Heute Hüh und morgen Hott – wie die Verhandlungsstrategie des Donald Trump funktioinert

Trump hat dem Iran ein Gipfeltreffen angeboten, aber der Iran geht darauf nicht ein. Ist die Haltung des Iran verständlich?
Aufmerksame Beobachter kennen die Strategie Trumps inzwischen. Er sagte selbst, dass er unberechenbar sein möchte, weil er meint, mit einem solchen Verhalten Gesprächspartner verunsichern zu können und damit am Ende die besten „Deals“ zu erreichen. Mag sein, mag aber auch nicht sein, aber das ist eben seine Strategie. Ehrlicherweise muss man eingestehen – so ist es zumindest bisher – hat er damit noch nicht allzu viel erreicht.
Seine Schimpftiraden gegen Nordkorea sind unvergessen aber nur ein paar Wochen später traf er Kim und lobte ihn plötzlich in den höchsten Tönen. Aus Trumps Sicht vielleicht ein Erfolg, denn erstens gab es ein historisches Treffen und zweitens die Einigung, das Korea atomwaffenfrei werden sollte. Aber – und hier stellt sich die Frage, wie erfolgreich seine Strategie wirklich ist – fast keine konkreten Schritte. Es wurde lediglich eine Einstellung der Militärmanöver vereinbart. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn beide Seiten aufhören, sich gegenseitig militärisch zu provozieren. Aber es ist eben auch so, dass keine konkreten Schritte vereinbart wurden, wie man denn Korea nun atomwaffenfrei machen möchte. Und sicher wird Kim als Sicherheitsgarantie für einen Verzicht auf seine Atomwaffen einen Abzug von US-Truppen aus Südkorea fordern und spätestens da werden die Gespräche enden, denn die USA haben noch nie ihre Truppen aus irgendeinem Land abgezogen. Bestes Beispiel ist Deutschland, das von niemandem bedroht wird, in dem aber trotzdem noch über 100.000 US-Soldaten stehen, also fast so viele, wie die Bundeswehr insgesamt hat.
Noch deutlicher ist bei der EU das gleiche Muster in Trumps Verhalten zu sehen: Er führte zuerst Zölle auf Stahl ein und war danach bereit, mit der EU zu verhandeln. Erst die Provokation, dann das Gesprächsangebot.
Nun sind die Zölle in ihrer tatsächlichen Wirkung völlig unwichtig, aber eines ist auch klar: Ihre Einführung stellt einen Bruch bestehender Verträge dar. Und egal wie minimal der Effekt dieser Zölle ist, wenn man Verträgen und Zusagen nicht mehr trauen kann, dann wird es schwierig. Egal, ob in der Politik oder im Privatleben.
Die EU hat dann auch große Töne gespuckt, sie werde nicht mit der Pistole auf der Brust verhandeln. Trump solle erst die Zölle zurücknehmen, danach könne man reden. Stattdessen fuhr Juncker nach Washington und plötzlich redete man trotz der bestehenden Zölle doch. Freilich auch hier, wie im Falle von Nordkorea, ohne tatsächlich etwas konkretes zu beschließen, außer dass es bis auf weiteres wohl keine Zölle auf Autos geben wird. Trump versuchte, die Zusage, die EU werde mehr Gas und Soja in den USA kaufen, als Erfolg zu verkaufen, aber so einfach ist es nicht. Solange Fracking-Gas teurer ist, als das russische Gas, kann Brüssel kurzfristig kaum etwas tun.
Nun also der Iran. Trump will das Atomabkommen kündigen und die Sanktionen gegen den Iran wieder einführen. Und dann plötzlich ein Gesprächsangebot von ihm. Nur scheint die übliche Strategie diesmal nicht zu funktionieren. Der Iran teilt mit, dass Trump zunächst zu dem Atomabkommen stehen müsse und danach könne man über alles weitere reden.
In der Überschrift des Artikels im Spiegel heißt es „Iran stellt Bedingungen für Treffen mit Trump“.
 
„Bedingungen stellen“ klingt härter als es tatsächlich ist, denn das einzige, was der Iran fordert, ist dass sich die USA an gemachte Zusagen und Verträge halten. Eine korrekte Überschrift wäre also z.B. „Iran zu Treffen bereit, wenn die USA sich an geltende Verträge halten“
Trump ist ein schwieriger Fall für Freund und Feind. Aber wenn seine Strategie so offen erkennbar ist, nämlich zuerst provozieren und dann reden, dann ist die Reaktion des Iran verständlich und die Reaktion der EU nicht. Solange Trump mit dieser Linie durchkommt, also zunächst bestehende Verträge brechen, um danach Gespräche anzubieten, über diese Verträge neu zu verhandeln und so bessere Bedingungen für die USA herauszuholen, wird er nichts ändern. Jedes Mal, wenn seine Strategie Erfolg hat, wird er als Bestätigung ansehen. Und daher wird er auch so weiter machen, denn warum etwas ändern, was so gut funktioniert? Daher sollte man ihn mit dieser Strategie auflaufen lassen.
Ich will hier weder den Iran loben noch die EU oder Trump kritisieren, darum geht es gar nicht. Aber wie soll es in der Politik (oder auch im privaten Leben) funktionieren, wenn einer sich laufend nicht an Vereinbarungen hält? Wobei dies ja keineswegs eine Erfindung Trumps ist, nur wird es nun zum ersten Mal breit in den deutschen Medien thematisiert.
Unter Bush junior kündigten die USA einseitig den ABM-Vertrag, unter Obama ignorierten sie die Vereinbarungen zur Flugverbotszone in Libyen und stürzten das Land ins Chaos, indem sie entgegen allen Vereinbarungen Bomben warfen und Bodentruppen einsetzten, um die Rebellen zu unterstützen. Die Liste der Verstöße der USA gegen getroffene Vereinbarungen ist lang. Nur unter Trump wird dies nun in den Medien thematisiert, während es sonst eher unter den Teppich gekehrt wurde.
 
Es würde die Welt einen großen Schritt voranbringen, wenn Völkerrecht und internationale Verträge für alle gelten würden und wenn die Medien alle Verstöße dagegen so konsequent kritisieren würden, wie sie es nun bei Trump tun. Aber leider bei Clinton, Bush und Obama etc. nicht getan haben.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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