Staatsverschuldung

Russland meldet für das erste Halbjahr 2021 zehn Milliarden Euro Haushaltsüberschuss

Während die Staaten des Westens unter ihren Staatschulden ächzen und derzeit immer neue Rekorde bei der Neuverschuldung machen, weist der russische Staatshaushalt einen satten Überschuss aus.

Eines der verbindenden Merkmale der westlichen Staaten ist ihre immense Verschuldung. Die Schuldenquote, also die Staatsschulden in Prozent der Wirtschaftsleistung, ist in den westlichen Staaten weitaus höher, als im Durchschnitt der Welt. Wenn man sich die Liste der Länder nach Staatsschuldenquote anschaut, dann fällt auf, dass in den Top 20 der am höchsten verschuldeten Staaten der Welt acht Staaten des Westens sind, wenn wir als Westen die Verbündeten der USA definieren: Japan, Griechenland, Italien, Portugal, USA, Belgien, Frankreich und Zypern. Unter den 20 am geringsten verschuldeten Staaten der Welt sind hingegen nur drei Vertreter des Westens: Estland, Bulgarien und Luxemburg.

Wenn man sich die Liste anschaut, dann fällt auch auf, dass die Staaten, die im Westen derzeit als wichtigste Feinde angesehen werden, also Russland und Weißrussland, erstaunlich gut dastehen. Weißrussland steht mit derzeit 42 Prozent Schuldenquote auf Platz 121 von 190 Ländern auf der Liste und ist damit weniger verschuldet als fast alle Staaten der EU. Russland steht sogar auf Platz 181 der Liste, was bedeutet, dass nur neun Staaten weniger Schulden haben als Russland. Trotzdem wird die westliche Presse nicht müde, diesen Ländern einen wirtschaftlichen Kollaps zu prophezeien.

Russland hat derzeit sogar einen Haushaltsüberschuss, während Deutschland und die anderen Staaten des Westens unter dem Vorwand Corona gerade neue Schulden in Rekordhöhe machen. Das russische Fernsehen hat über die aktuellen Zahlen des russischen Staatshaushaltes berichtet und ich habe den Artikel des russischen Fernsehens übersetzt. Die Angaben in Rubel habe ich sehr grob zu einem Wechselkurs von 90 in Euro umgerechnet und die Zahlen zum besseren Verständnis kursiv in Klammern in die Übersetzung geschrieben.

Beginn der Übersetzung:

Nach vorläufigen Schätzungen belief sich der Überschuss im föderalen Haushalt von Januar bis Juli auf 890,298 Mrd. Rubel (ca. zehn Milliarden Euro), davon 115,6 Mrd. Rubel (ca. 1,3 Milliarden Euro) im Juli, so das Finanzministerium.

Die Haushaltseinnahmen beliefen sich in den sieben Monaten auf 13,65 Billionen Rubel (ca. 140 Milliarden Euro) (72,7% der im Haushalt für 2021 und für die Planungsperiode 2022 und 2023 geplanten Einnahmen), während die Ausgaben 12,76 Billionen Rubel (ca. 130 Milliarden Euro) (59,3%) betrugen.

Der Föderale Steuerdienst hat 8,803 Billionen Rubel (ca. 100 Milliarden Euro) (72,2%) an den Haushalt überwiesen, der Föderale Zolldienst 3,547 Billionen Rubel (ca. 40 Milliarden Euro) (71,1%) und andere Bundesbehörden 1,3 Billionen Rubel (ca. 15 Milliarden Euro) (82%).

Die Öl- und Gaseinnahmen im Haushalt beliefen sich von Januar bis Juli auf 4,77 Billionen Rubel (etwas über 500 Milliarden Euro) (79,7%), die sonstigen Einnahmen betrugen 8,88 Billionen Rubel (ca. 100 Milliarden Euro) (69,5%).

Der Haushaltsüberschuss wächst und die Regierung kann die Staatsverschuldung im Jahr 2021 reduzieren, sagte Finanzminister Anton Siluanov zuvor.

Das russische Haushaltsdefizit stieg im Jahr 2020 auf 4,102 Billionen Rubel (ca. 45 Milliarden Euro) (3,8 % des BIP des Landes).

Ende der Übersetzung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

15 Antworten

  1. Die Verschuldung an sich ist kein wirkliches Problem, sondern nur ein ideologisches. Jedenfalls, so lange es sich nicht um Auslandsschulden in fredwähnung handelt.
    Siehe FED und EZB, Ausgabe eigener Anleihen it Kauf durch die FED oder EZB sind nur virtuelles Geld, können jederzeit komplett aus dem Bilanzen durch Auslagern in Badbanks oder Ausbuchen rausgenomen werden. Faktisch ist das die moderne Form des Gelddruckens.
    Funktioniert, so lange es sich nicht um Fremdwährungen handelt und Schulden an Drittläder sind. Aber man kann damit alles im eigenen Währungsraum finanzieren, da dort ja in eigener Währung bezahlt wird.
    Die Aufblähung des Geldvoloumens kann, muss aber nicht, eine Inflation bewirken. Dann nicht, wenn sie für Sachinventionen verwendet werden, die vollständig inländig erstellt wurden. (Dan sind nur die mit der Erstellung verbundenen echten Kosten, Energie, Löhne, Material etc. zu beachten.)
    Die USA jonglieren damit erfolgreich (egal, wie oft der Crash prognostieiert wird, er kommt nicht) weil praktisch alles auf USD-Basis fakturiert ist, auch Importe.

