Dank russischer Vermittlung

Das Ende der Kämpfe in Berg-Karabach

Aserbaidschan hat seine "Anti-Terror-Operation" in Berg-Karabach eingestellt. Eine Zusammenfassung der aktuellen Lage rund um Berg-Karabach.

Nach einem Tag Kampfhandlungen ist den russischen Friedenstruppen in Berg-Karabach gelungen, einen Waffenstillstand zu vermitteln. Hier fasse ich die aktuelle Lage zusammen und übersetze dazu eine Zusammenfassung der russischen Nachrichtenagentur TASS.

Beginn der Übersetzung:

Waffenstillstand und Vorbereitung von Verhandlungen: Was geschieht rund um Berg-Karabach?

Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium teilte mit, dass eine Einigung über die Aussetzung der am 19. September begonnenen Anti-Terror-Operation in Berg-Karabach erzielt worden sei. Zuvor hatte die Regierung der nicht anerkannten Republik Berg-Karabach den Vorschlag des Kommandos der russischen Friedenstruppen angenommen und das Feuer eingestellt.

Vertreter von Berg-Karabach und Aserbaidschan werden am 21. September in der aserbaidschanischen Stadt Yevlakh zusammenkommen, um die Wiedereingliederung der Region in Übereinstimmung mit der aserbaidschanischen Verfassung zu besprechen.

Die TASS hat die wichtigsten Informationen über die Situation um Berg-Karabach zusammengetragen.

Verschärfung in Berg-Karabach

  • Der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach dauert bereits seit Ende der 1980er Jahre an. Am 19. September verschärfte sich die Lage erneut, als Baku den Beginn „lokaler Anti-Terror-Maßnahmen“ ankündigte und den Abzug des armenischen Militärs aus der Region forderte.
  • Eriwan erklärte, es gebe keine armenischen Streitkräfte in Berg-Karabach und bezeichnete das Geschehen als „groß angelegte Aggression“. Einwohner von Eriwan protestierten vor dem armenischen Regierungsgebäude und machten die Führung des Landes und Premierminister Nikol Paschinjan persönlich für den Vorfall verantwortlich.
  • Am Morgen des 20. September verkündete das aserbaidschanische Verteidigungsministerium die erfolgreiche Fortsetzung der Anti-Terror-Maßnahmen in Berg-Karabach und die Zerstörung von Kampfstellungen und militärischer Ausrüstung armenischer Verbände.

Waffenstillstand

  • Die Regierung der nicht anerkannten Republik Berg-Karabach hat beschlossen, das Feuer einzustellen, meldete das Portal 24News aus Eriwan unter Berufung auf das Karabach-Infozentrum. In der Erklärung heißt es: „In einigen Gebieten ist es dem Feind gelungen, zu den Kampfstellungen der Verteidigungsarmee durchzubrechen und eine Reihe von Anhöhen und strategischen Straßenkreuzungen unter seine Kontrolle zu bringen“. Unter Berücksichtigung aller Umstände wurde der Vorschlag der Führung des russischen Friedenskontingents angenommen, die zuvor beide Seiten zu einer Feuerpause und zur Fortsetzung des Verhandlungsprozesses aufgerufen hatte.
  • Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium kündigte seinerseits die Aussetzung der Anti-Terror-Operation am 20. September ab 12:00 Uhr Moskauer Zeit an. Das Ministerium gab an, dass ein Appell der Vertreter der armenischen Einwohner von Karabach durch das russische Friedenskontingent übermittelt wurde.
  • Zuvor hatte der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew in einem Telefongespräch mit US-Außenminister Anthony Blinken erklärt, Baku werde die Anti-Terrormaßnahmen einstellen, wenn Karabach die Waffen niederlege. Vor der Vereinbarung über die Aussetzung der Operation waren nach Angaben des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums mehr als 90 Kampfstellungen armenischer Verbände unter Kontrolle gebracht worden.
  • Das russische Verteidigungsministerium bestätigte, dass durch die Vermittlung russischer Friedenstruppen ein vollständiger Waffenstillstand vereinbart wurde.

Geplante Verhandlungen

  • Vertreter Aserbaidschans und der nicht anerkannten Republik Karabach werden sich am 21. September in der aserbaidschanischen Stadt Yevlakh treffen. Dabei sollen die Fragen der Wiedereingliederung der Region und der Gewährleistung der Rechte und der Sicherheit der dort lebenden Armenier erörtert werden.

Todesopfer in Karabach

  • Bei den Kämpfen in Berg-Karabach wurden 32 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt, sagte die armenische Ombudsfrau Anahit Manasjan. Ihr zufolge sind unter den Toten sieben Zivilisten, darunter zwei Kinder, sowie um 35 Verletzte Zivilisten, darunter 13 Kinder.
  • Baku bezeichnet den Vorwurf des Beschusses von Siedlungen in Karabach als Desinformation. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium erklärte, die Streitkräfte zerstörten mit Präzisionswaffen nur legitime militärische Ziele.

Maßnahmen des russischen Friedenskontingents

  • Das russische Friedenstruppenkontingent erfüllt weiterhin seine Aufgaben und leistet der Zivilbevölkerung in Karabach Hilfe. 2.261 Zivilisten, darunter 1.049 Kinder, wurden in das Basislager der Friedenstruppe evakuiert, wo sich eine medizinische Einheit befindet.
  • Das Kontingent steht außerdem in Kontakt mit allen Konfliktparteien. Die Leitung des Kontingents erörtert die Verhinderung von Blutvergießen in Berg-Karabach und die Einhaltung des humanitären Rechts in Bezug auf die Zivilbevölkerung.

