Nach der Wahl

Wo bleibt die Farbrevolution in Georgien?

Nach der Wahl in Georgien wurde der Versuch eine Farbrevolution erwartet, aber außer einer mäßig besuchten Kundgebung der Opposition ist es in Georgien bisher ruhig geblieben und außer Protesten und Drohungen aus dem Westen ist auch politisch nicht viel passiert. Ist die Farbevolution gescheitert oder wurde sie abgesagt?

Wenn man den allgemein bekannten „Handbüchern“ für Farbrevolutionen folgt, ist die nach der Wahl vom Samstag erwartete Farbrevolution in Georgien ausgeblieben oder gescheitert. Eigentlich hätten die Opposition, die westlichen Medien und die vom Westen finanzierten NGOs in Georgien ab Sonntag heftig gegen die Wahlergebnisse protestieren und von Wahlfälschung sprechen müssen, was dann die Massen auf die Straßen getrieben hätte. Im Zuge der Proteste hätten Provokateure dann die Polizei angegriffen und wenn die Polizei darauf reagiert, hätten die Opposition, die westlichen Medien und die vom Westen finanzierten NGOs in Georgien eine massive Kampagne wegen angeblicher Polizeigewalt gestartet. Wenn die Regierung dann immer noch nicht zurückgetreten wäre, wäre die Lage eskaliert und es hätte Tote gegeben, sodass die Regierung schließlich zum Rückzug gezwungen gewesen wäre.

So sieht es das Drehbuch für Farbrevolutionen vor, das wir in den letzten beiden Jahrzehnten in vielen Ländern in von Serbien vor über 20 Jahren, über die Ukraine und den Maidan, den „arabischen Frühling“ und andere beobachten konnten. In Georgien ist das bisher nicht passiert.

Ist die Farbrevolution gescheitert?

Allerdings lief der Beginn nach Plan. Schon in der Wahlnacht haben die Opposition und die pro-westliche Präsidentin von Wahlbetrug gesprochen und deutsche Medien wie der Spiegel berichten täglich, die Wahl sei nicht „nur an der Urne, sondern auch durch Einschüchterung, Stimmenkauf und andere Methoden“ manipuliert worden.

Diese Horrormeldungen mögen in Deutschland, wo kaum jemand weiß, wo Georgien eigentlich genau liegt, funktionieren, aber offenbar funktioniert das in Georgien nicht, wo die Menschen erlebt haben, dass es all das nicht – oder bestenfalls in Einzelfällen – gegeben hat, wobei der Verdacht besteht, dass die Provokationen von der Opposition selbst ausgegangen sind, weil die Regierungspartei in allen Umfragen geführt hat und sich mit solchen Methoden nur unnötig selbst geschadet hätte.

Am Sonntag, dem Tag nach der Wahl, erklärte die georgische Präsidentin zusammen mit der Opposition, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen und die Opposition will ihre Parlamentsmandate nicht annehmen. Vertreter des Westens sprechen von Wahlmanipulation und fordern Aufklärung. Für Montag wurde vor dem Parlament zu eine Demonstration gegen das Wahlergebnis gerufen, aber der Zulauf blieb wohl weit hinter den Erwartungen der Organisatoren zurück. Nach dem Ende der Demo gingen alle brav nach Hause und alles blieb ruhig.

Russische Experten haben schon vorher vermutet, dass die Opposition, die westlichen Medien und die vom Westen finanzierten NGOs in Georgien wohl nicht in der Lage sein werden, genug Anhänger zu mobilisieren, um eine Farbrevolution nach Drehbuch und mit Aussichten auf Erfolg auf die Beine zu stellen. Wie es jetzt scheint, hatten sie recht.

