Der Bock als Gärtner – Jared Kushner als Beauftragter Trumps für einen Frieden in Nahost

Im Spiegel wurden am Montag zwei Themen getrennt behandelt, die eigentlich zusammen gehören: Die neuen US-Sanktionen gegen den Iran und Berichte darüber, dass die USA den Palästinensern den Flüchtlingsstatus aberkennen wollen, was wiederum eine Reduzierung der humanitären Hilfe der UN für die Flüchtlinge zur Folge hätte.
Was diese Themen verbindet ist Jared Kushner. Der junge Mann ist noch keine 40 Jahre alt, aber er ist Trumps Schwiegersohn und Präsidentenberater. Trump lässt ihm in Sachen Naher Osten weitgehend freie Hand, Kushner ist der Nahost-Beauftragte von Trump, zuständig für den Friedensplan. Damit wurde der Bock zum Gärtner gemacht, wie ich gleich aufzeigen werde.
Nun ist das Problem dabei, dass Kushner selbst Nachkomme von Juden und seit seiner Kindheit mit dem israelischen Ministerpräsidenten befreundet ist. Der Tagesspiegel veröffentlichte schon kurz nach der Amtseinführung Trumps einen Artikel unter der Überschrift „Jared Kushner macht Trumps Israel-Politik“, in dem man lesen konnte: „Der neue Präsident Donald Trump verlässt sich in seiner Nahostpolitik auf seinen Schwiegersohn Jared Kushner. Der kennt Israels heutigen Premierminister seit seiner Kindheit. Netanjahu war mit seinem Vater befreundet und kam privat in das Elternhaus in New Jersey. Bei einem solchen Besuch trat Jared sein Schlafzimmer an Netanjahu ab und übernachtete selbst im Keller, schreibt die „New York Times“ in einem erhellenden Bericht über Kushners Bild vom Nahostkonflikt. … Auch sein Bild von den Palästinensern ist einseitig. Sie begegnen ihm als Täter, nicht als Opfer. In Kindheit und Jugend wird er mehrfach mit dem Terror und dessen Opfern konfrontiert – und dies ganz nah, obwohl er in New Jersey lebt, also eigentlich weit weg vom Konflikt. Als er in die achte Klasse geht, kommt die Schwester seiner Klassenkameradin Ilana bei einem Selbstmordanschlag im Gazastreifen ums Leben. Für die Schüler in den USA ist es fast unbegreiflich: Warum sprengt ein junger Mensch sich selbst und andere in die Luft? Und warum feiern seine Angehörigen den Mord?
Damit ist klar, dass er nicht unparteiisch ist. Wer aber im Nahen Osten einen Schritt in Richtung Frieden gehen möchte, sollte unparteiisch zwischen den vielen Konfilktparteien vermitteln können. Schon im Wahlkampf war der Einfluss von Kushner auf Trump sichtbar, denn schon damals hat Trump sich klar auf die Seite Israels gestellt.
Ende 2017 erkannte Trump Jerusalem als israelische Hauptstadt an und ließ danach auch die US-Botschaft dorthin verlegen, was zu blutigen Protesten der Palästinenser führte, die Jerusalem ebenfalls als heilige Stadt für sich beanspruchen. Das Handelsblatt schrieb dazu: „Nach der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem hat die Türkei ihren Botschafter aus den Vereinigten Staaten aus Protest abgezogen. Das gab die türkische Botschaft in Washington bekannt. Zudem berief die Türkei ihren Botschafter in Israel für Konsultationen zurück in die Heimat.
In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf eine Analyse zur Politik Erdogans, der sich inzwischen außergewöhnlich offen gegen die USA stellt. Eine Erklärung für diese Konfrontation findet sich in der Analyse.
Das Handelsblatt berichtete auch über Kritik am Vorgehen der Israelis bei den palästinensischen Protesten: „Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die tödlichen Konfrontationen an der Grenze zum Gazastreifen unterdessen als „die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten“ verurteilt.
Dass Macron diese Gewalt so deutliche verurteilte, lag daran, dass dabei immerhin 58 Palästinenser von der israelischen Armee getötet wurden. Die Position der USA, die wie gesagt von Kushner geprägt wird, war zu erwarten: „Unterdessen sehen die USA die Verantwortung für die Todesfälle am Gazastreifen „direkt bei der Hamas“. Das sagte Raj Shah, Sprecher des Weißen Hauses, im Hinblick auf die Berichte über tödliche Schüsse israelischer Soldaten auf palästinensische Demonstranten. „Israel hat das Recht, sich zu verteidigen“, sagte Shah und machte die Hamas für die „schreckliche Situation“ verantwortlich. Eine unabhängige Untersuchung der Konfrontationen lehnen die USA ab.