Die Reaktionen in Eriwan

  • Der armenische Premierminister Nikol Paschinjan erklärte, dass Eriwan nicht an den Verhandlungen zwischen Vertretern Aserbaidschans und Berg-Karabachs teilgenommen habe. Ihm zufolge hat die Intensität der Feindseligkeiten in Berg-Karabach nach der Waffenstillstandserklärung stark abgenommen, aber sie haben nicht vollständig aufgehört.
  • Unterdessen begannen sich Demonstranten vor dem Regierungsgebäude in Eriwan zu versammeln. Die Demonstranten skandierten regierungsfeindliche Slogans und forderten den Rücktritt von Premierminister Paschinjan. Das Regierungsgebäude wurde durch einen verstärkten Kordon von Spezialkräften der Polizei abgeriegelt.

Die Reaktionen Moskaus

  • Moskau wartet auf eine Einigung über den Zeitpunkt eines Telefongesprächs zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan. Kontakte mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew seien nicht vorbereitet, würden aber bei Bedarf stattfinden, sagte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten.
  • Zum Vorgehen Bakus in Berg-Karabach betonte Peskow, dass Aserbaidschan de jure auf seinem eigenen Territorium agiere, da Armenien Karabach als integralen Bestandteil der Republik Aserbaidschan anerkannt habe.
  • Der stellvertretende Sprecher des Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, kommentierte die Eskalation in Karabach mit den Worten, sie sei eine Folge der „unverantwortlichen Einmischung westlicher Staates unter Führung der USA mit der Axt in die inneren Angelegenheiten anderer Länder und Völker“.

Internationale Reaktionen

  • Demonstranten gegen die Eskalation des Konflikts in Karabach blockierten den Verkehr auf einer Autobahn in der Innenstadt von Los Angeles. Die Aktivisten schwenkten armenische Flaggen und blockierten den Verkehr.
  • Der OSZE-Vorsitzende und nordmazedonische Außenminister Bujar Osmani erklärte, die Anwendung von Gewalt als Instrument zur Beilegung von Streitigkeiten in Berg-Karabach sei inakzeptabel. „Der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden“ könne nur der Dialog sein, sagte er.
  • Auch Papst Franziskus äußerte sich besorgt über die Eskalation in Berg-Karabach. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz rief auf der 78. Sitzung der UN-Generalversammlung in New York zur Einstellung der Feindseligkeiten in Berg-Karabach auf.
  • Das ungarische Außenministerium wies unterdessen auf die unterschiedliche Herangehensweise des Westens an die Konflikte in der Ukraine und in Berg-Karabach hin, da die EU und die USA im ersten Fall militärische Maßnahmen unterstützen, während sie im zweiten Fall zum Frieden aufrufen.

Gemeinsame amerikanisch-armenische Manöver

  • Vom 11. bis 20. September finden in Armenien amerikanisch-armenische Militärmanöver statt. Daran nehmen etwa 85 amerikanische und 175 armenische Soldaten teil. Ein Sprecher des US-Militärs erklärte gegenüber Reuters, dass dias Manöver trotz der aktuellen Ereignisse in Berg-Karabach wie geplant am 20. September enden wird.

Ende der Übersetzung


Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

11 Antworten

    1. Eher nicht, Iran hat schon vor dem „Einsatz“ gesagt das es sich da nicht reinziehen lässt(noch vorher jedoch laut medial „überlegt“). Der Iran(Regierung) mag keinen Stellvertreterkrieg mit der Türkei, wenn es ihm nur schadet(Da hatte angeblich die RF überzeugt, den Konflikt nicht auszuweiten). Hat jedoch seine Position dargelegt, das eine weiter Ausweitung des Konflikts Folgen haben könnte.

  1. ich hoffe die Einstellung der Kampfhandlungen bestätigt sich. Auch das die Lebensmittelkonvois der UN in Karabach eingetroffen sind, hoffe ich.
    Wie geht es weiter?
    Die RF hat da geschlampt gehabt. Armenien wendet sich ab und der USA zu. Karabach wird so zerrieben. Die RF trägt da Verantwortung und kann sich mit der Türkei verständigen um einen einen Kompromiss neu zu verhandeln(als Schutzmächte). Es ist ja nicht so das zu diesen Regionen keine Diplomaten gäbe.
    Ein Rückzug als Schutz/Garantiemacht seitens der RF, würde als Schwäche ausgelegt und ausgenutzt werden.

    1. Irgendwer muss halt Schuld sein. Und das soll nun erstmal Russland sein.
      Die Wahrheit ist aber doch, Russland konnte woll schlecht in Aserbaidschan einrücken und Armenien hat schon vor einiger Zeit auf Berg-Karabach verzichtet. Die Mehrheit der Armenier wollte auch auch nicht helfen, aber auch nicht schuld daran sein. Es gibt „schöne“ Videos aus Armenien, in denen Russland, Putin & Co übel beschimpft werden, wird sich aber schon wieder legen. Wer weiß ob all dies überhaupt in Armenien mehrheitsfähig ist. Man kennt solche Demos ja schon.

      1. Mein Eindruck, daß Paschinjan seine Landsleute in Berg-Karabach fallenläßt, auf eine Fingerschnips aus dem befreundeten Ausland hin. Schuld ist natürlich Putin, der sich vermutlich noch um deren Rettung kümmern wird – und das wars dann.

  2. Das Sprichwort sagt: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“. Interessanter Zufall: Kaum sind US-Truppen in Armenien, um ein bisschen das Töten zu üben, erscheinen ganz in der Nähe im Krisenherd Berg Karabach schießwütige „Unbekannte“ („Die Armenier waren’s“ sagt Aserbeidschan, „WIR waren es nicht“, sagt Armenien)) und heizen den schwelenden Konflikt an Russlands Südgrenze an.

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