Die Opposition hat am Montag bei der Demo zwar verkündet, sie werde die Öffentlichkeit über ihre weiteren Schritte informieren, aber gekommen ist bisher nichts. Aber damit eine Farbrevolution funktioniert, muss man das Momentum und die Emotionen nutzen, also schnell handeln. Je mehr Zeit seit der Wahl verstreicht, desto geringer werden die Chancen, die Anhänger massenhaft zu mobilisieren. Ich vermute, dass, wenn am Wochenende nicht noch etwas passiert, die Farbrevolution ausbleiben wird.

Ich werde nun ausführliche eine Chronologie der Ereignisse in Georgien seit Montag zusammenstellen, weil die westlichen Medien im Grunde alles, was seit der Wahl passiert ist, verschweigen. Das gilt besonders für die absurde Tatsache, dass die georgische Präsidentin es öffentlich abgelehnt hat, ihre angeblichen Beweise für Wahlfälschung irgendwem zu zeigen.

Um zu verstehen, wie absurd die in Georgien derzeit ablaufenden Dinge sind, lohnt es sich, diese Chronologie komplett und aufmerksam zu lesen, denn in westlichen Medien erfährt man von all dem nichts.

Montag, 28. Oktober

Am Montag wiederholte der Westen, dass internationale Wahlbeobachter die Wahl als nicht fair bezeichnet hätten, was sich jedoch aus dem ersten Bericht der OSZE nicht herleiten lässt. In ihrer Pressekonferenz am Sonntag hat die OSZE den Wahlsieg der Regierung de facto anerkannt, als sie den Wunsch aussprach, die Regierung möge den Kurs Richtung EU nach ihrem Wahlsieg beibehalten.

Es war allerdings die EU, die den Beitrittsprozess Georgiens im Sommer gestoppt hat, nicht die georgische Regierung. Und so erklärte der georgische Ministerpräsident Kobachidse am Montag dann auch, den Kurs des Landes Richtung EU fortsetzen zu wollen:

„Wir haben sehr wichtige außenpolitische Prioritäten und die wichtigste Priorität ist natürlich die europäische Integration. Wir erwarten einen Neustart der Beziehungen, der meines Erachtens bereits ab Anfang nächsten Jahres intensiv erfolgen wird.“

Er wies auch darauf hin, dass Georgien die Verpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen mit der EU erfüllen muss, um der EU im Jahr 2030 beitreten zu können.

Bei der Wahl hat es einen Fall gegeben, bei dem ein Mann versucht hat, einen ganzen Packen Wahlzettel in eine Wahlurne zu werfen. Das wurde gefilmt und ging viral, aber es war nur ein einziger Fall. Am Montag erklärten die georgischen Strafverfolgungsbehörden, der Mann sei verhaftet worden und werde befragt.

Am Montagnachmittag erklärte die georgische Präsidentin Surabischwili, sie brauche „starke Unterstützung der europäischen und amerikanischen Partner“ als Unterstützung der Proteste gegen die Wahlen. Und bei ihrer Rede bei den Protesten vor dem Parlament sagte sie am am Montagabend:

„Wir müssen eine Untersuchung einleiten und sie zu Ende führen. Dabei werden wir vielleicht internationale Unterstützung erhalten. Diese Untersuchung muss eine vollwertige Untersuchung sein. Wir dürfen keine Frage unbeantwortet lassen.“

Die Demo, die nicht so gut besucht war, wie wohl erwartet wurde, endete ruhig. Westliche Medien wie der Spiegel meldeten zwar, dass zehntausende an dem Protest teilgenommen hätten und deren Fotos zeigen einen randvollen Platz vor dem Parlament. Allerdings zeigen Luftaufnahmen, dass die Menschen nur vor dem Parlament dicht gedrängt standen, auf der Hauptstraße, die am Parlament entlang führt, waren es hingegen nur noch wenige Leute, was eher auf einige tausend als auf zehntausende Teilnehmer hindeutet.

