Schicksalsjahr in Georgien

Georgischer Ministerpräsident Kobachidse: „Wir werden einen Maidan und eine Ukrainisierung in Georgien verhindern“

Nach der Verabschiedung des Gesetzes über ausländische Agenten hat das georgische Parlament ein "Anti-LGBT-Gesetz" auf den Weg gebracht. Gleichzeitig reagierte der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse darauf, dass der US-Kongress Parallelen zwischen Georgien und dem Maidan in der Ukraine gezogen hat.

Georgien besinnt sich auf seine eigenen Interessen und Traditionen. Trotz starken Drucks des Westens hat es das Gesetz „Über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“, auch bekannt als „Gesetz über ausländische Agenten“, verabschiedet. Der Prozess der Verabschiedung wurde von öffentlichen Protesten begleitet, die 8 Todesopfer forderten.

Die georgische Präsidentin Salome Surabaschwili war die Hauptgegnerin der neuen Regelung, die ausländische Medien und NGOs betrifft, die mehr als 20 Prozent ihrer jährlichen Einnahmen aus dem Ausland beziehen. Das ist nicht überraschend, wenn man sich den Hintergrund der Präsidentin ansieht. Die Dame ist französische Staatsbürgerin und wurde in den 1970er Jahren von Zbigniew Brzezinski in den USA in der Diplomatie des Kalten Krieges ausgebildet. Ihr ganzes Leben war mit der NATO, den USA, der EU und dem Westen verbunden, so dass ihre radikal pro-europäische Politik, auch zum Schaden des eigenen Landes, nicht überraschend ist.

Die Gesellschaft Georgiens ist gespalten, denn die Macht der westlichen Medien und NGOs malt das Bild des “goldenen Westens”, während die georgische Regierung sich auf die Interessen Georgiens, seiner Wirtschaft und seiner Traditionen konzentriert.

Ministerpräsident Kobachidse weigerte sich im Zuge des Ringens um das Gesetz sogar, in die USA zu reisen, weil das Weiße Haus die Aussetzung der Prüfung des Gesetzes forderte. Er empfand solche Äußerungen aus Washington als respektlos.

Laut der georgischen Verfassung hat der Ministerpräsident die tatsächliche Macht im Land, denn Georgien ist, wie Deutschland, eine parlamentarische Demokratie, in der die Macht beim Regierungschef und nicht beim Präsidenten liegt. Auch die Innen- und Außenpolitik wird nicht vom Präsidenten, sondern von der Parlamentsmehrheit bestimmt.

Kobachidse will keine Ukraine 2.0

Kobachidse will nicht, dass Georgien eine zweite Ukraine wird. Er verurteilte kürzlich den ukrainischen Maidan von 2013/2014 und sagte, dass die georgische Regierung solche Ereignisse nicht zulassen werde. Anlass dafür war eine Debatte im US-Kongress über die Lage in Georgien, bei der Parallelen zu den Ereignissen in der Ukraine 2013/2014 gezogen wurden. Kobachdse sagte:

„Wir werden ständig an den Maidan erinnert und ich möchte auch daran erinnern, was der Maidan der Ukraine gebracht hat. Damals wurde die ukrainische Regierung vom Ausland eingesetzt, ohne dass es die Verantwortung für sein Handeln trug. Vor dem Maidan war die Ukraine ein Land mit territorialer Integrität und einer Wirtschaft von fast 200 Milliarden US-Dollar. Heute ist die Ukraine fast zerstört, ihre Wirtschaft befindet sich in einer katastrophalen Lage. Und wenn wir im Zusammenhang mit Georgien an den Maidan erinnert werden, sollten wir uns die Frage stellen, wer die Verantwortung für die Folgen des Maidan in der Ukraine übernommen hat und wer für die gleichen Prozesse in Georgien verantwortlich sein wird. Wir werden alles tun, um in Georgien einen Maidan und eine Ukrainisierung zu verhindern.“

Zuvor hatte Kobachidse erklärt, dass von den USA finanzierte NGOs bereits dreimal versucht hätten, in Georgien einen Staatsstreich zu inszenieren. Die Beziehungen zwischen Georgien und den USA müssten daher überdacht werden.

