Ablenkungsmanöver

Im Jahre 2011 haben die USA verkündet, dass sie auch Hackerangriffe zukünftig als Kriegsgrund betrachten werden. Dies muss man wissen, wenn man diesen Artikel des Spiegel liest.
 
Die US-Geheimdienste behaupten seit der Wahl Trumps, dass Russland sich mit Hackern in den US-Wahlkampf eingemischt und diesen manipuliert habe. Außerdem werden die Vorwürfe inzwischen erweitert und es wird Russland generell vorgeworfen, die USA im Internet ständig anzugreifen. Belege hat freilich bisher niemand vorgelegt. Wie bei den Massenvernichtsungswaffen im Irak, muss man den US-Geheimdiensten eben glauben, was sie sagen.
 
Aber gerade der Fall der Einmischung in die US-Wahlen zeigt, wie absurd die Behauptungen der US-Dienste sind, wenn man sich mit den Details beschäftigt. In diesem Artikel schreibt der Spiegel hierzu: „Am Freitag hatte die US-Justiz zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter wegen der Hackerangriffe während des US-Wahlampfs 2016 unter Anklage gestellt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, E-Mails und Dokumente von Computern der Demokratischen Partei sowie der Wahlkampagne von deren Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton gestohlen zu haben.
 
Dies klingt dramatisch, jedoch lässt der Spiegel alles unerwähnt, was der Argumentation der US-Geheimdienste widerspricht. Dass Russland diese Vorwürfe bestreitet, wird niemanden überraschen. Aber auch Wikileaks, wo diese Informationen über Hillary Clinton veröffentlicht wurden, bestreitet, dass es Russland war, welches die Informationen geliefert hat.
 
Der eigentliche Skandal bei dieser Berichterstattung der deutschen Medien ist jedoch ein anderer. Die Frage ist doch, was steht denn in den E-Mails und Dokumenten, die dort veröffentlicht wurden. Und die sind brisant, denn unter anderem belegen diese Mails, dass im damaligen Vorwahlkampf die Parteiführung der Demokraten Clinton bevorzugt hat und versucht hat, einen Sieg des aussichtsreichen Gegenkandidaten Sanders zu verhindern. Also ein klarer Verstoß gegen die demokratischen Gepflogenheiten und gegen Gesetze. Die Vorsitzende der Partei trat auch umgehend zurück und danach hörte man von diesem Fall nichts mehr.
 
Das bedeutet, dass Wikileaks – egal, wer Wikileaks die Daten geliefert hat – eigentlich einen politischen Skandal aufgedeckt hat, der Clinton sehr schaden konnte, ja sogar zu Anklagen hätte führen können. All dies ist jedoch nicht passiert, stattdessen wird seitdem behauptet, Russland hätte die Daten gehackt und Daten gestohlen. Ein klassisches Ablenkungsmanöver: Es wird, ohne Belege zu liefern, Russland des Diebstahls beschuldigt, Unregelmäßigkeiten bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei werden jedoch unter den Teppich gekehrt. Verkehrte Welt.
 
Dieser Artikel des Spiegel endet mit dem Absatz „Auch die Einschätzung der US-Geheimdienste, die russische Aktivitäten verfolgen, ist einhellig. Sie – die CIA, die NSA, das FBI und das Büro des nationalen Geheimdienstdirektors – sind übereinstimmend der Ansicht, dass Russland sich in die Wahl 2016 eingemischt hat.
 
Wie bei den Massenvernichtungswaffen im Irak sind sich die Geheimdienste einig, der Spiegel hinterfragt nichts und auch alle anderen deutschen und westlichen Medien nehmen die Statements der Geheimdienste unkritisch auf anstatt kritisch zu hinterfragen, was denn in den gehackten Mails stand, wie es um die Demokratie in der Demokratischen Partei steht und ob es dort Wahlmanipulation zugunsten von Clinton gab.
 
Und ganz am Rande: Nach der gültigen Dokrtin der USA wäre ein Hackerangriff ein Kriegsgrund gegen Russland. Allein diese Tatsache sollte jeden Journalisten eigentlich hochgradig wachsam werden lassen, anstatt blind die Statements der Geheimdienste zu veröffentlichen. Und man müsste auch der Öffentlichkeit deutlich sagen, welches Risiko hier im Raum steht.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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