Wie in Russland über den Beginn des Präsidentschaftswahlkampfs berichtet wird
Im März stehen in Russland Präsidentschaftswahlen an. Derzeit prüft die Wahlkommission die von den Kandidaten eingereichten Unterschriften von Unterstützern, denn zur Kandidatur muss ein Kandidat mindestens 100.000 Unterschriften vorlegen. Die deutschen Medien dürften in diesem Wahlkampf Boris Nadeschdin zum „großen“ Oppositionellen aufblasen, zumindest deuten erste Artikel deutscher Medien darauf hin.
Allerdings ist das, wie auch bei Navalny, Unsinn. Nadeschdin kommt von einer Partei, die bei Wahlen kaum ein Prozent der Stimmen erreicht, aber er ist der einzige Kandidat, der sich kritisch zur Operation in der Ukraine äußert, also wird er im Westen gehypt.
Übrigens zeigt das Beispiel Nadeschdin ganz nebenbei, wie die westlichen Medien lügen, wenn sie behaupten, man könne im Gefängnis landen, wenn man sich in Russland kritisch zu den Vorgängen in der Ukraine äußert.
Da auch westliche Umfrageinstitute bestätigen, dass Putins Beliebtheitswerte bei 70 bis 80 Prozent liegen, weshalb der Ausgange der Wahl als gesichert betrachtet werden kann. Trotzdem übersetze ich hier einen Bericht aus dem wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens über die Registrierung der Kandidaten und über den Beginn ihrer Wahlkämpfe. Bemerkenswert ist dabei, dass das russische Fernsehen ausschließlich über die Kandidaten der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition berichtet. Putin wird in dem Beitrag nicht erwähnt.
Beginn der Übersetzung:
Die Zahl der Präsidentschaftskandidaten ist zurückgegangen
Diese Woche wurden es weniger Präsidentschaftskandidaten. Nach Sergej Baburin und Irina Swiridowa, die sich freiwillig aus dem Rennen zurückzogen und den Amtsinhaber unterstützen, zog sich auch Andrej Bogdanow, Gründer der russischen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, zurück. Er erklärte die Entscheidung so: „Ich habe einen Antrag auf Rückzug meiner Kandidatur von den Wahlen gestellt, weil ein ausländisches Konto entdeckt wurde, das ich aus offensichtlichen Gründen – Visa und dergleichen – nicht schließen konnte.“
Die Blogger Anatoly Bataschew und Rada Russkich scheiden de facto aus dem Rennen aus. Beide haben es nicht geschafft, die erforderliche Anzahl von Unterschriften zu sammeln.
Die Kandidaten der Parlamentsparteien reisten die ganze Woche über durch das Land. Nikolai Charitonow und der Vorsitzende der Kommunistischen Partei begannen mit einem zweitägigen Besuch in St. Petersburg, wo sie der Toten der Blockade gedachten, und anschließend die Kirow-Fabrik besuchten, deren Traktoren zur Förderung der Landwirtschaft des Landes beitrugen.
„In der Region Nowosibirsk waren wir froh, diese Traktoren zu erhalten. Wir meinen, dass wir sofort 20 Milliarden in die industrielle Entwicklung investieren sollten. Und die Rückzahlungsfrist der Kredite sollte nicht sieben Jahre, sondern mindestens zehn Jahre betragen. Denn in sieben Jahren rentiert sich das nicht“, sagte Charitonow.
Die Kommunisten luden Veteranen der Militäroperation in einen Staatsbetrieb in der Nähe von Moskau ein, um über den agrarpolitischen Teil ihres Programms zu sprechen. In der Hauptstadt wurde über Bildung und die Erhöhung der Lehrergehälter gesprochen.
„Die Sowjetmacht hat alles getan, um aus einem Land mit niedrigem Bildungsstand die führende Macht der Welt zu machen. Und als wir die Faschisten besiegten und sie verhörten, sagten sie: Wir haben vor allem gegen den sowjetischen Lehrer, den sowjetischen Arzt, den Ingenieur und den Wissenschaftler verloren“, sagte Gennadi Sjuganow, Parteichef der Kommunisten und Vorsitzender der Zentrale von Charitonow.
In der Fabrik in Kirow wurde Anfang der Woche auch der Kandidat der „Neuen Leute“, Wladislaw Dawankow, begrüßt. Der Kandidat reiste aus Petersburg nach Nischni Nowgorod und besichtigte das Wohnungs- und Kommunalwesen.
„Wir haben ein Beispiel für ein intelligentes Haus besichtigt, in dem es eine automatische Mülltrennung gibt, wo Sonnenkollektoren auf dem Dach installiert sind und in dem es intelligente Schlösser gibt. Das Wichtigste ist, dass jeder Bewohner jeden Rubel sieht, der von der Verwaltungsgesellschaft ausgegeben wird“, sagte Dawankow.
Bereits am Freitag eröffnete der Kandidat sein Hauptquartier im Zentrum Moskaus, wo über das zukünftige Programm entschieden wird, um es mit Experten zu diskutieren.
