Danke für diesen Artikel – aber wo sind die wirklich wichtigen Fragen?

Es ist sehr löblich, dass der Spiegel auf den Anstieg der Ausgaben für externe Berater der Bundesregierung hinweist. Doch die eigentlich wichtigen Fragen werden vom Spiegel gar nicht gestellt. Mehr noch, es werden in dem Artikel gar keine Fragen gestellt.
 
In dem Artikel findet sich lediglich folgendes Zitat: „Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke kritisierte die Mehrausgaben. „Es stellt sich nicht nur die Frage, warum man dies nicht mit eigenem Personal schafft, sondern auch, wo Interessenkonflikte bestehen und wie man diese vermeiden kann“ „. Aber wie viele Leser wissen eigentlich, was dieser Satz aussagt? Der erste Teil ist klar, es stellt sich tatsächlich die Frage, warum die Bundesregierung 146 Millionen für Berater ausgeben muss, für einen Bruchteil der Summe müsste man doch auch teure und qualifizierte Experten einstellen können. Aber die eigentliche Sprengkraft liegt im zweiten Teil: Interessenkonflikte.
 
Wer erinnert sich noch an das Jahr 2009? Es war die Zeit der Finanzkrise, als der Staat mit Milliarden mehrere deutsche Banken rettete. Vereinfacht gesagt ging es damals um die Frage, wie man Banken retten kann und ob dabei die Aktionäre von de facto bankrotten Banken enteignet werden sollten oder nicht.
 
Wenn ein Unternehmen bankrott ist, haben die Aktionäre ihr Geld komplett verloren und das Unternehmen muss schließen. Das Schließen einer Bank ist jedoch problematisch, da dies den Zahlungsverkehr und vor allem auch die Guthaben der Sparer gefährdet, daher ist es durchaus vernünftig, eine Bank zu retten – die Frage ist nur wie. Und genau darum ging es damals.
 
Das Wirtschaftsministerium ließ sich das Gesetz komplett von der externen Anwaltskanzlei Linklaters schreiben. Und genau diese Anwaltskanzlei hatte nicht nur die großen Banken als Kunden, sondern war auch in Lobbyorganisationen der Banken federführend tätig, um die Regierung dazu zu bringen, Banken-freundliche Gesetze zu beschließen. Logisch, dass diese Kanzlei für das Wirtschaftsministerium kein Gesetz schreibt, das ihren wichtigsten Kunden weh tun könnte. Und so kam es auch: Der Staat durfte Banken mit Steuergeld retten, aber die Aktionäre waren nicht im Risiko, wurden nicht enteignet, notfalls musste der Staat ihnen die Anteile an einen bankrotten und damit zu diesem Zeitpunkt praktisch wertlosen Unternehmen abkaufen.
 
Ein guter Deal für die Aktionäre: Solange die Bank mit hohen Gewinnen zockt, verdient der Aktionär vorzüglich an steigenden Kursen und Dividenden. Sobald die Bank sich verzockt, rettet entweder der Staat die Bank und übernimmt damit das Risiko der Aktionäre oder er kauft den Aktionären ihre Aktien über Wert ab. Jedenfalls keinerlei Risiko bei den Aktionären, alle Risiken beim Steuerzahler, Linklaters sei dank.
 
Und dies ist nur das bekannteste Beispiel für die Interessenkonflikte, die entstehen, wenn externe Berater Einfluss auf Entscheidungen der Regierung nehmen.
 
Nun sind also die Kosten für externe Berater für die Bundesregierung 2017 im Vergleich zu 2016 um fast 50% gestiegen. Und der Spiegel hält es nicht für nötig, hier Alarm zu schlagen. Selbst wenn externe Berater ab und an notwendig sein mögen, was gebraucht wird ist dann ein Mechanismus, der Interessenkonflikte verhindern kann. Dieser wurde jedoch trotz des Skandales aus dem Jahr 2009 nie eingeführt. Und eine Debatte darüber findet – unter anderem dank der Medien inklusive Spiegel – nicht statt, wie dieser Artikel mal wieder zeigt. Dabei wäre dies doch eine hervorragende Gelegenheit, sich mal als kritisches Nachrichtenmagazin zu zeigen.
 
Der Klüngel geht währenddessen weiter, wächst immer schneller, aber dem Spiegel ist dies kein kritisches Wort wert.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

  1. > Das Schließen einer Bank ist jedoch problematisch, da dies den Zahlungsverkehr und vor allem auch die Guthaben der Sparer gefährdet, daher ist es durchaus vernünftig, eine Bank zu retten – die Frage ist nur wie.

