, dass nicht jeder genug Zeit hatte, sie zu bekommen.
Gleichzeitig ist die Impfrate die niedrigste in Europa, es gibt einfach keine Impfstoffe. Die Ukraine hat den russischen Sputnik-V abgelehnt, die winzigen Chargen des indischen Covishield und des chinesischen Sinovac gehen zur Neige.
„Sie wissen sehr gut, wie alle Impfstoffverträge gebrochen werden. Eineinhalb Millionen Dosen sollten bis zum 31. März eintreffen, danach hat die indische Regierung ein Lieferverbot verhängt“, sagte Maxim Stepanow, Gesundheitsminister der Ukraine.
Und der Vertrag mit Pfizer über 10 Millionen Dosen, der von Selensky in Siegerpose verkündet wurde, entpuppte wieder als mythisch. Der Direktor des staatlichen Unternehmens „Medizinische Einkäufe der Ukraine“ hat es gelesen. „Es ist eine Absichtserklärung, kein Kaufvertrag. Die Parteien haben sich sozusagen darauf verständigt, dass sie weiter verhandeln“, erklärte er.
Dem Land fehlen Intensivbetten in Krankenhäusern und bei den Sitzungen der operativen Stäbe ist man vollauf damit beschäftigt, nicht aus Versehen Russisch zu sprechen. (Anm. d. Übers.: An dieser Stelle wird gezeigt, wie eine Medizinerin versucht, auf Ukrainisch die Lage zu schildern, aber immer wieder ins Russische wechselt, weil sie die ukrainischen Worte nicht kennt. In der Ukraine gilt seit Januar ein Sprachgesetz, dass Russisch praktisch überall, außer im Privatleben, verbietet)
Solche Sprachschwierigkeiten, wie in Odessa, sind nicht selten, und der Wunsch, auf Russisch zu sprechen, muss irgendwie auf staatlicher Ebene erklärt werden.
„Russland hat kein Monopol auf die russische Sprache. Es ist höchste Zeit, dass wir Russisch demonopolisieren und laut sagen, dass es ukrainisches Russisch in der Ukraine gibt“, sagte Julia Mendel, die Sprecherin des Präsidenten der Ukraine.
Zur gleichen Zeit hat das Land die letzten russischsprachigen Schulen geschlossen und und Russisch sogar im Dienstleistungssektor verboten: All das als Folge von Dokumenten, die von Präsident Selensky unterzeichnet wurden. Es geht gleichzeitig an allen Fronten gegen Russland.
Ende der Übersetzung
Den zweiten Teil der russischen Berichterstattung von Sonntagabend finden Sie hier, den dritten Teil finden Sie hier.
Wenn Sie sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahres 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 670 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.
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Die ukrainischen Nationalisten werden die Ukraine über kurz oder lang zerstören. Die Ukraine ist ein heterogenes Land mit verschiedenen Sprachen. Die Ukraine könnte nur nach dem schweizerischen Prinzip der Mehrsprachigkeit fortbestehen, alles andere ist Irrsinn. Der Kampf der Ukropnazis gegen die Russische Sprache ähnelt Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen. Nur leider ist es nicht lustig und zutiefst menschenverachtend. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass neben Krim und Donbass auch die Oblaste Odessa, Charkow und Dneprpetrowsk der Ukraine abtrünnig werden. Kein Vernünftiger Mensch wird sich noch länger den Mund verbieten lassen. Und die Kinder haben ein Recht darauf Unterricht in ihrer Russischen Muttersprache zu erhalten!
Wenn die Ukrainer so ausgebildet werden, wie auf dem Titelfoto zu sehen, tun die mir Leid. Ich sehe da nur gefundenes Fressen für MG-Schützen.
Die Kriegsvorbereitungen sind weitgehend abgeschlossen, die OSZE Feuerleit-Offiziere, haben die Ziele GPS Markiert, die Masse an Soldaten, an der Front kosten viel Geld und die City u. Wall Street u.Berlin will nun endlich Ergebnisse sehen, die Bereinigung, der rückwärtigen Räume hinter der Ostfront, statt immer nur die Etappe zu Finanzieren.