Das US-Außenministerium warnte die georgische Regierung vor Konsequenzen, wenn sie ihren politischen Kurs nicht ändert, wie der Ministeriumssprecher Matthew Miller erklärte:

„In diesem Jahr haben wir immer wieder an die georgische Regierung appelliert, ihr antidemokratisches Vorgehen aufzugeben und auf den transatlantischen Weg zurückzukehren. Wir schließen weitere Konsequenzen nicht aus, wenn die georgische Regierung ihren Kurs nicht ändert.“

Dienstag, 29. Oktober

EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat für Dienstag eine Dringlichkeitssitzung des EU-Ausschusses für Politik und Sicherheit einberufen, um die „komplexe Situation in Georgien“ nach den Parlamentswahlen in dem Land zu erörtern. In einer Erklärung ließ er verkünden:

„Ich habe das Politische und Sicherheitspolitische Komitee gebeten, heute zusammenzukommen, um die komplexe Situation in Georgien dringend zu diskutieren. Ich habe dieses Thema auch auf die Tagesordnung der Novembertagung des Rates für Auswärtige Angelegenheiten gesetzt.“

Ihm zufolge seien „die Entwicklungen in Georgien nach den Parlamentswahlen vom 26. Oktober sehr besorgniserregend“, weshalb er eine Untersuchung der Wahlergebnisse forderte:

„Ich fordere eine transparente Untersuchung. Die Zentrale Wahlkommission Georgiens und die zuständigen Behörden sollten Verstöße, Fälle von Druck und Einschüchterung von Wählern untersuchen, die das öffentliche Vertrauen in den Prozess beeinträchtigen und von Beobachtern gemeldet wurden. Gegen diese Verstöße muss schnell, transparent und unabhängig vorgegangen werden.“

Borrell meinte weiter, dass Georgien als EU-Beitrittskandidat „sein Engagement für europäische Werte unter Beweis stellen muss, angefangen bei der vollständigen Transparenz des Wahlprozesses“, denn die „Integrität von Wahlen und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit sind Eckpfeiler der Demokratie und ein wesentlicher Bestandteil und eine Grundlage des EU-Beitrittsprozesses“, und er fügte hinzu:

„Die Menschen in Georgien zeigen seit Monaten, dass sie sich für demokratische Werte einsetzen und ihr Land auf dem Weg in die EU voranbringen wollen. Sie verdienen Klarheit im Wahlprozess, um Vertrauen in die Legitimität der nächsten Regierung zu haben. Es ist wichtig, dass die Proteste und die Reaktion der Regierung auf sie friedlich bleiben. Der demokratische Rückschritt des Landes muss rückgängig gemacht werden, und es muss ein günstiges Umfeld für die Medien, die Zivilgesellschaft und die Opposition gewährleistet werden, die eine pluralistische, demokratische Gesellschaft ausmachen.“

Die Zentrale Wahlkommission ist den Protesten der Opposition nachgekommen und hat am Dienstag angekündigt, die Stimmzettel in rund 14 Prozent der Wahllokale neu auszählen lassen zu wollen. Sie werde eine Neuauszählung der Stimmzettel „in fünf zufällig ausgewählten Wahllokalen in jedem Wahlbezirk vornehmen“, erklärte die Wahlkommission. Mit dieser Maßnahme soll überprüft werden, ob es Hinweise auf systematische Fälschungen gibt. Wenn ja, sind weitere Neuauszählungen möglich.

Außerdem hat die Zentrale Wahlkommission am Dienstagabend auch auf die Vorwürfe der Präsidentin reagiert, die von massenhafter Wahlfälschung gesprochen hat. Die Zentrale Wahlkommission hat die Generalstaatsanwaltschaft daher gebeten, die mögliche Fälschung der Parlamentswahlen vom 26. Oktober zu untersuchen. In einer Erklärung hieß es:

„Um festzustellen, ob die Aussagen der georgischen Präsidentin, von Politikern oder interessierten Parteien sowie die verbreiteten Informationen über Wahlfälschungen der Wahrheit entsprechen oder nicht, ist eine umfassende und objektive Untersuchung erforderlich, die die Kompetenz der Wahlkommission übersteigt. Daher appellieren wir an die georgische Staatsanwaltschaft, eine Untersuchung der oben genannten Aussagen einzuleiten und durchzuführen.“

