Putins Fragestunde

Putin im O-Ton über seinen Nachfolger

Alle Welt fragt sich, wann Putin als russischer Präsident abtritt und wer sein Nachfolger wird. Dazu hat Putin sich bei der Fragestunde am Mittwoch geäußert.

Wie angekündigt übersetze ich die Teile von Putins vierstündiger Fragestunde, die meiner Meinung nach für deutsche Leser interessant sind. Putin hat sich zur Frage seiner Nachfolge wie immer bedeckt gehalten, aber da das Thema viele interessiert, habe ich die Frage eines Russen und Putins Antwort dazu übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Dolzhenko: Sehr geehrter Herr Präsident!

Sie sind durch eine freiwillige Machtübergabe von Jelzin an die Macht gekommen. Ist eine solche Machtübergabe zum jetzigen Zeitpunkt möglich? Und gibt es in Ihrem Team eine Person, der Sie ohne zu zögern die Macht übergeben könnten?

Putin: Sehen Sie, Boris Jelzin hat die Macht nicht an mich übergeben. Es geht um Folgendes. Nach unserem Gesetz, der Verfassung der Russischen Föderation, wird der Ministerpräsident der Russischen Föderation zum amtierenden Präsidenten, wenn der Präsident auf seine Befugnisse verzichtet. Ich war Ministerpräsident.

Ich verschweige es nicht und es gibt hier keine Geheimnisse, dieser Entscheidung sind andere Ereignisse vorausgegangen. Ich war mal Direktor des Geheimdienstes und als Boris Jelzin mir vorschlug, Sekretär des Sicherheitsrates zu werden, einer Institution, die im Auftrag des Präsidenten die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden koordiniert, musste ich im Auftrag des Präsidenten einen Nachfolger für den Posten des Direktors des Geheimdienstes auswählen.

Zu meiner Überraschung lehnten die Leute, denen ich die Stelle anbot, diese ab. Warum? Die Situation im Land war sehr schwierig und nicht viele Menschen wollten eine solche Verantwortung übernehmen. Und als Boris Jelzin vorschlug, dass ich für die Präsidentschaft kandidieren sollte, sagte ich ihm: „Boris Nikolajewitsch, ich glaube, ich bin nicht bereit dafür.“ Er sagte zu mir: „Wir werden darauf zurückkommen. Überlegen Sie es sich“. (Anm. d. Übers.: In der Tat hat Putin seinerzeit das Angebot, als Jelzins Nachfolger zu kandidieren, abgelehnt und er musste überredet werden. Das bestätigt Putin selbst immer wieder, aber auch seine heutigen Gegner, die sich damals Vorteile davon erhofften, Putin zu russischen Präsidenten zu machen, bestätigen die Geschichte. Darüber habe ich in meinem Buch über Putin ausführlich berichtet)

Aber am Ende ist Boris tatsächlich zurückgetreten und ich wurde amtierender Präsident, aber am Ende müssen immer die Bürger Russlands entscheiden, wer Russland führen soll. Sie üben ihr Wahlrecht in direkter, geheimer Wahl aus. Das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben.

Was die Leute oder die Person angeht, die das Land führen könnte. Einerseits heißt es: Ein guter Platz bleibt nicht leer und niemand ist unersetzlich. Andererseits ist es natürlich meine Aufgabe, den Leuten, die für die Präsidentschaft kandidieren wollen, Empfehlungen zu geben. Das ist in jedem Land der Welt so – mir sind keine Ausnahmen bekannt. Und natürlich hoffe ich, dass ich, wenn die Zeit kommt, sagen kann, dass ich diese oder jene Person für würdig halte, ein so großes Land wie unser Heimatland Russland zu führen.

Ende der Übersetzung


Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse.

https://anti-spiegel.com/2019/was-sagt-putin-selbst-zu-den-fragen-der-interbationalen-politk-hier-kommt-er-zu-wort/
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

16 Antworten

  1. Abgesehen davon, ob das, wenn ich so sagen darf, autokratisch / zaristisch System auf lange Sicht überhaupt lebensfähig ist: Putin wird sich selbstverständlich unter der Hand um eine Fortsetzung / Nachfolge kümmern. Sowas hängt man aber nicht an die groß Glocke.

    1. Unser neuer Nawalnyfreund, was bitteschön soll an der RF autokratisch oder gar zaristisch sein? Ist unsere geliebt BRD auch autokratisch / zaristisch? Fragen über Fragen…

  2. Ich wüsste schon (m)eine Wunschkandidatin:
    Maria Sacharowa.
    Klug, intelligent, schlagfertig, gewitzt, (außen)politisch in Höchstform … und auch noch schön anzuschauen.
    Was will man(n) mehr?
    😉

      1. Nee, ich bin sicher, die ist klug genug, um ihr Verhalten an eine andere Rolle anzupassen. Als Pressesprecherin des Außenministeriums muss man eben für Publicity sorgen, z.B. mit knalligen, aber immer treffenden Sprüchen. Ich bin überzeugt, dass die im Kern genauso sachlich und angemessen handeln und reden kann wie „der pöhse Iwan“, der jetzt Wladimir heißt 😉

    1. Volle Unterstützung, Maria Sacharowa ist die Beste!
      Dann muss auch der Wertewesten sofort seine Sanktionen gegen Russland einstellen, denn einen Staat mit einer Frau als Präsidentin zu sanktionieren wäre böse antifeministisch.

    2. Ich denke nicht, dass es eine Frau wird.
      Vermutlich wird es Schoigu, der Verteidigungsminister.
      Allein schon aufgrund der Freundschaft zwischen Putin und Schoigu.
      Außerdem gibt es immer häufiger gemeinsame TV-Freizeitauftritte von Putin und Schoigu.

      Ob das jetzt Sinn machen würde einen paar Jahre jüngeren Politiker als Putin-Nachfolger aufzubauen ist halt eine andere Frage.

  3. Was ist eigentlich aus der jungen , blonden und attraktiven Staatsanwältin von der Krim geworden ?
    Sie machte auf mich einen sehr intelligenten Eindruck , ich habe leider ihren Namen vergessen.

Schreibe einen Kommentar