    Ich würde nicht sagen, dass es durchaus vernünftig wäre, eine Bank zu retten. Vernünftig wäre es erstens, den Leuten, also den Sparern und auch auch jenen, die nichts sparen, in der Schule oder später mal zu erklären, wie Geld und wie das Bankwesen funktioniert. Das ist nämlich einigermaßen explosives Wissen. Dazu würde gehören, dass Bankeinlagen, zumindest die auf dem Giro- und dem Sparkonto, ein Kredit der Sparer an die betreffende Bank sind. Es ist also nicht mein Geld, was dort liegt, sondern mit dem Kontoauszug gibt mir die Bank sozusagen einen Schuldschein, der ihre Schuld mir gegenüber „verbrieft“. Wer das so konkret sieht, dem ist klar, dass sein Geld bei der Bank genauso in der Esse hängt wie bei Vorkasse für eine Lieferung von einer Firma, z.B. Aktiengesellschaft, die pleite gehen kann.

    Zahlungsverkehr kann auch über jede andere Bank abgewickelt werden. Dafür ist eine spezifische Bank wirklich nicht systemrelevant. Natürlich ist das nicht ganz so einfach wie bei „meiner“ Konto führenden Bank. Ich muss bei einer anderen Bank persönlich vorstellig werden, Bargeld dabei haben – vielleicht geht’s auch mit einer Kreditkarte – und für den Vorgang Gebühren bezahlen. Aber grundsätzlich geht es.

    Die Frage ist eine andere: Kann man die Sache mit dem Girokonto so gestalten, dass die Bank nicht als Kreditnehmer auftritt, sondern nur als Infrastrukturdienstleister, also als jene Instanz, die den Kontostand verwaltet und Überweisungen ermöglicht? Und die dafür auch bezahlt werden muss. (Kontoführungsgebühren gibt es ja auch jetzt schon, sie nehmen in Zeiten, in denen die Banken kaum noch Zinsgewinne erzielen können, sogar zu.) Ja, man kann, und zwar, indem der Kontobetrag auf Zentralbankgeld lautet, indem eingezahltes Geld bestenfalls ein durchlaufender Posten der Bank ist, idealerweise gar nicht über sie läuft (bei Bareinzahlungen natürlich unvermeidlich doch, aber das ist ja der geringste Teil des Zahlungsverkehrs). Dann wäre bei einer Bankpleite nämlich das Geld nicht weg, da es ja gar nicht in der Bilanzsumme der Bank auftaucht – was es gegenwärtig tut -, sondern es fiele lediglich der Service der Bank weg, über ihre Kundenschalter und ihr Internet-Portal auf dieses Geld zuzugreifen oder sich seinen Betrag anzusehen. Es wäre immer noch als Posten in der EZB oder in einer ihrer nationalen „Filialen“, in Deutschland der Bundesbank, vorhanden. Es könnte dort nicht abgeholt werden, da die Bundesbank keinen Endkundenverkehr pflegt, aber eine andere Bank könnte dies übernehmen. Meine Homepage kann ich ja auch noch einem Hoster zum anderen verschieben, ohne dass mir deswegen die Domain verloren ginge.

      1. Ich bin etwas überrascht, auf meinen Beitrag eine Antwort erhalten zu haben, ja, eine ganze Kaskade sogar. Ich habe etwas Technisches ausprobieren wollen und mir dafür den nahezu ältesten Blog-Beitrag herausgesucht, weil ich dachte, dass da wahrscheinlich niemand mehr herumstöbert, sodass, wenn’s schief geht, mir niemand Vandalismus vorwerfen würde.

        Es hat aber geklappt. Jetzt ist meine Frage an Sie, TillSitter: Haben Sie „herumgestöbert“, oder bekommen Sie eine Benachrichtigung, wenn sich irgendwo auf dem Blog etwas tut, ein neuer Beitrag oder ein neuer Kommentar eingestellt wird?

    1. Mm, dann ist die Bank aber keine Bank mehr.

      Wenn die Bank mit x einen Krditvertrag abschießt, produziert sie nur Forderungen und Schulden. (auf die Verechnungseinheit „Geld“)
      Zunächt eine eigene Schuld gegenüber x, der eine entsprechden Forderung auf die Kreditsumme erwirbt.
      Sobald x über diese Krditsumme (vertragsgemäß) verfügen kann, sie also gewissermaßen „ausgezahlt“ ist, wird x Schuldner einer (anderen) Forderung der nunmehr als Glaubigerin dieser Forderung fungierenden Bank. (Das ist von Fall zu Fall nicht ganz exakt, genügt aber hier.)