Die Zentrale Wahlkommission wies darauf hin, dass sie nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse „zum Gegenstand besonderer Angriffe und unbegründeter Kritik“ wurde. Obwohl die Beobachter des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte die Wahlen positiv bewertetet haben und das Audit eines amerikanischen Unternehmens keine Mängel gefunden hat, griffen Präsidentin Surabischwili und einige Oppositionspolitiker „die Zentrale Wahlkommission grundlos an und versuchten, den Ruf der Behörde zu schädigen“, wie die Behörde schrieb.

Mittwoch, 30. Oktober

Am Morgen des 30. Oktober hat die georgische Generalstaatsanwaltschaft Präsidentin Salome Surabischwili wegen ihrer Aussagen über eine mögliche Fälschung der Parlamentswahlen für den 31. Oktober zur Befragung eingeladen, teilte die Behörde in einer Erklärung mit, in der es hieß:

„Nach den von der Zentralen Wahlkommission und den Medien verbreiteten Informationen soll die georgische Präsidentin Salome Surabischwili im Besitz von Beweisen sein, die mit der möglichen Fälschung der Parlamentswahlen 2024 in Zusammenhang stehen, weswegen die georgische Präsidentin für den 31. Oktober dieses Jahres zur Befragung in die Ermittlungsbehörde eingeladen wurde.“

Außerdem erklärte die georgische Generalstaatsanwaltschaft, sie habe eine Untersuchung wegen möglicher Manipulationen bei den Parlamentswahlen eingeleitet:

„Die georgische Generalstaatsanwaltschaft hat auf der Grundlage der Aufforderung der Zentralen Wahlkommission vom 30. Oktober 2024 eine Untersuchung wegen möglicher Fälschung der Parlamentswahlen gemäß Paragraf 164-3 (Wahlbetrug) des georgischen Strafgesetzbuches eingeleitet.“,

Auch die georgische Regierung ist nach den Beschuldigungen der Opposition und einiger westlicher Politiker und Organisationen wegen der Manipulation der Wahlergebnisse bereit, eine Kommission einzurichten und alle Wahllokale bis ins kleinste Detail zu überprüfen, erklärte ein Repräsentant der Regierungspartei „Georgischer Traum – Demokratisches Georgien“:

„Sie fordern die Öffnung der [Wähler-]Listen. Nicht nur die Listen, lasst uns bis ins letzte, kleinste Wahllokal gehen. Alles, was sie wollen. Es gibt die Untersuchung der Staatsanwaltschaft. Wenn Sie wollen, bilden wir eine Kommission und gehen gemeinsam in alle Wahllokale. Wir werden alles öffnen und jedes Detail untersuchen, was nur möglich ist. Wir werden uns die Daten vorlegen lassen und jeden einzelnen Wähler überprüfen.“

Er forderte die Oppositionspolitiker auch auf, der Staatsanwaltschaft, die auf Ersuchen der Zentralen Wahlkommission eine Untersuchung eingeleitet hat, Beweise zu liefern. Ihm zufolge sollten nicht nur diejenigen, die möglicherweise gegen das Gesetz verstoßen haben, sondern auch diejenigen, die die Behörden grundlos der Wahlfälschung von Hunderttausenden Stimmen beschuldigen, zur Verantwortung gezogen werden.

Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse erklärte gegenüber Journalisten, die georgische Präsidentin Salome Surabischwili und die gesamte Opposition, die behaupten, die Parlamentswahlen seien manipuliert worden, müssten der Staatsanwaltschaft Beweise und Fakten vorlegen, sonst würde das bedeuten, dass sie lügen:

„Wenn jemand Beweise hat, muss er sie den zuständigen staatlichen Stellen vorlegen. Sie sehen, dass sie öffentlich keine Beweise vorgelegt haben. Jetzt müssen sie zur Staatsanwaltschaft gehen und Beweise vorlegen. Wenn sie das nicht tun, wird das ein Beweis dafür sein, dass sie im Zusammenhang mit den Wahlen falsche Angaben gemacht haben.“

Der georgische Regierungschef forderte auch Präsidentin Surabischwili auf, der Staatsanwaltschaft Beweise vorzulegen, anstatt Erklärungen über Wahlbetrug abzugeben:

„Wer konkrete Beweise hat, muss sie der Staatsanwaltschaft und den zuständigen Behörden vorlegen, egal ob es sich um Salome Surabischwili oder jemand anderen handelt. Sie sollen aufhören, über etwas zu reden, das in der Wirklichkeit nicht existiert. Das ist ihre Verantwortung.“

Offensichtlich haben die Opposition und die Präsidentin jedoch keine Beweise, denn sie haben der Öffentlichkeit nichts vorgelegt und Präsidentin Surabischwili erklärte auf einer Pressekonferenz, dass sie nicht zur Befragung bei der Generalstaatsanwaltschaft erscheinen werde:

„Jeder muss seine Arbeit machen. Ich werde meine Arbeit als Präsidentin fortsetzen und habe natürlich nicht die Absicht, zur Staatsanwaltschaft zu gehen.“

Sie erklärte stattdessen, die Generalstaatsanwaltschaft solle bei Ermittlungen selbst Beweise finden und nicht die Präsidentin darum bitten. Gleichzeitig behauptete sie, dass es bei den Wahlen „alle bekannten Formen der Fälschung“ gegeben habe, wie Bestechung und Einschüchterung von Wählern, Vervielfältigung von Ausweispapieren, Karussells und so weiter. Als „Karussell“ wird es bezeichnet, wenn Wähler gruppenweise zu verschiedenen Wahllokalen gefahren werden, um ihre Stimme mehrfach abzugeben, was in Georgien, wo sich jeder Wähler ausweisen muss, jedoch schwierig ist, weil mehrfache Stimmabgaben bei eine Überprüfung, die ja bereits angesetzt ist, auffallen würden.

Auf Surabischwilis Absage, mit der Generalstaatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten, hat das US-Außenministerium reagiert. Dessen Sprecher Matthew Miller sagte in einer Pressekonferenz, die georgische Präsidentin solle alle ihr zur Verfügung stehenden Informationen über die mögliche Manipulation der Parlamentswahlen, derer sie andere Regierungsstellen ihres Landes beschuldigt, zur Verfügung stellen. Auf eine Frage nach dem Vorfall sagte er:

„Die Präsidentin kann für sich selbst sprechen, aber soweit ich weiß, hat sie gesagt, dass sie Informationen über Verstöße hat, und ich hoffe, dass sie diese Informationen liefern kann.“

Er fügte hinzu, dass die USA es für notwendig halten, die Verstöße zu untersuchen, die bei den Parlamentswahlen in Georgien stattgefunden haben sollen, und dass die US-Regierung sich mit den Kollegen in der EU darüber berate, „welche anderen Untersuchungen angemessen sein könnten“.

Die EU erhöhte hingegen den Druck auf die georgische Regierung, denn die EU-Kommission hat es abgelehnt, die Aufnahme von Verhandlungen mit Georgien über den EU-Beitritt zu empfehlen, da sie von Georgien eine Änderung des politischen Kurses fordert. Das geht aus dem Jahresbericht der EU-Kommission über die Erweiterung und die Fortschritte der Kandidatenländer auf ihrem Weg in die EU hervor, der am Dienstag in Brüssel veröffentlicht wurde, in dem es hieß:

„Solange Georgien seinen Kurs, der seinen Weg in die EU untergräbt, nicht ändert und keine sichtbaren Anstrengungen unternimmt, um auf die Bedenken der EU in Bezug auf wichtige Reformen einzugehen, wird die EU-Kommission nicht in der Lage sein, die Aufnahme von Verhandlungen mit Georgien zu empfehlen.“