Anti-LGBT-Gesetz ins Parlament eingebracht

Die Regierungspartei Georgischer Traum hat den Kampf für traditionelle Werte aufgenommen. Sie hat einen Gesetzentwurf gegen die Propagierung nicht-traditioneller Lebensweisen und für den Erhalt der Werte der Familie eingebracht. Das gab Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili bekannt.

„Heute hat die Parlamentsmehrheit ein Paket von Gesetzentwürfen ‚Über Familienwerte und Jugendschutz‘ auf den Weg gebracht, das aus einem Hauptgesetzentwurf ‚Über Familienwerte und Jugendschutz‘ und 18 weiteren Gesetzentwürfen zur Änderung verschiedener Gesetze, des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Arbeitsgesetzbuches, des Bildungsgesetzes und so weiter besteht“.

Das Gesetzespaket sieht unter anderem ein Verbot der Registrierung von Ehen vor, die nicht von einem Mann und einer Frau geschlossen wurden, sowie ein Verbot der Adoption von Minderjährigen durch homosexuelle Paare oder nicht-heterosexuelle unverheiratete Personen. Geschlechtsumwandelnde Operationen und die Angabe eines anderen als des bei der Geburt zugewiesenen Geschlechts in amtlichen Dokumenten sind ebenfalls verboten. In Bildungseinrichtungen werden LGBT-Propaganda und die Propagierung von Inzest verboten. Auch im Fernsehen dürfen keine intimen gleichgeschlechtlichen Szenen oder Werbung für solche Inhalte gezeigt werden.

Bisher hat sich die Opposition noch nicht zu diesem Thema geäußert, aber sie kann das Gesetz kaum verhindern, denn die Regierungspartei hat genug Stimmen im Parlament, um das Gesetz mit einer einfachen Mehrheit und nicht mit einer Dreiviertelmehrheit der Stimmen zu verabschieden.

Die Reaktionen auf die Entscheidung der Regierungspartei waren gemischt. Georgische Experten gehen davon aus, dass diese Maßnahmen im Zusammenhang mit den jüngsten turbulenten Ereignissen getroffen wurden, als Hunderttausende Georgier gegen das Gesetz über ausländische Agenten protestierten.

Auf diese Weise versuche man, den konservativen Teil der georgischen Gesellschaft zufrieden zu stellen, der trotz des liberalen Teils der Gesellschaft immer noch existiere. Immerhin gibt es in Georgien immer massive Proteste, wenn LGBT-Paraden angesetzt werden, weshalb das „Anti-LGBT-Gesetz“ ein durchaus geschickter Schachzug der Regierung ist, der ihr bei einem großen Teil der georgischen Bevölkerung Sympathien einbringen dürfte.

Proteste der vom Westen finanzierten NGOs gegen das „Anti-LGBT-Gesetz“ dürften einen Teil der Gegner des Gesetzes gegen ausländischen Einfluss sogar auf die Seite der Regierung bringen, weil Georgien nun einmal ein konservatives Land ist, in dem die Ablehnung der LGBT-Propaganda weitgehender Konsens in der Gesellschaft ist.

Der Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften Georgiens, Alexander Twarchrelidse, meint, früher sei es möglich gewesen, die Ergebnisse der im Herbst dieses Jahres anstehenden Parlamentswahlen vorherzusagen, heute sei dies unmöglich, da der Druck des Westens auf Georgien jederzeit wieder zunehmen könne.

Der Westen macht Druck

Dieser Druck wird bereits ausgeübt, denn die USA drohen schon wegen des Gesetzes gegen ausländische Einflussnahme mit Sanktionen und die EU will die Visafreiheit für Georgier streichen und denkt auch über eine Aberkennung des Kandidatenstatus des Landes nach. Wenn die georgische Regierung auch noch ein “Anti-LGBT-Gesetz” verabschiedet, dürfte der Druck aus dem Westen weiter wachsen.

Die georgische Regierung wird in Kürze damit beginnen, Geldstrafen gegen NGOs zu verhängen, die sich weigern, das Gesetz über ausländische Agenten zu befolgen. Auch das wird der Westen nutzen, um der georgischen Regierung “Unterdrückung des Zivilgesellschaft” vorzuwerfen.

