USA

Das russische Fernsehen über den Umgang der USA mit Regierungsgegnern

Am Sonntag hat das russische Fernsehen in einem Korrespondentenbericht über den Umgang der USA mit Regierungsgegnern berichtet. Und wieder einmal zeigt sich, wie anders die Ereignisse in den USA außerhalb der westlichen Pro-Biden-Medien eingeschätzt werden.

Die Korrespondentenberichte des russischen Fernsehens aus den USA unterscheiden sich immer sehr von dem, was das deutsche Fernsehen zeigt. So war es auch diesen Sonntag wieder, als in der russischen Sendung „Nachrichten der Woche“ aus den USA berichtet wurde. Daher habe ich den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt. Wie so oft empfehle ich auch dieses Mal, den Bericht des russischen Fernsehens anzuschauen, denn vieles wird mit den Bildern verständlicher, als mit der Übersetzung allein. Und zusammen mit meiner Übersetzung ist der russische Bericht auch ohne Russischkenntnisse verständlich.

Beginn der Übersetzung:

In Amerika sind alle Augen auf Europa gerichtet. Viele befürchten, dass die erste Auslandsreise von Präsident Joe Biden mit einem Misserfolg enden könnte.

Ein weiteres heißes Thema ist die Verfolgung der Trump-Anhänger, die am 6. Januar das Capitol gestürmt haben, um gegen das Wahlergebnis zu protestieren. FBI-Chef Christopher Wray sagte, dass fast 500 Menschen verhaftet worden sind. Vielen drohen Jahrzehnte im Gefängnis. Gleichzeitig bleiben Pogromisten und Randalierer aus der BLM-Bewegung für ihre Verbrechen in Amerika straffrei.

Unser Korrespondent Valentin Bogdanov konnte mit einer der schillerndsten Figuren sprechen, die das Kapitol in Beschlag genommen haben: Mit dem Mann, der sich auf Nancy Pelosis gesetzt und seine Füße auf den Schreibtisch der Sprecherin des Repräsentantenhauses gelegt hat.

Den Kontakt zu Richard Barnett, Spitzname Bigot, hat sein Anwalt hergestellt. Dank Joseph McBride wurde sein Mandant kürzlich auf Kaution freigelassen. Aber bis zu seinem Prozess darf er seine Ranch in Arkansas nicht verlassen.

Neben der Flagge steht ein altes Feuerwehrauto. Barnett, der sich selbst als amerikanischen Patrioten bezeichnet, hat eine ganze Sammlung von Oldtimern.

Im November, nach Trumps Niederlage, ging Bigot-Barnett zu Kundgebungen gegen das, was sie als gestohlene Wahl bezeichnen. Am 6. Januar reiste er in die US-Hauptstadt und schloss sich den Kolonnen an, die zum Capitol zogen. Was der sechzigjähriger Mann da drin gemacht hat, weiß wahrscheinlich die ganze Welt. Zwei Tage später wurde er anhand dieses Fotos zu Hause in Little Rock identifiziert und zurück nach Washington gebracht. Aber nun in die Haftanstalt. Er verbrachte 100 Tage hinter Gittern.

„Ich wachte eines Tages in der Haftanstalt auf, stand früh auf, und ein anderer Patriot kam zu mir und sagte, dass meinem Freund aus einer anderen Zelle etwas passiert sei. Ich bin zu ihm gegangen, habe ihn zu Bewusstsein gebracht, er hatte das Bewusstsein verloren, ist hingefallen und hat sich den Kopf angeschlagen. Er erkannte sich im Spiegel nicht wieder, sein Gesicht sah aus wie Rinderhackfleisch. Seitdem ist er auf einem Auge blind und fällt jeden Tag in Ohnmacht“, sagt Richard Barnett.

Der Name des Mannes, der halbtot geschlagen wurde, ist Ryan Samsel. Ihm wird vorgeworfen, Polizeibeamte angegriffen zu haben, die den Kongress bewacht haben. Der Prozess steht noch aus, es gibt kein Urteil, aber die Rache hat bereits begonnen.

„Diejenigen, die der Regierung oder der Polizei nicht gefallen, werden für 24 Stunden in einen Raum gesperrt, aller Privilegien und des Kontakts mit der Außenwelt beraubt. Sie werden nicht mit Medikamenten versorgt, sie bekommen nicht rechtzeitig zu essen, und manchmal werden sie geschlagen. Das ist furchtbar. In anderen Ländern haben wir davon schon gehört, aber nicht in den USA. Und jetzt passiert es in unserem Land. Wir sind gegen diese Art von Willkür“, sagte Anwalt Joseph McBride.