Die Feststellungen der EU-Kommission zu Georgien waren die schlechtesten im gesamten Bericht. Brüssel erklärte, dass die georgische Regierung trotz der Erlangung des Kandidatenstatus kein „substanzielles politisches Engagement“ gezeigt habe, um die für den „europäischen Weg“ erforderlichen Reformen durchzuführen. Die EU-Kommission forderte die Aufhebung der Gesetze über ausländische Agenten und über den Schutz der Familienwerte und der Rechte von Minderjährigen. Im Gesetz über ausländische Agenten werden NGOs, die über 20 Prozent ihrer Finanzierung aus dem Ausland erhalten, verpflichtet, ihre Finanzen und ihre Sponsoren offenzulegen. Im Gesetz über den Schutz der Familienwerte wird die Propagierung von LGBT vor Minderjährigen verboten.

Die EU-Kommission betonte, dass diese Vorschriften sowie die harte anti-europäische Rhetorik georgischer Vertreter „Georgiens Europaprojekt untergraben“. Die EU-Kommission kritisierte auch die Parlamentswahlen. In dem Bericht wird betont, dass diese Wahlen nach Ansicht Brüssels die Notwendigkeit einer „Wahlrechtsreform“ bestätigen.

Was die Erfüllung der übrigen Brüsseler Forderungen betrifft, so bezeichnete die EU-Kommission die Fortschritte Georgiens als unbedeutend und betonte insbesondere die Forderung, die EU-Außenpolitik, einschließlich der anti-russischen Sanktionen, vollständig zu erfüllen. Die Kommission betonte, dass Georgien nur 49 Prozent aller außenpolitischen Beschlüsse der EU umsetze und damit an vorletzter Stelle der 10 Kandidatenländer, gleich nach der Türkei, rangiere.

Dem schloss sich auch der am 1. Dezember ausscheidende EU-Chefdiplomat Josep Borrell an, der erklärte, Georgien solle „seinen Weg in die EU wieder aufnehmen“, was voraussetzen würde, dass das Land rasch alle Brüsseler Bedingungen erfüllt und eine „Untersuchung der Unregelmäßigkeiten“ bei den Wahlen durchführt. Das sagte Borrell auf der Pressekonferenz in Brüssel, auf der der jährliche Erweiterungsbericht der EU-Kommission vorgestellt wurde. Borrell sagte:

„Wir fordern Georgien auf, seinen klaren Weg in die EU wieder aufzunehmen. Das erfordert politischen Willen, die Rücknahme des Gesetzes über ausländische Agenten und die Rücknahme des Gesetzes über Familienwerte.“

Danach sei eine „unabhängige und transparente Untersuchung aller Verstöße“ erforderlich, die bei den georgischen Parlamentswahlen begangen worden seien, bei denen die pro-europäische Opposition eine Niederlage erlitten hat. Erst dann, so Borrell, werde die EU-Kommission bereit sein, die Aufnahme von Verhandlungen über die Aufnahme Georgiens in die EU zu erwägen.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

14 Antworten

    1. Die Welt hatte nun genügend Zeit um zu beobachten, was mit Ländern passiert die sich der Brüsseler Diktatur unterwerfen. Ich schreibe ausdrücklich Diktatur, weil dort von demokratisch nicht legitimierten Personen in Hinterzimmern Entscheidungen ausgekungelt werden, welche dann von den €U-Ländern gezwungener Maßen übernommen werden müssen.

      Wer nach all den praktischen Lehrstunden, die zwar kostenlos aber nicht umsonst, von Borell, v.d.L. und anderen feilgeboten werden, immer noch freiwillig zum Metzger gehen will … den sollte man ziehen lassen.

      1. @ohne_Z

        Brüssel, das heißt die EU, ist nur ein willenloser Lakai der USA und das energische Auftreten der EU-Politiker ist nur ein Zeichen von erniedrigendem, vorauseilendem Gehorsam gegenüber ihrem Herren.

