Mögliche Wahlbeeinflussung – Die größte Gefahr bei elektronischen Wahlen erwähnt der Spiegel nicht

Die USA reden ununterbrochen davon, dass Russland angeblich die Wahl von Trump beeinflusst hat. Dabei geht es noch nicht einmal darum, dass Russlands Hacker vielleicht die Auszählung beeinflusst hätten, sondern nur um Einflussnahme auf die öffentliche Meinung im Land.
Da müsste man doch meinen, dass die USA nun alles tun, um solche Einmischungen in Zukunft zu unterbinden. Doch Pustekuchen, die USA führen nun in einem Bundesstaat die Wahl per App ein, wie der Spiegel sehr kritisch berichtet. Allerdings berichtet der Spiegel über eine Gefahr nicht.
Die Wahl per App hat natürlich einen großen Vorteil, denn wenn die Wähler wieder – wie schon im Falle Trump – aus Sicht des Mainstream falsch wählen, dann kann man noch besser ausländische Mächte wie Russland beschuldigen, sogar den Auszählungsprozess gehackt zu haben. Beweise wird es wieder nicht geben, nur Behauptungen. Aber in den USA, wo Fakten nicht so wichtig sind wie PR, besteht damit sogar die theoretische Möglichkeit, dass man so ein Wahlergebnis auch für ungültig erklären kann und damit dem „gewünschten“ Kandidaten nachträglich zum Sieg verhilft.
Überhaupt: Wenn das Problem die Angst vor einer unberechtigten Einmischung wäre, dann könnte man ganz einfach eine Wahl mit Papier und Stift durchführen lassen und somit wäre es hinterher möglich, die Wahlergebnisse objektiv zu überprüfen. Das wird bei Wahlergebnissen, die aus einem Computer kommen, nicht mehr in der Form möglich sein.
Das spricht dafür, dass es durchaus gewollt ist, dass man Wahlen in den USA beeinflussen kann, denn nichts öffnet der Beeinflussung mehr Tür und Tor als ein intransparentes Auszählungssystem in einem Computer. Wenn das Wahlergebnis wie im Falle Trump nicht das gewollte ist, kann man es anfechten und/oder diskreditieren.
Aber die Möglichkeiten der Einflussnahme sind noch viel größer. Man kann auch gleich die Algorithmen der Auszählung manipulieren und z.B. die Stimmen für den „gewünschten“ Kandidat um 10% höher bewerten und die des „ungeliebten“ Kandidaten mit 10% weniger. Dies wäre eine schwer messbare Manipulation, aber im Falle der letzten Präsidentschaftswahl hätte dies für einen Sieg Clintons über Trump gereicht.
Das Problem sind also gar nicht die möglichen Wahlbeeinflussungen vom Ausland, die ließen sich mit einer klassischen „Papierwahl“ verhindern, wenn man es wollte. Das Problem sind die möglichen Wahlbeeinflussungen aus dem US-Apparat selbst, denn diese könnten so gut getarnt werden, dass man sie als Außenstehender nicht bemerken und erst recht nicht kontrollieren kann. Und eine Überprüfung eines „gewollten“ Wahlergebnisses durch die Behörden, würde die gewünschten Ergebnisse bringen: „Alles bestens gelaufen, keine Manipulation, die Technik funktioniert“. Während man bei einem ungewollten Wahlergebnis Technik und mysteriöse Kräfte beschuldigen könnte. Wie gesagt, bis hin zu einer Annullierung der Wahl.
Wer also mit dem Argument der Bequemlichkeit für die Wähler für elektronische Wahlen wirbt, der wirbt in Wirklichkeit für eine Möglichkeit der Manipulation. Und zwar in erster Linie für eine Manipulation durch die Regierung bzw. die Verwaltung.
Leider weist der Spiegel zwar sehr ausführlich auf die Gefahren von Manipulationen von außen und auf die (potenziellen) Sicherheitslücken hin, auf die Gefahr einer Manipulation durch den Machtapparat der USA geht er jedoch gar nicht ein. Wahrscheinlich, weil nicht sein darf was nicht sein kann. Hätten aber Venezuela, die Türkei oder Russland so ein elektronisches Wahlsystem eingeführt, würde schon in der Überschrift auf die Gefahr der Wahlfälschung durch die Machthaber hingewiesen werden. Dass es auch im Westen zu solchen Manipulationen durch die Machthaber kommen könnte, scheint für den Spiegel gar nicht vorstellbar.
Details zu den Vorwürfen der russischen Wahlmanipulation finden Sie hier.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Schreibe einen Kommentar