Sie üben auch moralischen Druck auf die Häftlinge aus. „Die Wärter bedrohen auch die Familien der Inhaftierten. Wir haben mehrere solcher Beschwerden erhalten. Sie bedrohten zum Beispiel Barnetts Frau“, erzählt McBride.

„Wie das?“, frage ich.

„Sie sagten, wir besuchen Deine Frau.“

„Das ist doch absolut illegal.“

„Natürlich ist das illegal, sogar bei Verurteilten. Aber wenn das mit Untersuchungshäftlingen passiert, ist das ungeheuerlich“, sagt Barnetts Frau.

Um eingesperrt in den kalten Zellen – die Temperatur betrug im Januar nie über 12 Grad – nicht zusammenzubrechen, sangen sie jeden Abend die US-Hymne und wiederholten laut den Treueschwur auf die amerikanische Flagge.

„Würden Sie das nochmal machen?“, fragte ich Barnett.

„Nicht antworten, solange das Verfahren läuft!“, warf sein Anwalt ein.

„Ich mache jeden Tag und jede Stunde von meinem Recht auf den ersten Zusatzartikel der Verfassung Gebrauch und werde niemals damit aufhören. Und ich lebe und sterbe nach der US-Verfassung, wem das nicht gefällt, der muss mir aus dem Weg gehen“, sagte Barnett.

Das ist ungefähr das, was jeder der wegen dem 6. Januar Verhafteten denkt. Ihre Gesamtzahl liegt bereits bei über 500. Unter den Gefangenen sind Radikale, pensionierte Militärs und sogar Polizisten.

Alan Hostetter zum Beispiel, ehemaliger Polizeichef in La Habra, hatte in seiner Stadt eine rechtskonservative Gruppe organisiert, das American Phoenix Project. Sie kämpften gegen pandemiebedingte Einschränkungen, wie hier am Pier von San Clemente, an dessen Zaun er sich gekettet hatte.

„Dieser Zaun schränkt die Verfassung ein. Ich würde hier gerne weggehen, aber nur mit dem Zaun.“, sagte er damals.

Hostetter war am 6. Januar beim Capitol, zusammen mit fünf Mitstreitern. Sie alle traten einem Telegram-Chatraum bei, der sich „California Patriots Brigade“ nannte, um, wie die US-Behörden glauben, die Unruhen zu koordinieren. Die, die als Verschwörer bezeichnet werden, haben es in Wahrheit nicht einmal geschafft, ins Capitol hineinzukommen.

„Sie haben keine Gewalttaten begangen, sie sind nicht hineingegangen, sie wollten sich nur Gehör verschaffen, dass sie gegen die Anerkennung der Wahlergebnisse protestieren“, sagte Rechtsanwalt Bilal Essayli.

Der Chicagoer Polizeibeamte Cheswick protestierte ebenfalls gegen die Wahlfälschungen. Er wurde kürzlich direkt vor seinem Haus aufgegriffen. Der Polizist sah sich fünf Bundesanklagen gegenüber. Am 6. Januar geriet er in das Büro von Senator Jeff Merkley, ging durch die Krypta des Kapitols und durch ein zerbrochenes Fenster wieder hinaus. Drinnen machte er 44 Fotos und verschickte sie an Bekannte. Das FBI sagt, dass sie ihn anhand der GPS-Daten gefunden haben.

Auf der BLM-Welle hat sich die Zahl der Tötungsdelikte in Chicago gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. 769 Menschen wurden getötet. 4.000 wurden bei Schießereien, die sich täglich, manchmal sogar mehrmals am Tag ereignen, verletzt.

Aber es sind die Trump-Anhänger, die von Biden zur wichtigsten Bedrohung für die amerikanische Sicherheit erklärt werden, nicht die Radikalen von der anderen Seite.

„Als Elemente, die nichts mit der BLM-Bewegung und der Polizeibrutalität zu tun hatten, auftauchten und begannen, den Protest von innen zu schüren und Gewalt zu provozieren, hat niemand darauf reagiert. Wenn man das mit dem anderen, weniger gewalttätigen Protest vor dem Capitol am 6. Januar vergleicht, wurden da fast alle als Schläger, Rassisten und inländische Terroristen gebrandmarkt, alle wurden wegen Landesverrats eingesperrt. So sollte es nicht sein“, ist Joseph McBride überzeugt.