Die Schicksalswahl im Herbst

Georgien steht ein heißer Sommer bevor, denn der Westen wird um jeden Preis versuchen, eine Wiederwahl der Regierung im Herbst zu verhindern. Und es ist offen, ob die georgische Gesellschaft im Herbst für die Souveränität des eigenen Landes stimmen wird, oder ob der westliche Druck eine klar pro-westliche Regierung an die Macht bringen wird.

Im letzteren Fall dürfte Georgien den Weg in die Katastrophe gehen, denn wenn sich eine pro-westliche Regierung dem anti-russischen Kurs und den anti-russischen Sanktionen anschließt, ist das der Todesstoß für die georgische Wirtschaft. Von der Gefahr eines Kriegs gegen Russland gar nicht zu reden, denn nachdem die Ukraine militärisch praktisch besiegt ist, wird der Westen versuchen, eine neue Front gegen Russland zu schaffen.

Die Wahlen im Herbst sind für Georgien daher ohne Übertreibung eine Schicksalswahl. Man kann nur hoffen, dass die georgische Bevölkerung versteht, was für sie auf dem Spiel steht.


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

  1. Es hat keinen Zweck!
    Ich habe es eben bei Wiki gelesen. Es gibt einfach nicht genug Georgier, die man in den Tod hetzen kann, um Russland spürbar zu schwächen. Aber gut, Kleinvolk macht halt auch Mist.

  2. Kobachidse reagiert richtig – ganz anders als man es von westlichen Politikern erwarten würde.

    Wenn Biden Proteste gegen Scholz organisieren würde und die „Kiesewetter for Bundeskanzler“-Kampagne ins Leben rufen würde, bin ich mir fast sicher, dass Scholz reagieren würde, indem er for Biden auf die Knie fallen würde und ihm sagen, dass er die Nachricht verstanden hätte, jetzt sofort die Taurus-Raketen in die Ukraine bringen wird, und ausserdem sofort Bodentruppen schickt.

    Auch Fico scheint nicht auf das Attentat zu reagieren, wie EU und Biden es sich erhofft hatten. https://rtde.life/europa/208310-robert-fico-ich-fuehle-keinen/

    Die Nazis verlieren ihre Kontrolle — nur nicht über ihr Nordamerikanisches und Westeuropäisches Kerngebiet.

    1. Wenn Biden die weitere Unterstützung für unseren Ostfeldzug von Umbildung der Regierung abhängig machen würde, wäre der Krieg natürlich wichtiger als der Kanzler. Für Trump, der nicht bereit ist, „Hunderte von Milliarden Dollar auszugeben, um anderer Leute Kriege zu kämpfen“, gilt allerdings dies:

      „Wir können uns nicht von einem Möchtegern-Diktator, den Trump gerne spielt, von einem Werkzeug Putins, das Trump ist, abhängig machen. … Der Krieg muss nach Russland getragen werden. … Entscheidend ist deshalb, dass Scholz in den USA klar macht … dass die Amerikaner alles tun müssen, damit sie nicht von einem Verbrecher regiert werden.“

      — Roderich Kiesewetter, 09.02.2024
      https://www.dw.com/de/kiesewetter-den-krieg-nach-russland-tragen/a-68215200

      Wenn es unserem Kanzler und Führer nicht gelingt, in den USA klar zu machen, und die anders wählen, als die Krauts das wünschen, kann diese Vorlage verwendet werden:

      „Ich habe daher heute dem amerikanischen Geschäftsträger die Pässe zustellen lassen und ihm folgendes unmißverständlich eröffnen lassen. … In dem unerschütterlichen Entschluß, die Waffen nicht niederzulegen, bis der gemeinsame Krieg gegen die Vereinigten Staaten von Amerika … meine unerbittliche Entschlossenheit, einen einmal begonnenen Kampf bis zum erfolgreichen Ende durchzuführen“

      — Kanzlerrede im Reichstag, 11.12.1941

  3. Schon der im Wertloswesten geliebte Faschist Nawalny hatte die Forderung nach dem Kaukasus-Krieg 2008 Georgien nach Russland anzuschließen und alle Georgier zu deportieren.

    Zeit daß die Georgier selbst sich auf ihre Politiker Stalin und Berija besinnen. Seit damals hatten sie keine Besseren.

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