Am gleichen Tag berichtete auch die Tagesschau und der erstaunte Leser fand dort eine sehr zutreffende Israel-Kritik, wie sie in den deutschen Medien selten ist: „Senator Lindsey Graham von den Republikanern erklärt im Fernsehsender ABC, dass es anders gar nicht gehe. „Wenn es ausschließlich einen Staat gibt, der einen jüdischen Charakter tragen soll, dann gibt es eine Form der Apartheid, bei der Palästinenser kein Wahlrecht haben“, sagte Graham.
Und tatsächlich ist die Politik Israels gegenüber den Arabern durchaus mit der Apartheid vergleichbar. Araber sind Menschen zweiter Klasse in und für Israel, denen sogar dann die gleichen Rechte wie Juden verweigert werden, wenn sie israelische Staatsbürger sind.
Der Spiegel schreibt in seinem heutigen Artikel über von den USA gewünschte Aberkennung des Flüchtlingsstatus für Palästinenser: „Erst haben die USA entschieden, ihre Zahlung an das Palästinenserhilfswerk der Uno (UNRWA) massiv zu kürzen, nun wollen sie offenbar noch einen Schritt weitergehen: Einem Bericht des US-Magazins „Foreign Policy“ zufolge hat der Nahost-Gesandte Jared Kushner Jordanien aufgefordert, den dort registrierten mehr als zwei Millionen Palästinensern den Flüchtlingsstatus zu entziehen. Damit müsse UNRWA dort nicht mehr tätig werden. … Als Folge des Unabhängigkeitskrieges 1948 und des Sechstagekrieges 1967 gibt es nach Angaben von UNRWA in den Palästinensergebieten sowie in Israels Nachbarländern mehr als fünf Millionen registrierte Flüchtlinge und deren Nachkommen. Sie sollen nach dem Willen Israels kein Recht auf Rückkehr nach Israel erhalten. Die Palästinenser beharren offiziell auf einem Rückkehrrecht nach Israel, was die Juden dort absehbar zur Minderheit machen würde. Die UNRWA befindet sich in einer finanziellen Krise, nachdem die USA entschieden haben, ihre Zahlungen massiv zu kürzen. 2018 haben die USA bisher nur 60 Millionen Dollar gezahlt. Im vergangenen Jahr waren es noch 360 Millionen Dollar gewesen.
Man sieht also deutlich, dass Kushner klar parteiisch ist, keine Kritik von ihm an Israel, dafür um so mehr an den Palästinensern, keine Zugeständnisse von Israel gefordert, im Gegenteil volle Unterstützung für Israels Maximalforderungen. So wird es sicher keinen Frieden geben.
Das nächste Thema, dass Israel unter den Nägeln brennt, ist das Atom-Abkommen mit dem Iran. Israel hat immer gegen diese Abkommen protestiert und Trump hat sich dem, sicherlich unter dem Einfluss Kushners, angeschlossen. Dieses Abkommen haben die USA gebrochen und ab heute gelten wieder US-Sanktionen gegen den Iran. Auch wenn Europa sich vordergründig dagegen stellt, ist völlig klar, dass weder Brüssel noch Berlin den vollmundigen Ankündigungen auch Taten folgen lassen. Das war überdeutlich zu sehen, als der Iran sein Guthaben von der Bundesbank abheben wollte, was natürlich nicht gelang.
Israel will den Iran in die Schranken weisen und manch ein Falke würde den Iran am liebsten militärisch angreifen. Und Kushner macht für Israel den einflussreichen Einpeitscher im Weißen Haus. Es geht um viel: Es geht um Syrien, wo der Iran zusammen mit den Russen Assad unterstützt, es geht um die Hisbollah und es geht um Saudi Arabien, dass den Iran ebenfalls als Feind betrachtet. Derzeit bombt Saudi-Arabien mit Unterstützung der USA den Jemen in die Steinzeit, ohne dass die westlichen Medien trotz täglich ermordeter Zivilisten allzu deutlich dagegen protestieren. Auch hier geht es in erster Linie gegen den Iran, denn Saudi-Arabien möchte den Sieg Iran-freundlicher Rebellen im Bürgerkrieg verhindern.
Der Nahe Osten war schon immer kompliziert, aber solange Trump im Amt ist und seinen Schwiegersohn Kushner die Politik im Nahen Osten bestimmen lässt, dürfte die Situation nur komplizierter werden.
Trump selbst sieht sich in Sachen Außenpolitik ja ohnehin lieber bei spektakulären Treffen mit Putin oder auch Kim Jong In.
 
Allerdings bleibt abzuwarten, wie eine mögliche Einigung in Syrien aussehen kann, wenn die USA dazu Zugeständnisse an die Russen machen müssen, was Israel wiederum nicht gefallen dürfte.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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