  1. Schon bei den Protesten gegen das Agenten-Gesetz zeigte ich, wie schwach die Opposition ist.
    Wenn es um 20.000 NGOs geht, die Geld aus dem Ausland bekommen, und die bekommen nicht mal 40.000 Protestanten zusammen, also zwei pro Organisation, dann ist das sehr deutlich.
    Man sollte ja eigentlich annehmen, jede NGO hat mehrere Mitarbeiter, die leben in einem Umfeld mit Freunden und Gleichgesinnten.

    Aber vielleicht sind das auch nur Papiertiger zu großen Teilen?

  2. Interessant wird der Fortgang sein.

    Die Regierung nimmt Kontakte zur Normalisierung der Beziehungen mit Abchasien und Ossetien auf, die EU bricht den Beitrittsprozess ab.

    Sowas kann man ja echt nicht wollen in der EU, ein Land dass sich nicht krass nationalistisch gegen seine Minderheiten, regionalen Mehrheiten,, aufführt, wo kommt man denn da hin, am Ende noch zu geschriebenen europäischen Werten.
    Da bleiben wir doch lieber bei behaupteten, LGBTQ+ zu promoten ist europäisch, na dann.

  3. Beweise? Wofür braucht der Westen Beweise? Anschuldigungen reichen. Also lege ich mal los.
    Ich behaupte, die letzte US-Wahlen waren gefälscht, die letzten Landtagswahlen waren gefälscht. Nun? Wer ermittelt nun wegen Wahlfälschung? Unsere weisungsgebundene Staatsanwaltschaft sicher nicht.

  4. Warum sollte Georgien den Wunsch haben sich jemandem anzuschließen, der ganz offensichtlich immer mehr in die Pleite steuert? In Russland hängen die Trauben tief. In EU-Land hingegen sind sie verschimmelt oder vertrocknet. Warum also? Die sind doch nicht blöde, so wie hier so viele.

    1. Morgen gehe ich zu meiner Bank – nein: ich schreibe denen nur eine Mail! – und behaupte, dass ich auf meinem Konto vorgestern kurzzeitig 20 Mio. Euro stehen hatte, die jetzt verschwunden sind. Sollen die doch beweisen, dass es nicht so war! (Wobei nach den Gesetzen der Logik der Beweis der Nichtexistenz von irgendwas nicht möglich ist *lach*!)

      1. Das musst du wie die Medici oder die Fugger oder deren Nachfolger machen. Mit dem nicht existierenden Geld Kirche und Regierung kaufen und niemals zugeben, dass die Millionen verschwunden sind.

  5. Ich habe dazu 2 Theorien — entweder die georgische Regierung hat sich insgeheim an EU und NATO verkauft, und wird alle Versprechen wie z.B. die Ankündigung, die Kriegsgründe aufzuklären, brechen, oder aber EU/NATO haben gesehen, dass sie im Moment keine Chance haben, genug Schlafschafe zu mobilisieren (weil sogar die OSZE keine ernstzunehmenden Hinweise auf Wahlfälschung gefunden hat, dürfte es schwierig sein, diese Theorie zu verbreiten), und warten deshalb auf die nächste Gelegenheit (z.B. wenn die Regierung anfängt, Versprechen umzusetzen — wenn z.B. Saakaschwili angeklagt wird, kommen dann die Maidan-Proteste nicht zu Wahlfälschung, sondern zu „die bösen Autokraten gehen gegen ihre demokratischen Gegner vor! Rettet die Demokratie durch Rettung der Opposition!“).

    Möglicherweise sogar beides (Regierung hat sich verkauft, aber der EU/NATO ist das noch nicht genug und bei der nächstbesten Gelegenheit wird sie trotzdem gestürzt, um noch treuere Vasallen zu installieren — wäre ja auch nicht das erste mal. Auch Yanukovich war nicht wirklich gegen EU und NATO.).

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