      Die ursprungliche Forderung von x auf die Kreditsumme ist erloschen, weil erfüllt.
      Die Forderung der Bank erlischt nach den im Vertrag vereinbarten Regeln, typischer weise in Raten, die nach den vertraglichen Konditionen zur Erfüllung zu leisten, d.h. nach einem „Plan“ zu späteren Zeitpunkten nach und nach fällig sind.
      Die Forderung der Bank besteht nun rein rechnerisch aus der Kreditsumme zzgl. eines „Aufschlages“, den man Zins nennt.
      In der Regel setzten sich die Raten, wenn ich mich nicht irre, aus Teilbeträgen beider Posten zusammen.
      Wenn man das ganze Theater „Bearbeitungsgebühren“ u.ä. außer Betracht läßt, und alles planmäßig läuft, d.h. x die Forderung der Bank erfüllt, so bedeuted das, daß die ursprüngliche Kreditsumme eine Art durchlaufender Posten ist. Sie entsteht als Forderung von x, wandelt sich in eine Forderung der Bank — mit der Bedingung „Zahlen Sie später“ (etwas mehr) , und wenn x das getan hat, bleibt da nach einer Zeit t (t ist wichtig) davon nichts mehr übrig, weil erfüllt.
      Übrig bleibt der Zins – bei der Bank – und nur insoweit kann man da m.E. von einer „Geldschöpfung“ sprechen.
      Was fogt daraus?
      Nun das erste was daraus folgt, ist, daß eine Bank unsere Einlagen überhaupt nicht braucht. Was sie braucht, ist ein allgemeines Vertrauen darauf, daß sie in der Lage ist, solche Geschäfte reibungslos abzuwickeln.
      Wie „entsteht“ das Geld in Form des Zins.
      Nun durch Arbeit, und zwar solcher, die im Zeitpunkt der Kreditauszahlung erst noch (in der Zeit t) zu leisten ist.
      Und da ist es im Grunde zunächst einmal völlig schnurz, ob die Arbeit ein Arbeiter erbingen muß, um Lohn zu Tilgung der Forderung (Raten) der Bank zu erhalten, oder ob der Elektrofahradhersteller Machinen kauft, die (nicht zwingend mittels Arbeitern) Fahrräder hervorbringen, die dann allerdings auch jemand kaufen muß, was voraussetzt, daß da jemand Lohn erhält, wofür er in der Regel arbeiten muß. (letzteres gilt nicht zwingend für Bankvorstände u.ä., die erhalten ggf. Boni auch wenn sie eine Bank in den Sand gesetzt haben – weil das deren Vertrag mit der Bank so regelt – Scherz beiseite)

      1. Es sei ergänzt, daß „Arbeit“ hier ein ganz zentrales Problem ist.
        Im übrigen dürfen mich die Experten dieser Materie selbstverständlich zerlegen, ich bin da von einem Expertentum weit entfernt.

      2. Im Kommentar von stephan.geue geht es aber um die Einlagen von x, wobei die Bank Kreditnehmer und nicht Kreditgeber ist und wie es verhindert werden kann, dass die Einlagen von x verlorengehen und Banken „gerettet“ werden müssen. 😉

        1. Für unsere Einlagen gibt es doch den sog. Einlagensicherungsfon. Der hat zwar eine Obergrenze (pro Person oder Einlage?), aber das sei mal dahingestellt.
          Wenn ich das richtig verstanden habe, meint man wohl, daß die Banken wegen unserer Einlagen gerettet werden müßten. Das halte ich für falsch. Gerettet müssen die werden, weil die so ganz nebenbei ganz andere Geschäfte machen, als daß oben vielleicht sogar richtig dargestellte Kreditgeschäft. Das soll ja z.T. nur ein „Nebenerwerb“ mancher Bank sein.
          Wenn eine Bank nur unsere Einlagen verwalten würde, oder es vorrangig darum ginge, wäre sie nur eine bessere Verwahranstalt.

            1. Jo – da sind wir bei dem sog. Dienstleistungsektor, der den größeren Teil des BIP ausmacht, und der wohl zu einem erheblichen Teil sog. Finanzdienstleistungen umfaßt.
              Da haben die Russen jüngst einen guten Vergleich zwischen China und den U.S.A. geliefert, der so in etwa auf a) Vergleich nach BIP b) Vergleich nach „richtiger Produktion“ hinauslief.

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