    1. Ja so oder so ähnlich ist das. Folgt man Flassbeck, so ist der Monetarismus seit 15, 20 Jahren angeblich tot, daran glaube kein Notenbankchef der Welt mehr. Bei den Russen bin ich mir da nicht so sicher. Ob Keynes bei denen eine Rolle spielt, würde mich auch mal interessieren.
      Da gibts wohl so eine interne Schlacht zwischen den Neoklassikern (Kudrin, und wohl auch die Notenbankchefin/ angebotsorientierte Wirtschaftspolitik) und irgendwas Anderem, für das Glasjew steht, nur den hat man scheinbar irgendwie aus dem Rennen genommen.
      Das Verrückte ist ja, die stellen eine Menge Geld für ihre nationalen Projekte bereit, aber, wenn ich Putin auf diesem Petersburger Wirtschaftsforum richtig verstanden habe, wird das oft nicht abgerufen, weil es da irgendwo klemmt.
      Ich denke manchmal, die haben einfach zu wenig Leute, die bräuchten für ihr Territorium mindestens die doppelte Bevölkerungszahl.
      Eine andere Geschichte ist, daß die offenbar erst Sanktionen brauchten, um auf die Idee zu kommen, eigene Produktionslinien aufzubauen. Das wird auch wieder so ein marktwirtschaftliches Dubiosum sein, weil wenn du mit etwas anfängst, ist das anfangs eine vergleichsweise teurere Angelegenheit, so daß man im Ausland billiger kaufen kann, der Staat da also massiv subventionieren müßte. Aber die sind ja so stolz auf ihre geringe Staatsverschuldung, als ob das eine Sau interessiert, wenn du bei der eigenen Bevölkerung verschuldet bist, und dafür ein Mikrochipwerk oder was anderes Sinnvolles hinsetzt, was du dann auch noch privatisieren kannst, wenn es richtig läuft.
      Zudem haben die Russen, wie wohl der gesamte ehem. Osten ein gestörtes Verhältnis zu ihren Eigenproduktionen.
      Die Zonis haben auch eine Weile gebraucht, bis sie merkten, daß nicht alles, was aus dem Westen kommt, zwingend auch besser ist.
      Aber das ist ein weites Feld…

    2. Kleiner Fehler in ihrer Darstellung. So soll es funktionieren, aber so funktioniert es im Moment nicht. Das momentane System in den USA hält noch ca. 20 Jahre bis es kollabiert. Aber wir kennen ja die Amerikaner, die haben ein Talent dafür sich in die Scheisse reinzureiten, aber irgendwie schaffen sie es immer wieder daraus zu kommen.

      1. Die Amerikaner „schaffen es, immer wieder da raus zu kommen“, in dem sie andere ihre Schulden bezahlen lassen! Siehe in den 80er Jahren mit der Hochzinspolitik. Erpressung, Sanktionen, Diebstahl, Betrug, Manipulation oder, wenn gar nichts hilft, Krieg, sind die Methoden der Amerikaner! Durch und durch kriminell!

    1. ANTISPIEGEL wird offensichtlich unter dem CMS (Content-Management-System) WORDPRESS betrieben. Inhaltliche Änderungen können hier nur der Eigner, der Administrator und (eingeschränkt) dafür legitimierte User vornehmen. Leser-Kommentare lassen sich hingegen völlig frei einstellen oder werden erst nach Überprüfung durch den Administrator veröffentlicht – eine nachträglich Korrektur wird von der Allgemeinheit überwiegend als unnötig betrachtet, obgleich es in der WORDPRESS-Community auch Bestrebungen gibt, solche Funktionen zu ermöglichen. Ich vermute mal, dass Herr Röper einfach anderweitig zu sehr beschäftigt ist, als an den Funktionalitäten von ANTISPIEGEL zu feilen, denn das von den Kommentatoren eigentlich Gesagte kann man auch bei eingeschlichenen Schreibfehlern gut verstehen …

  2. Ein Haushaltsüberschuss zeigt „nur“, daß man noch nicht den Kapitalismus verstanden hat.
    Schon Karl Marx hat im Kapital nachgewiesen, daß zum Kapitalismus die Vergesellschaftung der Schulden und Privatisierung der Gewinne gehört.
    Dies gipfelt dann in seiner Feststellung zum Kapitalismus:
    Je reicher die Nation, um so größer das Elend der Bevölkerung.
    Deshalb ist Frau Merkel auch so eine „gute“ Kanzlerin in der kapitalistischen BRD:
    Sie hat im Studium in der DDR gelernt, wie der Kapitalismus funktioniert (leider nicht, wie der Sozialismus funktioniert).