„Jeden Tag erhalten wir mehr und mehr neue Appelle und Programmvorschläge. Der Rekord war der Tag vor dem 1. Februar, da haben wir etwa 400 Vorschläge erhalten, durch die wir uns arbeiten müssen“, sagte Dawankow.
Leonid Slutsky begann im Fernen Osten. Er besprach mit dem Gouverneur der Amur-Region und kinderreichen Familien über die Entwicklung der Region. In Blagoweschtschensk wird ein Zentrum für Kinder mit besonderen Bedürfnissen gebaut, und dafür wird natürlich Personal benötigt.
„Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen nicht von hier weggehen, sondern hierher kommen, um gut zu verdienen, Karriere zu machen und an kreativen, innovativen Großprojekten mitzuwirken“, sagte der LDPR-Kandidat Leonid Slutsky.
In der Hauptstadt sprach der Politiker vor der Jugendorganisation der Partei. „Im heutigen Russland, das einen Moment der Wahrheit in seiner jüngsten Geschichte erlebt, brauchen wir junge Menschen, die kreativ sind. Wir sprechen darüber, wie wir Russland gemeinsam aufbauen können“, sagte Slutsky vor den jungen Leuten.
Zwei weitere Kandidaten – Sergej Malinkowitsch und Boris Nadeschdin – werden noch von der Zentralen Wahlkommission geprüft. Letzterer hat auch im Ausland Unterschriften gesammelt.
„Wenn die Leute Unterschriften beispielsweise in Tiflis im Regen oder in Podgorica – da hat es auch geregnet – abgeben, sehen sie so aus, verstehen Sie? Irgendetwas ist verschmiert, und wenn man will, kann man das bemängeln“, teilte Nadeschdin seine Sorgen.
Die Wahlkommission gleicht alle Unterschriftenbögen mit den Datenbanken des Innenministeriums ab.
„Wir senden fast stündlich Tausende von Anfragen für Zehntausende von Menschen an diese Datenbanken. Eine so große Aufgabe wie das Sammeln von hunderttausend Unterschriften geht natürlich nie ohne Fehler ab. Es gibt Fehler. Es gibt Fehler, die für Verwunderung sorgen, wenn etwas ungenau geschrieben ist. Und in der Regel berücksichtigt die Wahlkommission diese Fehler nicht, zählt sie nicht, sondern hält sie für akzeptabel“, sagte Nikolai Bulajew, stellvertretender Vorsitzender der zentralen russischen Wahlkommission.
Die Zentrale Wahlkommission soll die endgültige Liste der Präsidentschaftskandidaten bis zum 10. Februar bekannt geben.
Ende der Übersetzung
4 Antworten
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So ein riesiges Land – das größte Land überhaupt – zu regieren und um es um alle auftretenden Klippen zu manövrieren ist schon ein hartes Stück Arbeit, daß man es dabei nicht allen Recht machen kann – ist ebenfalls normal.
Und wir sehen, daß der Herr Putin das doch sehr gut hinbekommt – er hat Russland erst wieder stark gemacht – also drücken wir ihm beide Daumen, damit er auch so weitermachen kann, – egal ob’s dem west-chen nun gefällt oder nicht…
!👍👍!
Hallo Thomas. Die meisten Leute in Deutschland gehen davon aus, dass es gegen Putin kaum Konkurrenten aus der Opposition gibt, weil die entweder
im Knast sind, oder anderweitig mundtot gemacht wurden.
Daher wäre es eine gute Gegendarstellung, den offiziellen Wahlzettel hier
zu veröffentlichen, wenn die Kandidaten feststehen. Man könnte dann den
Wahlzettel für Diejenigen die den Anti-Spiegel nicht lesen, Ausdrucken,
und als kleines Plakat verbreiten.
Die Kommunisten mit Sjuganov und die LDPR mit Shirinovskij selig sind in Deutschland durchaus bekannt. Diesmal allerdings mit Charotinov und Sluzki. Bei der Präsidentenwahl 2018 gab es acht Bewerber, von denen fünf aber jeweils nur gegen 1% der Stimmen erhielten.
Damit hat Rußland zwei große, profilierte Oppositionsparteien. Deutschland hat nur eine (ziemlich eingeschüchterte), die AfD. Und da wird nun von Verbot geredet, oder neuerdings über Streichung der Parteienfinanzierung:
„Karlsruhe (dpa) • Die rechtsextreme NPD wird für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. … Diskutiert werden dürfte das Urteil auch in Bezug auf die AfD. (Az. 2 BvB 1/19)
Die Möglichkeit zum Finanzierungsausschluss hatte der Gesetzgeber nach dem zweiten erfolglosen NPD-Verbotsverfahren 2017 geschaffen.“
Allgemeine Zeitung, 24.1.2024
https://www.az.com.na/politik/npd-kriegt-kein-geld-mehr-vom-staat2024-01-24