Absurder Wahlkampf in der Ukraine: Neue Skandale und eine TV-Debatte im größten Stadion des Landes
In der Ukraine treibt der Wahlkampf immer seltsamere Blüten. Heute gab es wieder Neuigkeiten, die zwar tief blicken lassen, aber auch reichlich Raum für Spekulationen bieten.
Zwei Meldungen aus der Ukraine waren heute interessant. Zum Einen gab es schon am Morgen Meldungen, dass das FBI Ermittlungen gegen Kolomoisky aufgenommen hat. Kolomoisky ist ein Oligarch, der von Poroschenko teilweise enteignet wurde und derzeit in Israel lebt, dem aber noch die größte Medienholding in der Ukraine mit mehreren Fernsehsendern und Nachrichtenportalen gehört. Und der in den Umfragen führende Kandidat Selensky hat seine Karriere als Schauspieler und Komiker bei den Sendern von Kolomoisky gemacht. Man kann also davon ausgehen, dass Kolomoisky hinter Selensky steht und nach dessen Wahl einen Rachefeldzug gegen Poroschenko plant.
Das alles klingt wie aus einer US-Fernsehserie, aber die Situation in der Ukraine ist tatsächlich so absurd, dass sich kaum ein Drehbuchautor diese Geschichten alle hätte ausdenken können.
Jedenfalls hat das FBI am Abend auf Nachfrage „weder bestätigt, noch bestritten“ gegen Kolomoisky wegen Geldwäsche in den USA zu ermitteln. Man darf die Tatsache, dass das FBI ausgerechnet jetzt gegen Kolomoisky ermittelt als klare Warnung verstehen. Nur ist nicht klar, wofür. Soll Kolomoisky seinen Kandidaten aus dem Rennen nehmen oder schon einmal zusagen, dass der Kandidat Selensky im Falle eines Wahlsieges der US-Linie treu bleibt?
Man darf spekulieren.
Die andere interessante Meldung betrifft Präsident Poroschenko.
In der Ukraine werden die Gouverneure, die so etwas wie die Ministerpräsidenten in Deutschland sind, nicht gewählt, sondern vom Präsidenten ernannt und entlassen. Heute hat Poroschenko völlig überraschend einen Erlass unterschrieben, in dem er den Gouverneur von Odessa entlassen hat. Jedoch müsste Poroschenko dies auf Bitte des Kabinettes tun, aber das Kabinett war selbst überrascht über diesen Schritt. Poroschenko setzt sich also einmal mehr über die Gesetze hinweg.
Jedoch hat der Gouverneur von Odessa es kurzerhand abgelehnt, dem Erlass Folge zu leisten und er will im Amt bleiben. Das dürfte interessant werden, wenn in den nächsten Tagen der Gouverneur und sein Übergangsnachfolger morgens beide vor dem Büro stehen…
Aber kurios ist auch der Grund für den überraschenden Rausschmiss des Gouverneurs. Am Freitag war Poroschenko in Odessa und hat den Gouverneur getroffen, danach gab es Gerüchte über seinen Rücktritt, die er heute zurückgewiesen hat. Er wolle Gouverneur bleiben. Auf die Frage, warum Poroschenko den Gouverneur feuern will, antwortete ein Berater Poroschenkos:
„Gründe gab es genug, wir kennen keine Details. Vielleicht war es eine Führungsentscheidung. Ich möchte jetzt keine Gerüchte kommentieren, was in dem Vieraugengespräch vorgefallen ist.“
Der Gouverneur selbst deutete an, dass der Grund das schlechte Wahlergebnis Poroschenkos in Odessa war:
„Ich weiß nicht, was die Leute, die den Erlass verfasst haben oder den Mann, der ihn unterschrieben hat, angetrieben hat. Möglicherweise war das (schlechte Wahlergebnis) der Grund.“
Diese Aussage ist bei den Hinweisen auf Wahlfälschung bei den Wahlen natürlich besonders brisant.
Ein weiteres Thema, das durchaus Unterhaltungswert hat, ist das TV-Duell der Kandidaten. Laut ukrainischer Gesetzgebung muss es am Freitag vor der Wahl stattfinden, das wäre der 19. April. Poroschenko rechnet sich dabei große Chancen aus, den unerfahrenen Selensky vorzuführen und er hat Selensky immer wieder zum TV-Duell aufgefordert. Nach der Wahl vor einer Woche ging Selensky jedoch in die Offensive und forderte Poroschenko in einem Videoclip zum Duell am 19. April im größten Stadion des Landes heraus.
Dabei stellte er auch Bedingungen: Die Menschen sollten das Duell sehen können, es solle nicht in einem Studio abgeschnitten von den Menschen ausgetragen werden, alle Journalisten sollten dabei sein dürfen und alle TV-Sender, nicht nur die staatlichen, sollten die Debatte übertragen dürfen. Daher solle es im größten Stadion des Landes vor tausenden Zuschauern ausgetragen werden.
Da es Gerüchte gibt, Poroschenko sei Alkoholiker und Poroschenko wiederum Gerüchte gestreut hat, Selensky würde Drogen nehmen, hat Selensky außerdem noch transparente Bluttests zur Bedingung gemacht.
Poroschenko hatte, nachdem er vorher so über Selenskys Unerfahrenheit gelästert hatte, kaum eine Wahl, als die Herausforderung und die Bedingungen anzunehmen. Er antwortete ebenfalls über Videobotschaft mit den Worten „Dann eben im Stadion.“.
Diese Bluttests wurden gemacht, brachten aber keine skandalösen Ergebnisse.
Nun will Poroschenko das Duell auf den 14. April vorziehen, anscheinend baut er darauf, dass die Zeit für Selensky nicht ausreicht, sich darauf vorzubereiten. Aber dem dürfte das Gesetz im Wege stehen, dass den 19. als Termin vorschreibt. Andererseits haben Gesetze Poroschenko in letzter Zeit nicht sonderlich interessiert.
Jedenfalls bleibt es spannend und wenn es nicht so ernst wäre, müsste man den ganzen Tag über den Zirkus in der Ukraine lachen.
Wenn Sie sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahre 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 800 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.
Eine Antwort
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Wenn sich das FBI ausgerechnet mit dem Finanzier des Poroschenko-Gegners Selensky beschäftigt, dann ist das in der Tat als Zeichen zu sehen, dass die USA Einfluss auf die Wahl und vor allem den Kurs der Ukraine und des Präsidenten nehmen wollen! Eine Annäherung an Russland und ein Ende des Krieges dürfte diesem Lumpengesindel nicht recht sein! Sie betrachten die Ukraine inzwischen als ihre Kolonie, in der sie bestimmen was passiert und was nicht!