  3. Weißrussland weniger Schulden als die meisten EU-Staaten – mit einem starken Sozialsystem.
    Komisch, komisch… was machen die in den EU-Staaten da nur falsch?

    Vielleicht zu viel Korruption und Ausgaben für Aufrüstung und Kriege?

    1. Sie wollten doch wissen, was es mit der Ablösung großer Teile der militärischen Führung in der Ukraine auf sich hat (ich habe das damals zu spät gesehen). Die Antwort finden Sie ggf. hier:

      _____://www.fondsk.ru/news/2021/07/13/dzhordzh-kent-arhitektor-parallelnoj-sistemy-vlasti-na-ukraine-53997.html
      Джордж Кент – архитектор параллельной системы власти на Украине
      13.07.2021
      George Kent, Architekt eines parallelen Systems der Macht in der Ukraine

      _____://www.fondsk.ru/news/2021/07/16/amerikancy-gotovjat-avakova-dlja-novoj-igry-54021.html
      Американцы готовят Авакова для новой игры
      16.07.2021
      Die Amerikaner bereiten Avakov auf ein neues Spiel vor

      _____://www.fondsk.ru/news/2021/08/08/dzhordzh-kent-provodit-chistku-ukrainskih-kadrov-54191.html
      Джордж Кент проводит чистку украинских кадров
      08.08.2021
      George Kent führt eine Säuberung der ukrainischen Kader durch

      Die Russen sprechen schon seit längerem von „externer Verwaltung“ (und sehen i.Ü. ähnliches für Moldawien, wobei hier nach den Wahlen die Rumänen die führende Rolle spielen dürften).
      Dieser George Kent scheint da auch so ein kleiner Tausendsassa zu sein, spricht die Sprachen und hat wohl dort schon immer seine Finger ganz tief drin, etc.
      Mein Tip war, daß Avakow, der starke Mann, aus dem Spiel genommen wurde, um Selenskyj „zu beerben“ – das geradezu klassische Manöver. Aber wir werden sehen…

  4. @Unter den 20 am geringsten verschuldeten Staaten der Welt sind hingegen nur drei Vertreter des Westens: Estland, Bulgarien und Luxemburg.

    Und was schlussfolgern wir daraus – ist jetzt Bulgarien neben Luxemburg und Estland das große wirtschaftliche Vorbild für uns?
    Die Staatsverschuldung wird erst dann relevant, wenn der Staat keinen Handel mit dem Ausland mehr treiben kann.
    Bestes Beispiel ist die DDR.

    1990 DDR und BRD im Vergleich – Quelle: Deutsche Bank 1992
    DDR Staatsverschuldung 86, 3 Milliarden DM
    BRD Staatsverschuldung. 929 Milliarden DM
    Verschuldungsquote DDR 27,6%
    Verschuldungsquote BRD 41,8 %
    Schuldenlast der DDR Bürger konkret 5.384 DM
    Schuldenlast der BRD Bürger konkret 15.000 DM

    Eigentlich hätte also die BRD pleite gehen müssen.
    Es war aber die DDR, deren Geld und Waren auf dem Weltmarkt nicht mehr gefragt waren und die deshalb ihre Devisen Schulden nicht mehr begleichen konnte.
    Dass der Rubelüberschuss vom Autor (im Original ist davon keine Rede) flux in Euro umgerechnet wird ist ein Trick, der vom SPIEGEL stammen könnte.
    Russland kann ja mal probieren seine Importe mit Rubel zu bezahlen, da wird niemand interessiert sein.

    1. Das „Geld der DDR“ konnte auf dem Weltmarkt überhaupt nicht nachgefragt werden, weil das war reine reine Binnenwährung, nicht frei konvertierbar nannte man das.
      Und die DDR war auch nicht pleite, aber gut, das Märchen wird sich ewig halten…
      Der Rubel wird gehandelt, kann also relativ problemlos in Euro umgetauscht werden, allerdings muß da natürlich einer Rubel haben wollen. Das scheint der Fall zu sein, andernfalls die Kurse, wie z.B. auf wallstreet-ol ausgewiesen, irgendwie keinen Sinn ergäben.
      Aber im übrigen stimmt das schon, diese hochgejubelte Staatsverschuldung /BIP/Anno so isoliert sagt überhaupt nichts, wenn man sich anschaut, welche Länder in der Liste da jeweils nebeneinander auftauchen…

Schreibe einen Kommentar