Biden weicht heiklen Themen so geschickt aus, wie er selbst den Zikaden, die ihn auf der Andrews Air Force Base vor seiner Abreise nach Europa angegriffen haben, ausgewichen ist. In Genf will der US-Präsident nach seinem Treffen mit Wladimir Putin Journalisten ausweichen. Es wird keine gemeinsame Pressekonferenz im Chateau La Grange geben. Wie die New York Times anmerkt, sind da einige für die Amerikaner unangenehme Parallelen:

„Höchste Berater von Herrn Biden sagten, dass die russische Regierung während der Verhandlungen über das Treffen, das in einer Schweizer Villa aus dem 18. Jahrhundert am Ufer des Genfer Sees abgehalten wird, eine gemeinsame Pressekonferenz von Herrn Putin und Herrn Biden wollte. Aber Beamte der Biden-Administration sagten, dass sie sich daran erinnern, wie Herr Putin in Helsinki besser als Herr Trump dagestanden hat.“ (Anm. d. Übers.: Über die Verweigerung einer gemeinsamen Pressekonferenz durch das Weiße Haus habe ich gesondert berichtet, den Artikel finden Sie hier)

NBC strahlte die ersten Fragmente des Interviews mit Wladimir Putin aus, das er Keir Simmons im Kreml gab. Es war, als hätte Putin eine Lektion in Höflichkeit erteilt.

„Ich denke immer noch, dass der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, Herr Trump, ein ungewöhnlicher und talentierter Mann ist, sonst wäre er nicht Präsident der Vereinigten Staaten geworden. Er ist ein kluger Mann, manche mögen ihn, manche nicht. Er ist natürlich keine Ausgeburt des amerikanischen Establishments, er war vorher nicht in der großen Politik, natürlich kann das einem gefallen und einem anderen nicht, aber es ist so. Präsident Biden unterscheidet sich natürlich radikal von Trump, weil er ein Profi ist. Er ist fast sein ganzes bewusstes Leben in der Politik. Er macht das schon seit vielen Jahren, ich habe das schon einmal gesagt, das ist eine offensichtliche Tatsache. Er war so viele Jahre Senator“, betonte das russische Staatsoberhaupt.

Auch Trump hat sich an das Treffen in Helsinki erinnert. Er wandte sich in seinem spöttischen Stil an Biden. Der 45. US-Präsident erinnerte seinen Nachfolger daran, wie die derzeitige Abkühlung zwischen Washington und Moskau begann und wem es jetzt schlechter geht: „Wegen der gefälschten ‚russischen Spur‘, die die Demokraten und die korrupte Hillary Clinton erfunden und bezahlt haben, waren die Vereinigten Staaten in einer unvorteilhaften Position, aus der ich sie jedoch herausgeholt habe. Selten hatten wir so nutzlose Menschen in unserer Regierung. Ich wünsche Biden viel Glück mit Präsident Putin: Schlafen Sie beim Treffen nicht ein und richten Sie ihm meine besten Wünsche aus!“

Trump lässt seine eigenen Wähler nicht einschlafen. Verschwörungstheoretiker glauben, dass Trump bereits im August ins Weiße Haus zurückkehren wird. Das Vertrauen in eine so extravagante Entwicklung wird von einem Drittel der Republikaner geteilt. Trumps kryptische Aussagen, dass er an irgendeinem wichtigen Projekt arbeitet, und Umfrageergebnisse tun ihr Übriges: 67 Prozent der Trump-Anhänger glauben immer noch, dass er die Wahl gewonnen hat, nicht Biden.

Ende der Übersetzung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. Ich habe nicht verstanden, warum die russische Seite auf eine gemeinsame Pressekonferenz nicht bestanden hat. Biden wollte das Treffen, es ist seine PR-Aktion, für Putin ist das relativ wertlos, nur West-Blabla ohne konkrete Substanz. Also hatte die US-Vorbereitung (Administration) keine Trumpfkarte, wohl aber Russland.
    Angesichts dessen, dass die Beziehungen sowieso auf dem Nullpunkt sind und die Sanktionen bei 100% müsten die USA erst mal in Vorleistung treten. Hier ist Putin mitunter n.m.M. zu weich, die Zeiten haben sich geändert, dem müsste er mehr Rechnung tragen. (Dasselbe mit der Nichtakkreditierung der russischen Journalisten wg. Impfung mit dem nicht anerkannten Sputnik).

    1. Sehn Sie, das ist etwas, was offenbar nicht verstanden wird.
      Man sagt: „Im Leben trifft man sich immer zweimal.“
      Im „Leben“ von Staaten trifft man sich notgedrungen immer wieder.
      Und der Gedanke, dem Gegner die Möglichkeit einzuräumen, „das Gesicht zu wahren“, auch wenn man einen „haushohen“, ggf. auch „vernichtenden“ Sieg davon tragen könnte, ist im „richtigen Leben“ äußerst hilfreich, im „Leben“ von Staaten unverzichtbare Bestandteil strategischer Außenpolitik – jedenfalls der russischen.
      Das heißt, die langfristige, „subkutane“ Wirkung von „Geschichte“ zu verstehen.

Schreibe einen Kommentar